Pflicht für alle? Arbeitszeit muss per Stechuhr erfasst werden
Überraschendes Urteil: Die Arbeitszeiterfassung ist jetzt Pflicht in Deutschland. Das legte das Bundesarbeitsgericht fest. Was heißt das für Arbeitnehmer?
Erfurt – Ein Urteil mit Sprengkraft: In Deutschland besteht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung – damit könnte die Vertrauensarbeitszeit bald der Vergangenheit angehören. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzbeschluss. Demnach müssen die Arbeitgeber künftig wegen dem Stechuhr-Urteil die Arbeitszeiten systematisch erfassen und dokumentieren, teilte die Präsidentin des höchsten deutschen Arbeitsgerichts, Inken Gallner, am Dienstag mit. Die Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EugH) ließe keinen anderen Schluss zu, hieß es.
Arbeitszeiterfassung: Urteil vom Bundesarbeitsgericht macht die Erfassung der Arbeitszeit zur Pflicht
„Wenn man das deutsche Arbeitsschutzgesetz mit der Maßgabe des Europäischen Gerichtshofs auslegt, dann besteht bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung“, sagte Gallner in der Verhandlung. Nach dem deutschen Arbeitsgesetz mussten bislang nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht aber die gesamte Arbeitszeit. Dies könnte sich nun durch das Urteil zur Arbeitszeiterfassung ändern. Die Folgen sind nach Meinung von Fachleuten weitreichend. Denn in vielen Branchen, in denen nicht mit der Stechuhr gearbeitet wird, könnte das Grundsatzurteil die Arbeitsmodelle verändern. Insbesondere das flexible und mobile Arbeiten im Homeoffice könnte komplizierter werden. In vielen Unternehmen gilt eine Vertrauensarbeitszeit.

Stechuhr-Urteil: Arbeitsgericht fordert Gesetz ein – Arbeitszeiterfassung wird in Deutschland Pflicht
In der Ampel-Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat man das Stechuhr-Urteil nur so halb kommen sehen. Bislang waren die Regierungsparteien im Vorfeld unentschieden, wie mit dem Thema umgegangen werden soll. Auch in der Wirtschaft sorgt die Erfassung der Arbeitszeit immer wieder für heftige Kontroversen.
Urteil zur Arbeitszeiterfassung: Ab wann? Koalition von Scholz wollte bis 2022 nur das EugH-Urteil umsetzen
Bislang hatte sich die Koalition darauf beschränkt, die Vorgaben durch ein vorangegangenes Urteil vom EuGH in deutsches Recht umzusetzen. Eigentlich hatte die Bundesregierung eine Umsetzung noch im Jahr 2022 versprochen. Jedoch gab es über die Details auch innerhalb der Ampelkoalition sowie zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern immer wieder Streit. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP zwar die Notwendigkeit einer Anpassung nach dem EuGH-Urteil festgestellt, sich aber gleichzeitig dazu bekannt, dass flexible Arbeitszeitmodelle wie Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein müssten.
Die SPD und ihr Arbeitsminister Hubertus Heil hätten lieber eine strengere Vorgabe durchgesetzt – auch, um Arbeitnehmer vor Überstunden zu schützen. Doch die FDP hatte Flexibilität gepocht. Doch nun muss sich die Politik etwas einfallen lassen. Nach dem Urteil der Arbeitsrechtler werden die Regierungsverantwortlichen das Urteil in ein neues Gesetz gießen müssen.
Bundesarbeitsgericht (BAG) fällt Grundsatzurteil: Arbeitszeiterfassung ist Pflicht – Kommt die Stechuhr zurück?
Der Paukenschlag durch das Bundesarbeitsgericht könnte der Debatte um die Arbeitszeiterfassung in Deutschland neue Brisanz verleihen und eine Änderung des deutschen Arbeitszeitgesetzes nach sich ziehen. Die Bundesregierung von Olaf Scholz (SPD) arbeitet derzeit an einer entsprechenden Reform, nachdem der Europäische Gerichtshof mit einem Stechuhr-Urteil Anstoß für Veränderung gegeben hat. Danach sind die EU-Länder zur Einführung einer objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassung verpflichtet.
Urteil vom BAG zur Arbeitszeiterfassung kann Auswirkungen auf das Arbeiten im Homeoffice haben
Ziel des EugH ist es, ausufernde Arbeitszeiten einzudämmen und Ruhezeiten einzuhalten. Durch Vertrauensarbeitszeiten würde es teilweise zu massiven Überstunden kommen, dem könnte so entgegengewirkt werden. Nach dem Urteil über die Arbeitszeiterfassung in Deutschland wird nun damit gerechnet, dass die Auswirkungen auf die Wirtschaft enorm sein könnten – etwa beim Arbeiten im Homeoffice. Wie konkret Vertrauensarbeitszeiten künftig noch möglich sein werden, ist unklar. Unternehmen müssten jetzt Lösungen zur „umfassenden Arbeitszeiterfassung einrichten“, glaubt der Fachanwalt Michael Kalbfus von der Kanzlei Noerr in München laut der Deutschen Presse-Agentur.