Firmen besorgt wegen Amazon in Achim: „Wir werden Mühe haben, unsere Leute zu halten“

Dauert zwar noch ein halbes Jahr, ehe tatsächlich die Bagger auf dem Amazon-Gelände rollen, aber schon jetzt zeichnet sich ab, es wird nicht nur zu einer neuen Stadteinfahrt und neuen Qualität der Verkehrsdichte im Osten Achims kommen, es wird sich vor allem auch der Arbeitsmarkt massiv verändern. Und das nicht erst irgendwann.
Firmen der Region sind wegen Amazon-Ansiedlung besorgtStandort für Versandriesen ist auf 2.000 Beschäftigte ausgelegtAmazon wird voraussichtlich überdurchschnittliches Gehalt zahlenFür Firmen wird es schwierig, ihr Personal zu halten
Achim - „Wir gehen davon aus: Ab dem dritten Quartal wird Amazon mit der Personalsuche beginnen“, sagt Harald Büge von der Arbeitsagentur Verden. Das hieße: ab den Sommerferien. Auf rund 2.000 Beschäftigte ist der kommende Standort an der A 27 ausgelegt.
In einigen Firmen der Region, besonders in Achim, geht bereits die Sorge um. „Wir werden Mühe haben, unsere Leute zu halten“, heißt es schon vereinzelt. Der Bammel ist nicht unbegründet. „Wir halten Kontakt zur Arbeitsagentur Winsen, dort ist zuletzt ein Amazon-Center entstanden“, sagt Büge, „das war und ist eine besondere Herausforderung.“ Auswirkungen habe die Ansiedlung des Versandriesen nicht nur auf vergleichbare Unternehmen, sondern auch auf Gastronomie, Hotelerie und Logistik-Unternehmen.
Amazon zahlt mehr als Mindestlohn
Die Vorgehensweise der Amazon-Personalbüros kennt man bereits an der Aller. „Sie werden sich den örtlichen Arbeitsmarkt anschauen, sie werden das Lohngefüge sondieren, sie werden mit ihren Gehalts-Angeboten leicht über dem Durchschnitt liegen.“ Ein Irrglaube sei es jedenfalls, Amazon werde lediglich den Mindestlohn von gegenwärtig 9,35 Euro pro Stunde zahlen. „Da gehen sie in der Regel drüber.“
Und das auf einem Arbeitsmarkt im Landkreis Verden, der weiterhin abgegrast ist. Die Arbeitslosenquote rutschte im Dezember auf paradiesische 3,6 Prozent, sogar der bisherige Primus südlich Bremens, der Landkreis Diepholz (3,9 Prozent), ist inzwischen abgelöst. Für Büge gibt‘s da nur noch eine Lösung: „Wir werden bei der Suche nach Arbeitskräften nicht nur auf den Raum Achim/Verden setzen, sondern vor allem auch Kontakt nach Bremen aufnehmen.“
Mitarbeiter „müssen Amazon cool finden“
Wer künftig von der Autobahn-Auffahrt Achim Ost in Richtung Stadt unterwegs ist und dann fix aufs Riesenareal im Ueser Feld abbiegt, dessen Qualifikationen sind relativ klar definiert und auch bekannt. „Die kommenden Mitarbeiter sollen sich in guter körperlicher Verfassung befinden“, so Büge, „sie müssen fit sein, sie müssen sich bücken können, und sie müssen der deutschen Sprache mächtig sein.“ Dies vor allem, um die Sicherheitsvorkehrungen zu kennen und die Anweisungen auf den Lieferzetteln zu deuten. Besonders aber „müssen sie Amazon cool finden.“ Die Einstellung zu Job und Unternehmen sei beim US-Onlineriesen immer noch eine wichtige Einstellungsvoraussetzung.
Eine vage Möglichkeit, auch aus dem abgefrühstückten Arbeitsmarkt Verden/Achim noch Kräfte zu gewinnen, bestehe aber doch, so Büge. Unter Umständen käme der Hartz-IV-Personenkreis in Frage. Hier konnten im zurückliegenden Jahr bemerkenswerte Erfolge gefeiert werden. Die Zahl der betroffenen Menschen sank kreisweit um satte 500 auf noch 7000. Unklar lediglich, ob von den Verbliebenen irgendjemand tatsächlich in Frage kommt. „Spezielle Vorbereitungs-Kurse sind jedenfalls nach aktueller Sachlage nicht möglich.“