Umsturzfantasien und Homophobie: Schattenseiten der AfD enthüllt

Eine Sondersendung zeigt heute Abend die AfD-Leaks. 40.000 Nachrichten zeichnen ein dramatisches Bild der vergangenen Fraktion – geprägt von Umsturzfantasien.
Berlin – Es kommt einem politischen Super-Gau gleich und bestätigt wohl einige Verdächtigungen, denen sich die AfD in den vergangenen Monaten ausgesetzt sah: Nachrichten aus einer Chatgruppe der AfD-Bundesfraktion wurden dem NDR und dem WDR zugespielt und zeichnen ein deutliches Bild der Partei, die im Bundestag rechtsaußen sitzt. Dabei gab es nicht nur radikale Äußerungen und verbale Angriffe auf Politiker anderer Parteien. Teilweise wurde auch die eigene AfD-Führung scharf kritisiert. Insgesamt wurden 40.000 Chat-Nachrichten ausgewertet. Am Montag, dem 23. Mai, zeigt das Erste um 22:50 Uhr die AfD-Leaks als Reportage.
ARD enthüllt AfD-Leaks: Abgeordnete sprachen von Deutschland als „Unrechtsstaat“
Schon vorab sind die Recherchen zu den AfD-Leaks öffentlich geworden und liefern einen ersten Einblick in den Inhalt der Sendung. Während AfD-Abgeordnete von Deutschland als „Unrechtsstaat“ sprachen, geriet auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Legislaturperiode ins Visier der Hetze. So wurde die CDU-Politikerin als „Ratte“ oder „Volksverräterin“ bezeichnet. Gleichzeitig fabulierten wohl einige AfD-Abgeordnete über den politischen Umsturz in Deutschland und mahlten sich die Zukunft mit einer neuen Weltordnung aus. Der AfD wird indes nachgesagt, dass sie eine umstrittene Beziehung zu Russland haben soll.
Wie das Erste in einer Ankündigung zu den AfD-Leaks schreibt, sei ein häufiges Streitthema in den WhatsApp-Chats die Ausrichtung der AfD, die manchen als zu rechtsextrem gilt. Unter anderem schrieb wohl ein Abgeordneter: „Wollen wir eine national-sozialistische oder eine freiheitlich-konservative Partei sein?“ Von einer Stimmung wie an einem homophoben Stammtisch ist die Rede. Doch zeichnen die geleakten Chats auch das Bild einer zerstrittenen Partei. So sollen die Nachrichten exemplarisch abbilden, wie der eigene „Chaosladen“ während der Wahlperiode ins Schlingern geriet und sich der Frust der Politiker auch gegen die eigene Führung richtete.
„Quasselgruppe“ der AfD: AfD-Leaks zeigt Stimmung in der Partei – Kritik an Alice Weidel
Der Zündstoff, der sich in den AfD-Leaks der ARD verbirgt, ist brisant. In dem Chat schrieben 76 der 92 AfD-Abgeordneten regelmäßig bis nach der Bundestagswahl im vergangenen Jahr – unter Ausschluss der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel. Diese erfuhr erst von der Datenpanne erfahren, als sich von den Rundfunkanstalten um eine Stellungnahme gebeten wurde. Entsprechend reagierte sie auf die WhatsApp-Gruppe, die intern „Quasselgruppe“ genannt wurde. In einer Fraktionssitzung ließ sie ihren Ärger freien Lauf.
Den Fraktionschefs Weidel, Alexander Gauland und Tino Chrupalla war in den Chats offenbar regelmäßig Strategie- und Konzeptionsschwäche vorgeworfen worden. Offenbar hat die AfD-Fraktion allerdings aus den jetzigen AfD-Leaks gelernt: Ein neuer Chat auf Telegram wurde nach Informationen der Zeit Mitte Mai mit einer Abstimmungsmehrheit wieder gelöscht. Dass derweil die AfD einiges mit Russland verbindet, hatte Anfang Mai auch Anton Hofreiter (Grüne) festgestellt und erklärt, dass die AfD so demokratiefeindlich wie Putin sein.
40.000 Nachrichten aus den AfD-Leaks bringen höchst brisanten Inhalt – hinterfotzig und illoyal
Doch eigentlich kommt die Löschung zu spät, verhindert aber womöglich weiteren Schaden durch künftige Chatprotokolle. Dennoch: 40.000 Nachrichten mit teils höchst brisantem Inhalt sind in der Welt und zeigen schonungslos, wie manche Angehörige der AfD-Fraktion zu Demokratien stehen und was Wähler von der AfD erwarten kann. Oder um es mit den Worten von Hansjörg Müller zu sagen, die er gegenüber dem NDR und WDR in der Einleitung der Reportage sagt: Angesprochen auf seine ehemaligen Parteikollegen spricht er von einer „hinterfotzigen, illoyalen Ansammlung an menschlichen Wesen“.
Angesprochen auf die AfD-Leaks sagte Weidel, dass solche Äußerungen, wie sie in dem Chat gefallen sind, für sie inakzeptabel seien und sie dagegen vorgegangen wäre, wenn sie davon Kenntnis gehabt hätte. Nun ist der Schaden aber für die AfD angerichtet. Welche Nachrichten die Journalisten außerdem ausgegraben haben, berichtet das Erste am Montagabend, 23. Mai, ab 22:50 Uhr.