Bauernregeln: Seehofer fordert Entschuldigung von Hendricks

Berching - Mit ihrer Bauernregel-Kampagne ist Bundesumweltministerin Hendricks ordentlich ins Fettnäpfchen getappt. Horst Seehofer fordert im Namen der Bauern jetzt eine Entschuldigung.
Im Streit um die Plakate mit „neuen Bauernregeln“ kommt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) immer mehr in Bedrängnis. Nach Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) rief am Mittwoch auch CSU-Chef Horst Seehofer die Ministerin dazu auf, sich bei den Bauern zu entschuldigen. Die Sprüche seien nicht nur eine „Verunglimpfung, sondern eine Beleidigung“, sagte Seehofer auf dem Rossmarkt im oberpfälzischen Berching. Das berichtete zuvor bereits das Nachrichtenportal Merkur.de.
Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) forderte die SPD-Ministerin unverhohlen zum Rücktritt auf: „Mein Tipp an Frau Hendricks lautet: Plakate abreißen, einstampfen und dann zurücktreten“, sagte Hauk der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Es sei verwerflich, so eine Kampagne mit Steuergeldern zu finanzieren. Ein Sprecher von Hendricks wies dies zurück: „Das ist eine alberne Forderung, dazu gibt es keinen Anlass“, sagte er in Berlin.
Die Kampagne kostet nach Angaben des Ministeriums 1,6 Millionen Euro. Sprüche wie „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“ hatten den Bauernverband erzürnt. „Gibt's nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur“, lautet eine andere Weisheit aus dem Bundesumweltministerium.
Auch aus den Reihen der SPD kommt Kritik
Sogar aus den Reihen der SPD kam erste Kritik: Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke forderte Hendricks auf, die umstrittene Aktion einzustellen. Eine Kampagne, in der die Hauptbetroffenen pauschal auf die Anklagebank gesetzt würden, könne nicht zum Ziel führen, schrieb der SPD-Politiker in einem Brief an Hendricks, der der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Potsdam vorlag. Notwendig seien Dialog statt Ausgrenzung. Dialog beginne aber nicht mit plakativen Losungen.
Einen offenen Brief an Hendricks verfasste auch Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU). Ihre Kampagne ziele darauf ab, „eine vor allem städtische Öffentlichkeit gegenüber der Landwirtschaft in Deutschland zu mobilisieren“. Damit leiste Hendricks einen gefährlichen Beitrag zu einer inneren Spaltung der Gesellschaft. Die Kampagne gehe „bewusst und gezielt zu Lasten unserer ehrlich und hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern in unserem Land, die sich ein weiteres Mal von Ihnen und Ihrem Haus gedemütigt, ja verachtet fühlen“, schreibt Brunner.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte am Mittwoch einen umgehenden Stopp der Werbekampagne. „Es ist inakzeptabel, wenn Bundesministerien ganze Berufsgruppen pauschal diffamieren oder ausgrenzen“, hieß es nach einer Sitzung des erweiterten Verbandsrats, in dem die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der 18 Landesbauernverbände vertreten sind. „Ministerien müssen in ihrer Kommunikation anderen Ansprüchen genügen als Aktivisten oder Nichtregierungsorganisationen“, so DBV-Präsident Joachim Rukwied.
Dauer-Streit zwischen Schmidt und Hendricks
Auch der Bund der Steuerzahler nahm die Kosten der Kampagne aufs Korn: „Das ist Verschwendung - und nicht bauernschlau.“ Wenn zwei Bundesministerien grundsätzliche Auffassungsunterschiede zur Agrarpolitik hätten, dürfe ein solcher Disput nicht mit einer millionenschweren steuergeldfinanzierten Werbekampagne ausgetragen werden, erklärte der Verband in der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Bundesagrarminister Schmidt (CSU) erneuerte im ARD-Morgenmagazin seine Kritik. Durch die Kampagne aus dem Hause Hendricks seien Landwirte der Lächerlichkeit preisgegeben worden. Außerdem seien kritisierte Themen, etwa der Einsatz von Düngemittel, bereits angegangen worden. In der kommenden Woche solle ein Düngegesetz verabschiedet werden, bei dem auch das Umweltministerium mitgearbeitet habe. Statt Diffamierungen gehe es darum, zu liefern - „und der Landwirtschaftsminister hat geliefert“.
Ein weiterer Streitpunkt zwischen den beiden Ministerien betrifft Glyphosat. Hendricks ist gegen den Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels, Schmidt grundsätzlich dafür. Er halte sich an das, was die Wissenschaft sage, nicht was Kampagnen vorgäben, erklärte der CSU-Politiker: „Hier ist nicht Wahlkampf, hier muss nicht postfaktisch, sondern hier muss mit Fakten gearbeitet werden.“ Die neue Bauernregel aus dem Umweltministerium dazu lautet: „Haut Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm.“
dpa