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Ein Reim auf den Inflationsausgleich: 200 streiken in Verden

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Von: Ronald Klee

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Ein Polizeibeamter beobachtet den Zug der Streikenden  mit ihren Transparenten und Fahnen auf dem Weg durch die Stadt.
Abgesichert durch Ordnungskräfte zogen die Demonstranten durch die Straßen der Verdener Innenstadt. © Klee

Verden – „Harte Arbeit, fairer Lohn; über zehn, sonst ist’s ein Hohn!“ Beim Sammeln am Allerpark hatten die Streikenden ihre Gehaltsforderung noch mit Gewerkschaftssekretär Ingo Tebje von ver.di geübt. Dennoch klangen sie auf den ersten Metern ihrer Demo durch die Verdener Innenstadt noch etwas holprig. Den etwa 200 Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ging der Reim dann aber mit jedem Schritt flüssiger über die Lippen. Und so konnten die Streikenden aus Verden und Umgebung in der Kreisstadt wie in den Nachbarlandkreisen Diepholz und Nienburg ihren Forderungen für die Tarifrunde Nachdruck verleihen.

„Nur klatschen reicht nicht“, erinnerte Eva-Maria Hibbeler an die gut gemeinte, aber nicht sehr wirkungsvolle Geste in der Corona-Krise. Die ehemalige Personalrätin der Aller-Weser-Klinik und jetzige Ruheständlerin und Kreistagsabgeordnte hatte der Tarifkonflikt deshalb nicht nur aus Gewohnheit auf die Straße getrieben. Sie steht hinter der Forderung, sagt sie. Um 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro monatlich sollen die Entgelte steigen. Auszubildende, Studierende und Praktikanten sollen 200 Euro mehr erhalten. Und die Laufzeit des Tarifabschlusses soll nicht länger als zwölf Monate betragen.

Mit der Verdenerin waren am Dienstagmorgen trotz Nieselregen und niedrigen Temperaturen viele ehemalige Kolleginnen zusammengekommen. Am Eingang zum Allerpark trafen aber auch Beschäftigte der Kreissparkasse und des Trinkwasserverbandes, Erzieherinnen aus den Kitas, und städtische Mitarbeiter aus dem Rathaus und vom Eigenbetrieb Abwasser ein.

ver.di-Vertreter Ingo Tebje hatte sie alle begrüßt und freute sich über die Zahl der Teilnehmenden. Mit seinen Helfern sorgte der Gewerkschaftssekretär dafür, dass sie alle ihre gelben Westen bekamen und die ver.di-Fahne schwenken konnten. Einige hatten aber auch ihre eigenen Transparente mitgebracht, und trugen ihr „Wir sind es wert!“ durch durch die Verdener Straßen. Der Ruf sollte bis nach Potsdam schallen, wo die Tarifparteien die Verhandlungen heute und morgen fortsetzen.

„Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst nimmt jetzt auch in den Kommunen der Landkreise Verden, Diepholz und Nienburg Fahrt auf. Nachdem die Arbeitgeber am ersten Verhandlungstag trotz hoher Inflationsrate ohne ein Angebot den Verhandlungstisch verlassen haben, will ver.di deutlich machen, dass die Beschäftigten sich nicht hinhalten lassen wollen.“ Soweit der Grund für den Auftritt in Verden, den ver.di Bremen-Nordniedersachsen mit Streikaktionen in Nienburg und Diepholz koordiniert hat.

„Die Forderung von 10,5 Prozent macht noch nicht einmal den Wertverlust von 15 bis 16 Prozent der Arbeit durch Preissteigerung seit 2021 wett“, hatte Gewerkschaftssekretär Volker Selent im Vorfeld des Streiktages in einer Pressemitteilung verbreitet. Deswegen sei ihm der geforderte Mindestbetrag von 500 Euro wichtig, da sich die Preissteigerung ja gerade in unteren Entgeltgruppen stärker bemerkbar macht.

Aber nicht nur die Teuerung sieht sein Kollege Ingo Tebje als guten Grund für die Forderung. Der Gewerkschaftler sieht auch Rückenwind für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und eine gute Ausgangssituation die Verhandlungen. „Die wirtschaftliche Lage ist besser als befürchtet und der Fachkräftemangel bewirkt eine Konkurrenz unter den Arbeitgebern“, fasst er wesentliche Faktoren zusammen.

So wirkte denn auch die Stimmung unter den Streikenden eher gelassen und heiter als aggressiv. Die Zustimmung zu den Zielen der Arbeitsniederlegung aber ist offenbar sicher. „Mit deutlichen Mehrheiten haben Beschäftigte aus den Kitas, dem Bauhof und 25 der Kläranlage der Stadt Verden sich hinter der Forderung gestellt. In Stuhr, beim Landkreis Nienburg und bei der Stadt Nienburg sprachen sich ebenfalls die Beschäftigten mehrheitlich für einen Inflationsausgleich aus“, hatte Volker Selent mitgeteilt. Jetzt wollen sie deutlich machen, dass sie nicht nur mit einer Unterschrift dahinterstehen. Es gehe eben auch darum, dass die Inflation nicht die bisherige Wertschätzung zunichtemacht, die in allen Bereichen der Kommunen bis hin zu den Sparkassen und dem Bund deutlich wurde.

Ein Mann steht mit Mikrofon in der Menge von Streikenden.
Gewerkschaftssekretär Ingo Tebje machte die Forderungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di noch einmal deutlich. © Klee, Ronald
Ein Mann steht mit einem Transparent und einem kleinen Kind da und winkt.
Solidarität mit den Streikenden bekundeten dieser Vater und seine kleine Tochter. Mit ihrem Transparent hatten sie den Demozug am Nordertorkreisel erwartet. © Klee, Ronald
Leute im Demontrationszug mit Transparenten und Fahnen. alle haben ein Lächeln auf den Gesichtern. Ein Mann hat zusätzlich noch ein Mikrofon in der Hand.
Die Streikenden zeigten sich auf ihrem Gang gut aufgelegt. Ver.di-Mann Ingo Tebje (am Mikrofon) animierte die Streikenden immer wieder, die Parolen zu skandieren. © Klee, Ronald

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