Vortragsreihe zur Arbeiterbewegung in Verden: Es begann mit den Zigarrenmachern

Das Doz 20 in Verden lädt zu einer neuen Vortragsreihe mit Schwerpunkt „Arbeiterbewegung“ ein. Referenten sind Hermann Deuter und Dr. Peter Schulze.
Verden – Das Dokumentationszentrum Verden im 20. Jahrhundert (Doz 20) lädt zu einer neuen Vortragsreihe mit dem Schwerpunkt „Arbeiterbewegung“ in das Domherrenhaus ein. Hermann Deuter aus Verden stellt die Entstehung und Entwicklung der traditionellen Verdener Arbeiterbewegung vor.
Für zwei weitere Vorträge konnte Dr. Peter Schulze aus Hannover gewonnen werden. Seine Vorträge stehen unter der Überschrift „Rückblick auf eine gescheiterte Demokratie Weimar 1918 bis 1933“.
Schulze eröffnet die Vortragsreihe am Donnerstag, 9. März. Der renommierte Historiker ist Fachmann für jüdisches Leben in Hannover und hat in Verden bereits einen Vortrag über die Villa Seligmann gehalten. Darüber hinaus hat er sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Arbeiterbewegung beschäftigt und versucht herauszufinden, warum die Weimarer Republik einst gescheitert ist.
1918/19 hofften SPD und Gewerkschaften, die neue Republik nach ihren Vorstellungen gestalten zu können, doch verloren bald an Einfluss. Die SPD schied aus der Regierung aus, und die Gewerkschaften mussten den im November 1918 vereinbarten Acht-Stunden-Tag wieder aufgeben.
Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung wollte die Republik erhalten, aber ihr fehlten die politischen Mittel. Als ein Beispiel nennt Deuter den „Flaggenstreit“. „Die Flagge der Weimarer Republik war Schwarz-Rot-Gold. Das hatte sich in der Praxis aber nicht durchgesetzt. Die Farben des alten Kaiserreichs, Schwarz-Weiß-Rot, blieben als offizielle Handels- und Kriegsflagge.“
Die Mächte des alten Reichs, Adel, Militär und Wirtschaft, eroberten als Gegner der Demokratie die Institutionen der Republik schrittweise zurück. Schulze analysiert in seinem Vortrag die Ursachen, die zum Scheitern der Weimarer Republik führten. „Die Mitglieder von SPD und Gewerkschaften wurden organisiert, aber nicht mobilisiert“, nennt der Historiker einen Grund.
Am Freitag, 21. April, beleuchtet Hermann Deuter die traditionelle Verdener Arbeiterbewegung von 1853 bis 1933 in Schlaglichtern. Die Industrialisierung Verdens begann 1853 mit der Ansiedlung der Zigarrenindustrie. Daraus entstand die lokale Arbeiterbewegung. „Die Zigarrenarbeiter durften nur in Verden bleiben, solange sie Arbeit hatten. Sie durften nicht heiraten, keinen Besitz haben und waren praktisch rechtlos. Dagegen haben sie schon früh gekämpft“, erklärt Deuter.
Die Verdener Arbeiterbewegung war in der Weimarer Republik von einiger Bedeutung. Kulturvereine und Chöre entstehen. 1863 wird in Verden die erste Gewerkschaft gegründet. Die Flagge befindet sich im Domherrenhaus und wird am Vortragsabend gezeigt. Den Kampf gegen den Nationalsozialismus konnte aber auch die Verdener Arbeiterbewegung nicht gewinnen.
Die Reihe endet am Donnerstag, 21. September, mit dem Vortag von Peter Schulze zum Thema „Politik und Terror in Hannover“. „Der Vortag beschreibt die Entwicklung nach den letzten noch halbwegs freien Wahlen 1933“, so Deuter. Nach der Einsetzung der Hitler-Regierung verstärkten die Nationalsozialisten ihre Angriffe auf die Arbeiterbewegung.
Am 21. Februar 1933 wurden am Lister Turm zwei Reichsbannerleute ermordet und weitere schwer verletzt. Am 1. April 1933 stürmten SS und SA zuerst das Gewerkschaftshaus in der Nikolaistraße, anschließend das Haus des Fabrikarbeiterverbands. Die gewaltbereiten und gewalttätigen Nazis beherrschten die Straße.
Nach der Zerstörung der freien Gewerkschaften war der Weg frei für Diktatur und Kriegsvorbereitung.
Alle Vorträge finden im Historischen Musuem – Domherrenhaus in Verden statt. Beginn ist um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.