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Volle Parkplätze, volle Gänge. Zwei Tage vor dem Lockdown herrscht am Montag Ausnahmezustand in den Baumärkten. Die Menschen decken sich mit allem ein, was sie für Ausbau und Renovierung brauchen. Die Branche nimmt den zweiten Lockdown gelassen.
- Vollheit in den Baumärkten vor dem Lockdown.
- Baumarkt-Branche bleibt trotz zweiter Schließung gelassen.
- Telefonische Alarmkette statt Wachpersonal.
Verden – Die weißblühende Erika nimmt mit ganzer Staude und einem Schwung die letzte Barriere in den Kofferraum. „Wir brauchten noch ein bisschen Friedhofs-Bepflanzung“, sagt die Dörverdener Autofahrerin. Alles andere habe sie. Fürs Fest. Für den Jahreswechsel. Für den restlichen Dezember und den beginnenden Januar. Ein Auto weiter tritt der Mörtel eine letzte Reise an. Fertigmörtel. Säckeweise. Gestern darf es ein Sack mehr sein oder zwei. Szenen aus dem Baumarkt und vom Parkplatz. Zwei Tage vor dem erneuten Lockdown überlassen die Menschen nichts mehr dem Zufall. Sie decken sich ein. Alle Kassen geöffnet.
Fertigbeton? Warum nicht?
Und spätestens seit gestern steht fest: Weihnachten wird weiß, und wer weiß, wahrscheinlich auch staubig. Darauf deutet das Kaufverhalten hin. „Viele planen offenbar den Innenausbau“, sagt etwa Wilfried Schwenker vom Hagebaumarkt in Verden. Farben seien stark nachgefragt. Und tatsächlich, die Regale beginnen sich zu leeren, die Grundfarbe Weiß etwa, sie landet in den Einkaufswagen. Und Baustoffe, auch vor diesen Regalen geht es munter zu. Fertigbeton? Warum nicht! Abwasserrohr? Wird gebraucht! „Die Nachfrage geht quer durch das ganze Renovierungsangebot.“
Allerdings, das darf festgestellt werden, die Menschen haben gelernt. Wo vor dem ersten Lockdown im Frühjahr und danach noch Schwarmverhalten zu beobachten war und zuweilen die Ellenbogen ausgefahren wurden, da ist es jetzt nur voll, aber mit gebührendem Abstand. „Die Kunden halten sich an die Verordnungen“, sagt Schwenker, „sie tragen Maske, sie wahren die anderthalb Meter, sie bleiben besonnen.“ Wachpersonal wie damals noch sei nicht mehr notwendig. „Unsere Mitarbeiter sind geschult. Sollte sich die Lage zuspitzen, beginnt eine Telefonkette und wir wirken deeskalierend.“ Zumindest bis gestern am Nachmittag musste die stille Form der Alarmierung nicht ausgelöst werden. Im Markt blieb alles ruhig, ganz gelegentliche Ballungen auf dem Parkplatz bröckelten so schnell, wie sie sich aufgebaut hatten. Die langen Autoschlangen vor dem Verdener Kreisel, vor der Hönischer Kreuzung, sie hatten ein anderes Bild erwarten lassen, ein tumultartigeres.
Letzte Chance auf Tannenbaum-Schmuck
„Für mich ist es eine Mischung aus geplantem Baumarktbesuch und erzwungenem“, sagt etwa Allegra Zehl. Einiges an Weihnachtsschmuck sei noch zu besorgen, dafür bestehe jetzt die letzte Gelegenheit, andererseits „schaue ich mir natürlich die Auslage an. Immer interessant.“ Eher eine deutlich vorgezogene Aktion sei das, was sie plane, heißt es aus der Familie Spiegel, „Katzenstreu muss noch nicht besorgt werden, aber wer weiß, ob es Ende des Monats noch was gibt“. Dann brauche man es. Ein ordentliches Paket landet im Einkaufswagen. Das Regal weist erste Lücken auf. „Bei uns ist die Renovierung geplant“, sagt Bernd Cordes. Er wägt die unterschiedlichen Preise und Qualitäten der Farben ab.
„Einnahme-Ausfälle aus erstem Lockdown aufgeholt“
Die Menschen gehen also einigermaßen vorbereitet in den zweiten Lockdown. Unklar allerdings noch, wie es der Branche ergeht. Die erste wochenlange Schließung hatte sie einigermaßen überstanden. Die Kunden deckten sich landauf, landab später ein. „Das galt im Grunde auch für uns. Wir haben die Einnahme-Ausfälle aufgeholt“, sagt Schwenker. Ganz so rosig fällt der Ausblick auf die kommenden Wochen nicht aus. „Das Weihnachtsgeschäft dürfte wahrscheinlich nicht das werden, was es in der Vergangenheit war.“
Und ab Mittwoch geht gar nichts mehr? Die Mitarbeiter der Baumärkte verabschieden sich in die Kurzarbeit und ins gaaaanz lange Weihnachtsfest? „Einige werden in Urlaub gehen“, sagt Schwenker, „aber es bleibt noch einiges an Arbeit, was wir abzuleisten haben“. Im Lager sei noch einiges zu tun, die Regale im Markt wollen wieder auf Vordermann gebracht sein, die Inventur stehe an. „Der Vorlauf hat im Grunde schon begonnen.“
Bei nächster Öffnung schon Terrassen-Möbeln und Grill-Kreationen
Bei aller Ungewissheit, die jetzt noch herrscht, eines steht fest: Bei der Wiedereröffnung wird der Markt anders aussehen. Wo jetzt noch Kerzenschein und Weihnachtsromantik interessierte Blicke auslösen, da ziehen anschließend neue Hingucker ein. Die Gartenausstellung mit Terrassenmöbeln und Grill-Kreationen kündigt sich an. Die Frage eben nur, wann.