Schilder interessieren Verdens Autofahrer nicht

Verdens Stadtverwaltung drängt auf eine Poller-Lösung in der Ostertorstraße, damit diese als Fahrradstraße funktioniert. Der Ausschuss für Straßen und Stadtgrün sah noch Beratungsbedarf und vertagte das Thema.
Verden – Der Straßenzug „Ostertorstraße – Herrlichkeit“ wird zur Fahrradstraße ausgebaut: So beschlossen es 33 Mitglieder des Verdener Stadtrates am 7. Dezember 2021. Inzwischen ist die Maßnahme umgesetzt – und der Ärger da, ausgelöst unter anderem durch die Idee, zwei versenkbare Poller an die beiden Ende der Ostertorstraße zu setzen (wir berichteten).
Kreissparkasse protestiert gegen Wegfall von Parkplätzen
Zudem protestiert die Kreissparkasse dagegen, dass das Dutzend Parkplätze entlang der Ostertorstraße weichen soll, um Flächen für Fahrradbügel, Lastenräder, Sitzbänke und zur Straßenbegrünung zu schaffen.
Mit dem Bau des KSK-Hauptsitzes sei auch „eine Einigung über den Fortbestand und die Nutzung der heute in Rede stehenden abzuschaffenden Parkplätze“ einhergegangen, heißt es in einem Brief, den der KSK-Vorstand zu Beginn dieser Woche an Bürgermeister Lutz Brockmann richtete. „Darauf haben wir uns verlassen und eine schriftliche Zusicherung nicht verlangt“, schreiben Silke Korthals und Matthias Knak.
Sie begrüßten die Neugestaltung der Ostertorstraße, betonen die beiden Vorständler. Auch die Durchfahrtsbeschränkung sei „noch vertretbar“, der Wegfall der Parkplätze jedoch nicht hinnehmbar. „Dagegen werden wir uns verwehren“, schließt der höflich formulierte Brief mit drohendem Unterton.

Nicht zuletzt dieses Schreiben veranlasste Sven Ommen (Grüne) am Mittwoch im Ausschuss für Straßen und Stadtgrün zu seinem Antrag, den Punkt „Verkehrsregelungen für die Fahrradstraße Ostertorstraße und angrenzende Stadtstraßen“ zu vertagen, um den Fraktionen die Möglichkeit zur weiteren Beratung zu geben. Der Aussschuss folgte dem nur zu gerne.
Die Positionen der einzelnen Fraktionen insbesondere zur Poller-Frage waren da jedoch bereits deutlich geworden.
Zukunftsweisend und eine gute Idee nannte Karin Hanschmann (SPD) den Einbau der absenkbaren Pfeiler, zumal diese die Ostertorstraße als vielgenutzten Weg zur Schule und zur Arbeit sicherer mache. Unterstützung erhielt sie von Fraktionskollegin Özge Kadah und von Sven Ommen. Gerade der Radverkehr könne zur Belebung der Innenstadt beitragen, so der Grüne, der überdies lobte, dass im Zuge der Straßenumgestaltung bereits die technischen Voraussetzungen für den Einbau der beiden Pfosten geschaffen wurden.
An die Poller-Kritiker gerichtet, sagte Ommen: „Man hätte sich ja informieren können, was eine Fahrradstraße bedeutet“ und „Wer A sagt, muss auch B sagen.“ Er jedenfalls gehe davon aus, dass die Poller kommen.
CDU kritisiert mangelnde Kommunikation mit Anliegern
Imke Burhop und Sven Sottorff monierten die kleinteilige Planung. Mehr Fahrradverkehr ja, aber eingebunden in ein größeres Konzept wünschten sich die beiden Christdemokraten. Burhop kritisierte zudem, dass die Anlieger bei der Planung nicht mitgenommen worden seien. Und Wjatscheslaw Slaschjow (FDP) forderte, die Poller gleich ganz von der Agenda zu streichen.
Dass über das Thema im Ausschuss für Sicherheit, Ordnung und Marktwesen, im Verwaltungsausschuss und schließlich am 21. März im Stadtrat – so die geplante Beratungsfolge – noch trefflich gestritten wird, scheint also vorprogrammiert. Dabei hatte Patrick Düsselbach nachdrücklich versucht, den Ausschuss für Straßen und Stadtgrün schon einmal von der Notwendigkeit des Poller-Einbaus zu überzeugen.
„Es steht zwar Fahrradstraße drauf, es steckt aber keine Fahrradstraße drin“, formulierte es Düsselbach und lieferte damit zugleich eine Erklärung dafür, weshalb sich die Politik noch immer mit dem Thema befassen muss. Es geht um die Regelung des Verkehrs. Denn die Ostertorstraße funktioniert bislang nicht so, wie sich die Straßenverkehrsordnung (StVO) sich das für eine Fahrradstraße vorstellt.
Fahrradstraße ist für Radler, was für Autofahrer die Autobahn ist
Die Fahrbahn ist Rädern vorbehalten, es darf in beide Richtungen nebeneinander geradelt werden, der Kraftfahrzeugverkehr hat sich dem unterzuordnen, mehr als Tempo 30 ist nicht erlaubt, nannte Düsselbach die wesentlichen Charakteristika einer Fahrradstraße. Diese sei für den Radler das, was für einen Autofahrer die Autobahn und den Passanten eine Fußgängerzone sei, verdeutlichte er den Idealzustand.
Um sich dem in der Ostertorstraße anzunähern, müsse der reine Durchgangsverkehr herausgehalten werden, so Düsselbach weiter. Das allein über die Verkehrsschilder „Fahrradstraße“, „Anlieger frei“ und „Linienverkehr frei“ zu regeln, klappt aber nicht. „Die meisten Autofahrer interessiert das nicht“, stellte Patrick Düsselbach fest.
Polizei kann ständige Kontrollen nicht leisten
Ständige Kontrollen seien aber von der Polizei nicht leistbar, konnten die Ausschussmitglieder in der Beschlussvorlage nachlesen. Ebenso wie die Aussage, dass „eine Ausweisung der Ostertorstraße als Fahrradstraße ohne Einschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs, eine Verhinderung des Durchgangsverkehrs, nicht die Zustimmung der Polizei findet“.
Nur wer dort wohnt oder sein Geschäft hat, soll die Osterstraße weiterhin befahren können. Gleiches gilt für Rettungsfahrzeuge, Polizei, Feuerwehr und Busse. Wer berechtigt ist, kann den Poller entweder per Handy-Anruf oder über ein Signal aus einem im Fahrzeug eingebauten Gerät absenken lassen, erklärte die stellvertretende Fachbereichsleiterin Stephanie Weber dem Ausschuss.
Beide Techniken sollen eingebaut werden, ließ die Fachfrau verlauten und klang dabei, als sei einzig die Frage, welches System an welchen Punkt der Ostertorstraße komme, noch zu klären. Die Stimmung am Mittwoch im Ausschuss ließ das eher nicht vermuten.