Verdener Militärpfarrerin im Einsatz im Irak

Dreieinhalb Monate verbrachte Ute Ravens-Hermann im Irak. Beruflich. Die Militärpfarrerin betreute dort Bundeswehrsoldaten im Einsatz.
Verden – Schwarzer Talar, um den Hals das weiße Beffchen. Oder das weiße Gewand, die Albe, dazu eine farbenfrohe Stola. Ja, so kennt man die liturgische Kleidung, wie sie die hiesigen Pastorinnen und Pastoren tragen. Die Uniform mit Tarnflecken gehört eher nicht dazu. „Schutzkleidung“, korrigiert Ute Ravens-Hermann.
Die Verdenerin muss es wissen. Dreieinhalb Monate lang war der Anzug im sandfarbenen Camouflage-Look ihre Dienstkleidung. Ravens-Hermann ist Militärpfarrerin und war als solche im Einsatz im irakischen Erbil. Sie verbrachte dort das Weihnachtsfest, stieß auf das neue Jahr an, feierte ohne Mann und Kinder, dafür mit den jungen Soldatinnen und Soldaten ihren 60. Geburtstag.

In ihrem Wohnzimmer in Verden hat die Geistliche eingedeckt. Auf dem Stövchen bleibt der Tee heiß, es gibt frischen Butterkuchen. Rot-gelbe Tulpen auf dem Tisch künden vom nahenden Frühling. Der Irak und die Stadt Erbil im Nordosten des Landes sind weit weg. Jedenfalls nach der Anzahl der Kilometer. Doch wenn Ute Ravens-Hermann über ihre Zeit in dem multi-nationalen Camp spricht, dann rückt es ganz nah an Verden heran.
Ein Einsatz als Gleiche unter Gleichen
So ein Auslandseinsatz sei ein intensives Erlebnis, berichtet sie. „Und wenn's gut geht, hat man eine hervorragende Gemeinschaft“, sagt die Pastorin, um es dann anders zu nennen: „Eine Kameradschaft.“ Genau die habe sie in den dreieinhalb Monaten erlebt. Als Gleiche unter Gleichen. Als Freundin.
See- und Luftüberwachung, vor allem die Ausbildung von Führungskräften des irakischen Militärs sind die Hauptaufgaben der Bundeswehr im Rahmen einer internationalen Koalition gegen den IS. In dem abgeriegelten Camp bei Erbil nehmen das rund 80 deutsche Soldatinnen und Soldaten wahr.
Als Zivilistin steht sie außerhalb der Hierarchie
Rund um die Uhr im Dienst zu sein, rund um die Uhr auf kleinem Raum mit Menschen zusammen zu sein, ohne einen persönlichen Rückzugsort, das galt in dem Camp nicht nur für die Militärs, sondern genauso für die außerhalb der Hierarchien stehende Zivilistin Ute Ravens-Hermann. „Ich war ja eine von ihnen“, sagt sie. „Wir haben alle zusammen einen Auftrag.“ Den der Bundeswehr definiert sie in deutlichen Worten: „Frieden auf Erden ist nicht nur ein frommer Wunsch. Für diesen Wunsch setzt sich auf die Bundeswehr ein.“
Ihre Aufgabe als Seelsorgerin sei es gewesen, „für die Soldaten da zu sein“. Neben Bibelfrühstück und Gottesdiensten waren dies Gespräche von Mensch zu Mensch. Und die seien oft spannend gewesen, mit Themen von „Ich vermisse mein Kind“, bis zum Nachdenken über den Sinn des Lebens.
Soldaten stehen vor besonderen Herausforderungen
Grundsätzlich hätten die Soldaten mit ähnlichen Problemen zu tun wie Menschen in Zivil. „Aber als Soldat, als Soldatin habe ich noch ganz andere Herausforderungen“, weiß sie und meint damit vor allem Familienleben und Partnerschaft, die oft nur am Wochenende oder im Urlaub stattfinden. „Auslandseinsätze kommen dann noch obendrauf.“ Dann fehlen die Partner, Kinder, Freunde besonders. Und wenn dann noch Weihnachten ist...

Also schuf Ute Ravens-Hermann mit Unterstützung für die Menschen im Camp ein Stück Heimat in der Ferne. Inklusive Sternebasteln, Wichteln, Waffelbäckerei und dem Auftritt eines irakischen Kinderchores. Ihr und ihren Helfern gelang es sogar, einen Tannenbaum, geschlagen in Nienburg, nach Erbil fliegen zu lassen.
Als Seelsorgerin für drei Standorte zuständig
Vor fünf Jahren trat die Pastorin ihre Stelle als Militärpfarrerin an. Von der Clausewitz-Kaserne in Nienburg-Langendamm aus ist sie auch Ansprechpartnerin für die Menschen an den Bundeswehrstandorten Luttmersen (Neustadt am Rübenberge) und Diepholz. „Ich wollte mich beruflich nochmal verändern“, erklärt sie ihre Bewerbung. Dass das Amt auch den Einsatz im Ausland beinhalte, sei schon in der Ausschreibung klar formuliert gewesen.
Ihren Termin für den Irak habe sie etwa zwei Jahre im Voraus gewusst, schätzt die Pastorin. Ursprünglich hatte sie bereits Anfang September abfliegen sollen. Doch das Visum ließ auf sich warten. Ende September dann, die Transportkisten waren seit Wochen gepackt, kam der Anruf: Am 1. Oktober geht's los.
Je 13 Jahre war sie zuvor als Berufsschulpastorin an den BBS in Verden und als Gemeindepastorin im wolfsburgischen Fallersleben tätig. „Es ist immer wieder reizvoll, eine andere Aufgabe zu übernehmen“, stellt sie fest. Dann also Bundeswehr.
Erste „Kasernenluft“ hatte sie schon als angehende Pastorin bei einem Praktikum in Lüneburg geschnuppert. „Das fand ich ganz toll“, erinnert sie sich. Aber „damals gab es noch keine Frauen bei der Militärseelsorge“, fügt sie hinzu.
Umso mehr freut es die 60-Jährige, jetzt als Pastorin bei der Bundeswehr tätig sein zu können. Unterstützt von einem Pfarrhelfer – „mein Sechser im Lotto“ – und in sehr großer Nähe zu den Menschen.

Ihr Amt bei der Bundeswehr ist auf sechs Jahre befristet, eine Verlängerung nicht ausgeschlossen. Ute Ravens-Hermann würde gerne weitermachen. Die Frage, ob Erbil ihr einziger Auslandseinsatz bliebe, fällt jedenfalls militärisch knapp aus: „Ich hoffe nicht.“
Ute Ravens-Hermann im Gespräch
In der Reihe „Mensch, wir müssen reden!“ des Historischen Museums Domherrenhaus in Verden ist Ute Ravens-Hermann am Donnerstag, 20. April, ab 18.30 Uhr, zu Gast. Im einstündigen Gespräch mit Moderatorin Jule Nehus berichtet sie von ihrem Amt als Militärpfarrerin und von ihrer Zeit im Irak. Karten gibt es unter Telefon 04231/2169.