Ampel-Zoff um Vetorecht: Wird Habeck mächtiger als Lindner?
Die Ampel-Koalition ringt um den Durchbruch: Offenbar hakt die Verhandlung auch an einem Klima-Vetorecht. Die Grünen wollen das – auch um die FDP auszubremsen.
Berlin – Das Warten soll bald ein Ende haben: In den kommenden Tagen wollen die Ampel-Partner ihre Koalitionsverhandlungen beenden. Nachdem fast alle Streitpunkte ausgeräumt worden sind, hängt der Abschluss der Gespräche aber noch an einigen Punkten fest. So wollen die Grünen offenbar das zukünftige Klimaschutzministerium mit einem umfassenden Veto-Recht ausstatten, wie der „Business Insider“ unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete. Damit würde der zukünftige Ressortchef zu einem der mächtigsten Regierungsmitglieder werden – sehr zum Verdruss der FDP um Parteichef Christian Lindner.
Bundestagswahl 2021: | 20. Legislaturperiode zum Deutschen Bundestag |
Wahlbeteiligung: | 76,6 Prozent |
Wahlberechtigte: | Etwa 60,4 Millionen Menschen |
Koalitionsverhandlung: | SPD, Grüne, FDP |
Neu ist die Forderung nicht: Bereits im Wahlkampf war Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (Grüne) mit dem Vorschlag angetreten, ein Superministerium für Klima, Umwelt und Wirtschaft zu schaffen und es zugleich mit einem Veto-Recht zu versehen. Die Idee: Alle Gesetzesvorhaben, die nicht konform mit dem Pariser Klimaschutzabkommen sind, sollen durch den Klimaschutzminister im Kabinett blockiert werden können. „Klimaschutz erreichen wir nicht durch schöne Worte“, sagte Baerbock damals zu ihrem Plan. Nur durch entschlossenes Regierungshandeln ließe sich der Umbau zur klimaneutralen Gesellschaft gewährleisten.
Ampel-Koalition: Verhandlungen verzögern sich – Grüne drängen auf Veto-Recht im Klimaschutzministerium
Rechtlich wäre so ein Vetorecht möglich. Denn es existiert bereits. Derzeit haben der Bundesfinanzminister, der Bundesinnenminister und der Bundesjustizminister dieses Eingriffsrecht. So kann etwa der Finanzminister laut Paragraf 26 der Geschäftsordnung der Bundesregierung Widerspruch einlegen, wenn die Bundesregierung etwas „in einer Frage von finanzieller Bedeutung gegen oder ohne die Stimme des Bundesministers der Finanzen“ beschließt. Gleiches gilt für die beiden anderen Ressortchefs.

Dieses Vetorecht ist auch der Hauptgrund dafür, dass die FDP unbedingt in der kommenden Regierung den Finanzminister stellen will. Seit Wochen streiten sich FDP-Chef-Lindner und Grünen-Boss Robert Habeck öffentlich um diesen Posten. Denn mittlerweile gilt die Mammutbehörde als Schlüsselressort. Brachte in früheren Jahren vor allem das Auswärtige Amt dem Juniorpartner Prestige und Ansehen, gilt diese Behörde mittlerweile als zahnloser Tiger.
Ampel-Partner: Wer wird Finanzminister? Habeck und Lindner balgen sich um das Finanzministerium
Bis heute leiden die Liberalen an dem historischen Fehlgriff des damaligen Parteichefs Guido Westerwelle im zweiten Kabinett von Merkel. Statt Finanzminister zu werden – wie von vielen Altliberalen gefordert – schnappte er sich das Außenministerium, mit dem er dann in der Finanzkrise an den Rand des Geschehens gedrängt wurde. Der mächtigste Mann neben Merkel? Das war plötzlich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) – und nicht Westerwelle, der mit seiner Partei nach vier erfolglosen Regierungsjahren bei der Bundestagswahl 2013 plötzlich aus dem Bundestag flog.
Für die Liberalen ist das ein Trauma. Unter keinen Umständen will Lindner diesen Fehler wiederholen. Deshalb klammert er sich an das Schlüsselressort. Jedoch wollen die Grünen nicht klein beigeben und verschärften zuletzt den Ton. Immerhin sind sie die zweitstärkste Kraft. Eine Lösung könnte nun das Vetorecht für den Klimaschutzminister sein, der am Ende Habeck heißen könnte. In diesem Fall wären die Parteichefs der Grünen und der FDP auf Augenhöhe.
Koalitionsverhandlung: Klimaminister mit Vetorecht bringt Grüne und FDP auf Augenhöhe – sagt die SPD Ja?
Inwieweit die SPD diese Konstruktion aber mitträgt, bleibt abzuwarten. In dieser Woche sollen alle Streitpunkte ausgeräumt sein, damit Kanzlerkandidat Olaf Scholz in der Nikolaus-Woche zum neuen Bundeskanzler gewählt werden kann. Noch am Wochenende hatte sich Scholz optimistisch über den Verlauf der Gespräche gezeigt und gesagt, das etwas Gutes zusammenwachse.
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Jedoch hängt der Zeitplan am seidenen Faden. Über die inhaltlichen Verhandlungsergebnisse drang bislang wenig bis gar nichts nach draußen, über das Personal wurde aber bereits in geheimen Ministerlisten spekuliert. Doch auch, wenn die Ressortverteilung bereits konkrete Züge annimmt, richtig klar ist bislang nur: Am Mittwoch soll noch einmal eine Hauptverhandlungsrunde stattfinden. Dazu bereiteten die Parteichefs noch einmal Gesprächsvorlagen vor, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.
Meldungen, wonach bereits am Dienstag Vollzug gemeldet werden könnte, bestätigten sich damit zunächst nicht. Aber die Zeit drängt. Denn bei den Grünen sollen vor der Verabschiedung des Koalitionsvertrages und vor der Wahl von Scholz noch die Mitglieder befragt werden. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.