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„Olaf will das“ – so tickt Kanzler Scholz

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Von: Jens Kiffmeier

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OWD – Olaf will das. Mit diesem Kürzel regierte Scholz (SPD) einst als Bürgermeister in Hamburg. Jetzt ist er Bundeskanzler. Was ändert sich jetzt im Kanzleramt?

Berlin – Nachts im Kanzleramt: Die Krise tobt. Das Telefon klingelt. Doch wer sollte dran gehen? Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) – oder doch lieber Olaf Scholz (SPD)? Für Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher* war die Antwort immer klar. Nur einer aus der Riege der Kanzlerkandidaten sollte in diesem Fall den Hörer abnehmen, nämlich: Scholz. Dieser habe als einziger das Zeug zum internationalen Krisenmanager, der „nicht nur Ziele hat, sondern der auch macht, der Wege kennt und Pläne umsetzt, die funktionieren“.

Deutscher Politiker:Olaf Scholz (SPD)
Geboren:14. Juni 1958 (Alter 63 Jahre), Osnabrück
Ehepartnerin:Britta Ernst
Beruf:Rechtsanwalt
Aktuelles Amt:Bundeskanzler

Mit dieser Anekdote machte Tschentscher vor einem halben Jahr noch Wahlkampf. Doch seit diesem Mittwoch, 8. Dezember 2021, ist es so weit. Sein Parteifreund und Amtsvorgänger hat nun tatsächlich die Hoheit über das Kanzlertelefon übernommen. Der Bundestag wählte Olaf Scholz (SPD) zum neuen Bundeskanzler. Der 63-Jährige, der die Bundestagswahl 2021 überraschend für sich gewinnen und eine neue Ampel-Koalition mit FDP und Grünen schmieden konnte, folgt auf Angela Merkel (CDU). Nach Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder ist er erst der vierte Sozialdemokrat im Kanzleramt.

Olaf Scholz (SPD): Bundestag wählt ihn zum neuen Bundeskanzler – doch wer ist er?

Alles ändern soll sich mit der Machtübernahme aber erst einmal nicht. Zu seinem Regierungsstil sagte Scholz kürzlich: „Ich werde das Regierungshandeln mit vielen Gesprächen sorgfältig vorantreiben.“ Deshalb sollen die Kabinettssitzungen fortan später anfangen, damit genug Raum für Einzeltreffen im Vorfeld bleibe. Außerdem wolle er anders als seine Vorgängerin sich häufiger direkt an die Bürgerinnen und Bürger wenden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaut autoritär. Im Hintergrund ist der Saal des Bundeskabinetts im Kanzleramt zu sehen.
Er ist der neue Bundeskanzler: Olaf Scholz (SPD). © Michael Kappeler/dpa

Olaf Scholz als neuer Bundeskanzler: Nach Amtseinführung warten auf Kanzler und SPD-Politiker viele Aufgaben und Krisen

Letzteres könnte nötig sein. Denn das neue Kabinett von Scholz hat sich viel vorgenommen: den Umbau der Industrie auf Klimaneutralität, die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung eines neuen Bürgergeldes oder die Digitalisierung der Gesellschaft. Hinzu kommt die Corona-Krise, die die Deutschland fest im Würgegriff hält und die Ampel-Koalition und ihren neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon vor der Übernahme der offiziellen Amtsgeschäfte voll in Anspruch nimmt.

Doch ist Scholz als Kanzler dieser Mammutaufgabe gewachsen? Grundsätzlich gilt er durchaus als führungsstark und verlässlich. „Wer bei mir Führung bestellt, der bekommt sie auch“, hatte Scholz noch selber im Wahlkampf versprochen. In Hamburg können sie davon noch ein Lied singen. Während seiner Zeit als Erster Bürgermeister soll es in der politischen Verwaltung ein Kürzel gegeben haben, mit dem am Ende alles durchgesetzt wurde: OWD. Übersetzt hieß das: Olaf will das. Fielen aus der Senatskanzler diese drei Buchstaben, war jeglicher Widerstand gegen ein Vorhaben zwecklos – so berichteten es zumindest einstige Insider kürzlich dem Spiegel.

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Seine Gegner, die ihm auch seine Verstrickungen in die Wirecard- und Cum-Ex-Skandale vorhalten und ihn als gefühllosen Roboter verspotten, sehen darin ein Anzeichen von Machtgehabe und Arroganz. Für Freunde ist dies jedoch eher ein Beweis für die natürliche Autorität von Scholz. Tatsächlich drangen bislang so gut wie keine Beschwerden nach draußen. Im Gegenteil.

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Viele Politiker, die einst mit Scholz zu tun hatten, erlebten ihn vor allem als verlässlichen Gesprächspartner. Wenn man sich mit ihm auf etwas geeinigt habe, dann gelte das auch, hatte Hamburgs Zweite Bürgergmeisterin Katharina Fegebank (Grüne) noch vor Beginn der Koalitionsverhandlungen kundgetan. Ähnlich äußerte sich wenige Wochen später auch FDP-Chef Christian Lindner. Dass die Ampel-Koalition überhaupt zustande gekommen sei, sei der Verdienst von Scholz, sagte Lindner. „Ich habe ihn ganz neu kennengelernt.“

Scholz privat: Ehepartnerin, Kinder, Beruf – aus seiner Biografie ist wenig über das Privatleben bekannt

Tatsächlich führte Scholz die nicht gerade unkomplizierten Gespräche mit großer Ruhe und Gelassenheit. Zuweilen brachte ihm dieses Verhalten aber auch Kritik ein, weil er sich trotz der sich aufbauschenden Corona-Krise nicht aus der besagten Ruhe bringen ließ und stoisch seine Gespräche weiterführte – statt das Regierungszepter frühzeitig zu schwingen. Doch Scholz hielt Kurs.

Privat ist über den neuen Kanzler wenig bis fast nichts bekannt: Er ist mit seiner Frau Britta Ernst verheiratet. Das Paar ist kinderlos und lebt zurzeit in Potsdam, wo sie mitunter Ärger mit den Nachbarn und Einbrechern haben. Außerdem weiß man mittlerweile, dass sich Scholz selber für reich hält, aber nicht weiß, wie viel Butter oder Benzin kostet – weil er sich seit zwei Jahrzehnten von einem Fahrer chauffieren lässt.

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So verschlossen sein Privatleben ist, umso bekannter ist sein öffentlicher Aufstieg: Senator in Hamburg, Generalsekretär der SPD, Bundesarbeitsminister, Bürgermeister Hamburgs, dann Bundesfinanzminister und Vizekanzler – und jetzt also Bundeskanzler. Er ist der neunte in der Geschichte der Bundesrepublik, der nachts im Kanzleramt ans Telefon gehen muss. * kreiszeitung.de und 24hamburg.de sind ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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