Die Zukunft der Aller: Verden nicht das einzige Modell für den Heidekreis

Hademstorf – Natur oder Energiegewinnung? Die offene Frage nach der Zukunft der Aller im Heidekreis auf diesen Konflikt zu reduzieren, wäre zu kurz gegriffen. Während der Nabu und andere sich für die Renaturierung des Flusslaufs wie im Nachbarlandkreis Verden stark machen, plant die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) die Beseitigung des Hademstorfer Wehrs. Zugleich übt die Nutzung des Stromes zur Energiegwinnung einen unwiderstehlichen Reiz aus. Vereinbar sind diese Pläne aber nicht, und auch die Teilnehmer einer Aller-Konferenz, zu der SPD-Chef Lars Klingbeil und der Landtagsabgeordnete Sebastian Zinke aus dem Heidekreis nach Hademstorf geladen hatten, konnten den Knoten nicht durchschlagen.
Gerade mal angerissen haben die Teilnehmer die Themen, die sich in Bezug auf die Aller im Heidekreis stellen. Das musste auch Sebastian Zinke im Verlauf des Abends feststellen. Er erkannte, dass eine Klärung noch nicht möglich war und brachte schnell eine weitere Konferenz als Fortsetzung ins Gespräch.
Zunächst konnten Fachleute und Teilnehmer nur die wichtigsten Aspekte ansprechen. Und die hatten die Kommunalpolitiker und Vertreter von Landwirtschaft und anderen Interessengruppen nach Hademstorf in die Eberhard-Schwarz-Halle gelockt. Schon die Pläne der WSV können Einfluss auf die anderen Projekte haben. Angesichts des Klimawandels und der zurückliegenden Dürre-Jahre ist bereits jetzt das Bewusstsein für den wachsenden Wasserbedarf wie im Landkreis Verden groß. Seit gut zehn Jahren, so berichteten Dirk Schwardmann von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schiffahrt und der Verdener Amtsleiter, Henning Buchholz, hegt die Bundesbehörde den Plan, das Wehr in Hademstorf abzureißen und durch einen Raugerinne-Beckenpass, einer Art rauer Rampe, zu ersetzen. Die Befürchtung, dass der Wasserspiegel zwischen Hademstorf und Marklendorf großflächig abgesenkt werden könnte, hatte nicht zuletzt Nahrung dadurch erhalten, dass auch eine Staulegung der Aller im Gespräch war. „Aber die ist vom Tisch“, stellte Buchholz klar. „Die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit ist unsere Aufgabe“, machte Buchholz deutlich.
Ein Beispiel für eine mögliche Zukunft des Flusses, über die seit Jahren nachgedacht wird ist die Fortsetzung der Renaturierung der Aller-Aue, wie sie im Landkreis Verden mit der AllerVielfalt angelaufen ist, bis nach Celle. Die SPD-Politiker Klingbeil und Zinke hatten den Projektleiter Thomas Arkenau nach Hademstorf geladen, um das Projekt vorzustellen. In zehn Jahren solle ein 2200 Hektar großes Gebiet umgestaltet werden, berichtete Arkenau. Die WSV sei dabei für den eigentlichen Flusslauf, der Nabu und der Landkreis Verden für die Aue zuständig. Arkenau, der die Aufgabe zum Jahresbeginn übernommen hat, ist eigentlich seit 1. Januar im Unruhestand. Er will dieses Projekt, das der Bund mit 17 Millionen Euro fördert, in den nächsten zweieinhalb Jahren betreuen und den Pflege- und Entwicklungsplan mit erarbeiten. Wichtig für die Teilnehmer war sein Hinweis, dass die naturnahe Umgestaltung im Konsens und auf der Basis von Freiwilligkeit zu Wege gebracht werden soll. Das war denn auch für den Mitgastgeber Lars Klingbeil ein konstruktives Beispiel, wie es gehen kann.
„Das Raugerinne, dass die WSV plant, passt wegen der Uferbefestigung und dem Aufbau nicht gut zu einem Projekt wie der AllerVielfalt“, meint Hademstorfs Bürgermeisterin Ulrike Wiechmann-Wrede. Aber auch das andere Projekt, die Nutzung von Wasserkraft, sei nicht mit dem Raugerinne vereinbar. Die neue, verbesserte Technik stellte der Fachexperte für Grundwasserströmung und Hochwasserberechnungen der TU-Braunschweig, Dr. Lars Ostermann, vor. Auch die Bestrebungen, die Stahl-Hochleistungswasserradtechnologie zu verwirklichen gibt es seit langem. „In Hademstorf ist hierbei für die Weiterentwicklung der Technologie eine Pilot- und Demonstrationsanlage zum wirtschaftlichen Nachweis der neuen Technologie angedacht. Nach den bisherigen Berechnungen haben beide Standorte das Potenzial, 5,6 Millionen Kilowattstunden grundlastfähigen Strom aus der Kraft des Wassers zu erzeugen, ausreichend um 11 000 Personen zu versorgen, fasste Zinke zusammen. Weder Klingbeil verhehlt seine Sympathien für das Projekt noch Hademstorfs Bürgermeisterin: „Dafür gibt es einen breiten Konsens.“
Ostermann erläuterte die hydrogeologischen Grundlagen. Im Kreis werde immer weniger Grundwasser gebildet und der Spiegel auch unabhängig von den Dürresommern der vergangenen Jahre drohe weiter abzusinken. Für den Vertreter der technischen Universität war das ein Argument, die Aufstauungen der Aller beizubehalten, um eine Versteppung der Landschaft zu vermeiden.
Als Betriebsstellenleiter des NLWKN warnte Heiner Harting allerdings vor allzu einfachen Modellen. Wie mehrere Sprecher im Publikum wies der Verdener darauf hin, dass es künftig immer mehr darum gehen werde, Wasser zu halten und nicht abfließen zu lassen. Das müsse berücksichtigt werden. kle