„Parkplätze auf den Verdener Allerwiesen“

Der Verdener Stadtrat verschiebt die Entscheidung über den Parkhaus-Abriss mit großer Mehrheit auf den Herbst.
Verden – Spektakuläre Wende bei einem der meistdiskutierten Themen der Stadt. Der Abriss des Parkhauses an der Brückstraße ist doch noch nicht beschlossene Sache. Der Stadtrat vertagte das Thema auf seiner jüngsten Sitzung in den Herbst und spielte zudem der Stadtverwaltung den schwarzen Peter zu. Sie möge zunächst mal für ausreichend Parkraum sorgen, ehe die Beseitigung der maroden Immobilie gerne noch einmal auf die Tagesordnung gerückt werden könne. Gleichzeitig zeichnete sich ab: Beim ebenfalls kontrovers behandelten Wegfall der Parkplätze an der Ostertorstraße sind auch noch nicht alle Messen gelesen.
Keine Frage, es war die Stunde der CDU. Deren Fraktionschef Jens Richter wies etwa auf jenen weißen Schaltkasten vor der Kreissparkasse hin, der sich wie berichtet als Vorbote einer Ladestation für Lastenräder entpuppte, und das, obwohl Verdens Politik ausdrücklich noch kein grünes Licht für Fahrradparkplätze und Bänke anstelle der Autoparkplätze gegeben hatte. „Da sind Tatsachen geschaffen worden“, monierte Richter. Bürgermeister Lutz Brockmann räumte ein, er sei tiefunglücklich mit dem Aufbau des Schaltkastens. „Sollte sich der Stadtrat gegen die Fahrrad-Maßnahmen entscheiden, wird die Box zurückgebaut“, so das Stadtoberhaupt. Die Bauarbeiten an der Stelle seien jedenfalls eingestellt, die Bauarbeiter abgezogen.

„Stochern bei den Parkplätzen im Nebel“
Einen nächsten Vorstoß startete der Fraktionschef der Christdemokraten beim Themen-Komplex rund um den Abriss des Parkhauses an der Brückstraße. In fünf Punkte war der Tagesordnungspunkt gegliedert. Erstens nehme der Rat zur Kenntnis, das Parkhaus sei marode, zweitens müsse es abgerissen werden, drittens würde die Fläche beim Neubau der Südbrücke als Baueinrichtungsfläche genutzt, viertens diene die Fläche später unter anderem einem breiteren Radweg aus Richtung Hönisch und fünftens seien Ersatzparkplätze zu schaffen. Richter sprach sich dafür aus, den Punkt zwei zu streichen, den Punkt zum Thema Abriss. Seine Begründung: „Es besteht Konsens, in der Süderstadt fehlen Parkplätze. Jetzt sollen weitere beseitigt werden, aber wir stochern im Nebel, wo sie entstehen können.“ Er empfehle, die Entscheidung über den Abriss erst dann zu treffen, wenn das Ergebnis der Suche feststehe.
SPD und Grüne mit Zwischenberatung
Ein Vorschlag, der auf der anderen Seite des Ratssaales Unbehagen auslöste. Die Grünen baten um eine Unterbrechung, um sich absprechen zu können, die SPD auch. Letztlich folgten sie dem CDU-Antrag. 27 Stimmen dafür, fünf dagegen, zwei Enthaltungen.
Wohin die Reise gehen könnte, hatte der Bürgermeister zuvor ausführlich erläutert. Er sehe den Parkhaus-Abriss im Zusammenhang mit dem Südbrücken-Neubau, erklärte Brockmann. Der Abriss sei entsetzlich, es fehlten dann 100 zusätzliche Parkplätze, gleichzeitig müsse eine Lösung für die tausenden Fahrzeuge täglich, die die Brücke passierten, gefunden werden, eine Lösung für immerhin eine Bauzeit von anderthalb Jahren. Beides sei wichtig, er aber, so Brockmann, priorisiere die Verkehrsabwicklung. „Verden muss auch weiterhin von der Weserseite aus gut erreichbar bleiben.“
Neue Maßnahmen nicht kostenlos
Und er erklärte, in der Kürze der Zeit, bis zum Herbst nämlich, könne keine komplett neue Maßnahme auf den Weg gebracht werden. „Wir können uns nur innerhalb der bestehenden Bauleitplanung bewegen.“ Eine der Möglichkeiten nannte er schon mal. Brockmann: „Der Stadtkämmerer ist ein gutes Beispiel. Er pendelt täglich von Westen in die Stadt. Er könnte sich vorstellen, die oder den letzten Kilometer mit dem Fahrrad zurückzulegen.“ Wo allerdings die dann notwendigen Parkplätze entstehen könnten, so konkret wurde Brockmann dann doch nicht. Aber immerhin: „Wir werden Maßnahmen entwickeln, die längerfristig Bestand haben, und es werden Maßnahmen sein, die Geld kosten.“ Dabei seien möglichst viele Interessengruppen zu berücksichtigen, Innenstadt-Kunden genauso wie Anwohner und wie Pendler.
Henning Wittboldt-Müller wurde sogar noch konkreter. Den Domplatz brachte er ins Spiel, zur Not jedenfalls und für einen überschaubaren Zeitraum. Sogar die Allerwiesen nannte der FDP-Fraktionschef. „Ich könnte damit vorübergehend leben. Natürlich wäre das FFH-Gebiet keine Parklösung auf Dauer, aber eine Baustraße geht ja für einen Zeitraum von mehreren Jahren auch.“ Er spielte auf die Zufahrt zur Baustelle der Nordbrücke an, die über die gesamte sogenannte Allerinsel führt.
Nur auf den ersten Blick ein Burgfrieden
Mit dem Abstimmungsergebnis kehrt die Stadtpolitik auf den ersten Blick zu einer Art Burgfrieden zurück. Zu jener schönen heilen Welt, die über Jahre hielt. Aber eben nur auf den ersten Blick. Erste Risse zeigten sich schon jetzt. Er sehe den Sinn nicht, die Abriss-Entscheidung zu vertagen, sagte etwa Dr. Werner Reichmann von den Grünen. Zwar könne er letztendlich noch mit dem halben Jahr leben, aber generell müsse schon mal darüber nachgedacht werden, ob es immer noch Sinn mache, das Angebot zu erweitern, das Parkplatz-Angebot, oder ob es endlich auch mal darum gehe, die Nachfrage zu regulieren. „Wir müssen langsam anfangen, auch mal über was anderes nachzudenken, als immer nur Autos.“
Zweifel auch bei der SPD. Sie sei bereit, der anderen Ratssaalseite die Hand entgegenzustrecken, sagte Claudia Schlosser, aber: „Der Sinn erschließt sich mir nicht.“ Sollte im kommenden Herbst der Abriss-Beschluss tatsächlich fallen, werde es eng, schon ein Jahr danach die Fläche so freigeräumt zu haben, dass dann der Neubau der Südbrücke komfortabel starten könne.
Und so hat im Grunde der Countdown für einen nächsten Showdown bereits begonnen. Sollte es der Stadtverwaltung nicht gelingen, eine großräumige Parkplatz- oder Sonstwie-Lösung auf den Weg zu bringen, was schwierig genug ist, dann steht der Stadt ein heißer Herbst bevor. Die vergangenen Tage mit immer neuen Anwürfen, mit Ängsten der Anwohner, der Geschäftsleute, mit Leserbriefen ohne Ende und immer neuen Verästelungen, er dürfte nur ein kleiner Vorgeschmack dessen gewesen sein, was noch droht.