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Wird das 9-Euro-Ticket zum Flop? Ab Herbst drohen hohe Preise im ÖPNV

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Von: Jens Kiffmeier

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Viel Geld, wenig Effekt: Die Länder tragen das 9-Euro-Ticket mit. Doch sie warnen vor einem Flop. Denn schon im Herbst droht im ÖPNV ein Preissprung. Was kann man tun?

Berlin – Der Vorverkauf soll bald starten, doch es gibt noch großes Murren: Wenige Wochen vor der Einführung haben die Bundesländer ihre Bedenken gegen das 9-Euro-Ticket bekräftigt. Zwar beteuerte die Verkehrsministerkonferenz grundsätzlich ihre Zustimmung zu dem Projekt aus dem Entlastungspaket 2022, doch zugleich warnten die Vertreter vor einem langfristigen Flop. Man müsse aufpassen, dass das 9-Euro-Ticket nicht zu einem „Rohrkrepierer“ wird, mahnte Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) aus Bremen. Denn nach dem Auslaufen der Rabattaktion drohten im Herbst kräftige Preissprünge.

9-Euro-Ticket kaufen: Geltungsbereich ist bundesweit – trotz Finanzstreit startet Vorverkauf im ÖPNV

Am Donnerstag (5. Mai) waren die Länder in Bremen mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zusammengekommen. Wichtigster Tagesordnungspunkt war die Einführung des 9-Euro-Tickets. Es ist zentraler Baustein in dem Entlastungspaket 2022, mit dem die Bundesregierung die Deutschen von den hohen Energiepreisen befreien will. Ab Juni können die Pendlerinnen und Pendler jeden Monat für 9 Euro eine Monatskarte für die Busse und Bahnen im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) kaufen. Der Geltungsbereich ist bundesweit, sprich man kann kreuz und quer durch das Land fahren. In einigen Städten und Ländern wie Hamburg oder NRW soll der Vorverkauf bereits ab Mitte Mai starten.

Vorverkauf vom 9-Euro-Ticket: Aktion aus dem Entlastungspaket 2022 sorgt noch für Streit

Doch bevor die Kunden das 9-Euro-Ticket vorbestellen können oder es im Vorverkauf erhältlich ist, müssen noch einige Fragen geklärt werden. So ist am 20. Mai noch die Zustimmung des Bundesrates nötig. Ob die Länder das Projekt dann noch auf den letzten Metern scheitern lassen, gilt eher als unwahrscheinlich. Grundsätzlich sei man sich einig, dass man das Vorhaben unterstützen wolle, sagte Schaefer, die derzeit Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz ist. Dennoch vermied sie ein klares Ja oder Nein.

Das 9-Euro-Ticket aus dem Entlastungspaket 2022 steht in den Startlöchern. Bereits im Mai sollen die Karten vorzubestellen sein.
Das 9-Euro-Ticket aus dem Entlastungspaket 2022 steht in den Startlöchern. Bereits im Mai sollen die Karten vorzubestellen sein. © Daniel Karmann/dpa

Die Länder verknüpfen derzeit ihre Zustimmung noch an konkrete Zusagen des Bundes zu offenen Finanzierungsfragen. Zwar hat Wissing bereits zugestanden, dass der Bund die Kosten für das 9-Euro-Ticket vollumfänglich übernimmt. Doch die Länder wollen noch in diesem Jahr eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel, die sie grundsätzlich vom Bund für den Ausbau des ÖPNV bekommen. Gestritten wird um 1,5 Milliarden Euro.

Entlastungspaket 2022: Länder sehen im 9-Euro-Ticket kurze Wirkung – im Herbst drohen hohe Preise im öffentlichen Nahverkehr

In dem 9-Euro-Ticket sehen sie nur ein „saisonales“ Angebot, wie Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) betonte. Es sei gut, um die Menschen, die sonst nicht mit Bus und Bahn fahren würden, zu einem Umstieg auf den ÖPNV zu locken. Doch was passiere dann? „Im Herbst läuft das Angebot aus und der Ukraine-Krieg hat die Energiepreise weiter nach oben getrieben“, sagte Herrmann. „Dann bleibt den Verkehrsunternehmen gar nichts anderes übrig, als die Preise zu erhöhen“, warnte er. Die neu hinzugewonnenen Kunden würde man umgehend wieder vergraulen und die Wirkung des 9-Euro-Tickets aus dem Entlastungspaket würde verpuffen.

Vor diesem Hintergrund wollen die Länder eine mittelfristige Aufstockung der Mittel, um dauerhaft die Preise abzufedern und das Angebot bei Bus und Bahn attraktiv zu halten. Die Zusage wollen sie jetzt – und nicht erst im Herbst, wie Wissing es anstrebt. Denn die Erhöhung der Mittel unterliegt der Haushaltshoheit des Bundestages. Mit ihrem herausgezögerten Ja zum 9-Euro-Ticket halten die Länder nun den Druck hoch.

Entlastungspaket: Deutsche stehen 9-Euro-Ticket positiv gegenüber

Bei den Deutschen weckt die Aktion aus dem Entlastungspaket, das auch noch einen Tankrabatt, einen Hartz-IV-Zuschuss, einen Kinderbonus und eine Energiepauschale von 300 Euro vorsieht, jedenfalls durchaus Interesse. Laut einer Yougov-Umfrage plant eine Mehrheit der Bundesbürger, die Rabattkarte zu nutzen. Demnach können sich 55 Prozent vorstellen, ein 9-Euro-Ticket zu kaufen.

Jedoch gab davon die Hälfte an, den bundesweit geltende Fahrschein vor allem für Ausflüge und touristische Reisen einzusetzen – und eben nicht für den monatelangen Umstieg vom Auto auf den Zug beim Pendeln. Bereits zuvor hatten Verkehrsexperten befürchtet, dass das Vorhaben an dem eigentlichen Ziel der Politik vorbeigeht und man nur an Tourismus-Hotspots volle Bahnen erleben werde.

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