Die Kern-Frage: Bauausschuss Thedinghausen befasst sich erneut mit Gebiet westlich der Syker Straße

Um das Projekt „neuer Ortskern“, das seit einiger Zeit nicht recht voran kommt, ging es erneut in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses des Thedinghauser Gemeinderats. Ein externes Planungsbüro soll engagiert werden. Am Donnerstag befasst sich der Rat wieder mit der Entwicklung.
Wo ist eigentlich das Zentrum des Ortes Thedinghausen, der Ortskern? Guckt man von außen drauf, ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten. Historisch gesehen bietet sich in den meisten Orten und Städten zunächst die Kirche an – oftmals das älteste Gebäude der jeweiligen Gemeinde. Andere sagen: Das Rathaus ist ein Mittelpunkt. In Thedinghausen liegt beides schon mal nahe beieinander.
Wiederum andere sind der Meinung, dass da, wo der Markt stattfindet, das Zentrum ist. Hier trifft man sich, tauscht sich aus, hier kauft man ein. Und hier wird es schon kniffliger: In Thedinghausen ist der neue „Treffpunkt Wochenmarkt“ vor Kurzem erst ins Leben gerufen worden: am Rathaus, auf dem „neuen Marktplatz“, könnte man rein praktisch und funktional sagen. Gleichzeitig heißt die Bushaltestelle am „zentralen“ Omnibusbahnhof in Thedinghausen? – Richtig: Marktplatz. Es ist also alles nicht so einfach.
Und so uneindeutig wie dieses Gedankenspiel ist, so sehr wird auch in der Thedinghauser Politik und Verwaltung um die Zukunft des Ortskerns gerungen. Im Zuge dessen werden Fragen erörtert wie: Was braucht der Ort in Zukunft? Was wünschen sich die Einwohnerinnen und Einwohner? Was gibt es bereits wo, und was kann und sollte wo neu angesiedelt werden?

Und da deutet die Diskrepanz zwischen namentlichem und faktischem Marktplatz schon in die Richtung, um die es seit einigen Jahren in der Diskussion um den Ortskern Thedinghausens geht: Der ZOB, die Haltestelle „Marktplatz“, liegt an der Syker Straße, umrahmt von Nahversorgung: Supermärkte, Getränkemarkt, Bäckerei. Hier setzt eine weitere mögliche Definition eines Ortskerns an: Da, wo es die meisten Geschäfte gibt. Die Lebensmittelversorgung ist in Thedinghausen an der Syker Straße so gut wie nirgends sonst. Und von hier aus, nur noch ein kleines Stück weiter in Richtung Westen, kommt man in das Gebiet, das seit einigen Jahren in der Politik unter dem Arbeitstitel „Neuer Ortskern“ behandelt wird und in dessen nördlicher Nachbarschaft sich Baukräne drehen und Wohnbebauung in die Höhe wächst. Um dieses Projekt, das seit einiger Zeit nicht recht voran kommt, ging es erneut in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses des Thedinghauser Gemeinderats.
Die Verwaltung, namentlich Bauamtsleiter Frank Bielefeld, möchte ein externes Planungsbüro mit der Entwicklung des Gebiets westlich der Syker Straße beauftragen, um das Thema neuer Ortskern wieder anzuschieben und die dortigen Möglichkeiten und Bedarfe auszuloten. „Neustart des Prozesses neuer Ortskern“ ist deshalb auch der Tagesordnungspunkt überschrieben gewesen. Im Raum stehen, wie von dieser Zeitung im Februar nach der damaligen Sitzung des Gemeinderats berichtet, Überlegungen für Einzelhandel, ein kulturelles und gastronomisches Angebot, überhaupt mehr Aufenthaltsqualität, wie es sie etwa entlang der Braunschweiger Straße, wenn überhaupt, nur sehr vereinzelt gibt. Anders als in der Vergangenheit sei es Bielefelds Ziel, dieses Mal zuerst die externen Fachplaner schauen zu lassen, „wie ein Quartier heute aus städtebaulicher Sicht aussieht“, erst im Anschluss eine Bürgerbeteiligung durchzuführen und dann das Projekt neuer Ortskern auf dieser Grundlage inhaltlich auszugestalten, also umgekehrt zu früherem Vorgehen.
Ralph Landwehr (CDU) wünscht sich eine „ergebnisoffene“ Vorgehensweise, die die Fragen berücksichtige, welche Anforderungen es in Thedinghausen gebe, und wo man was umsetzen könne. „Was wir verhindern wollen, ist, dass wir in 20 Jahren dieses Gebiet mit irgendetwas anderem bebaut haben, und dass wir dann sagen: Hätten wir mal vor 20 Jahren daran gedacht, dass wir ja einen neuen Ortskern brauchen. Das ist das einzige Ziel.“ Es gehe ihm nicht jetzt schon um eine neue Bauleitplanung für das Gebiet westlich der Syker Straße, sondern: „Andersrum – wir wollen gucken, was wir brauchen, und wenn wir das wissen, gucken, ob wir das alles schon haben, und wenn nicht, ob wir das in den bestehenden Gebieten machen können, und erst, wenn wir das nicht können, gucken, ob wir das da machen können.“
Christiane Siemer (Grüne Liste) schlug in dieselbe Kerbe und erinnerte an das Vorgehen auf dem heutigen Netto-Gelände, für das es schon einmal „einen städteplanerischen Entwurf für so etwas wie einen Ortskern“ gegeben habe. „Das wurde damals nicht weiter verfolgt. Aus dieser Erfahrung heraus ist die Vorgehensweise, die Herr Landwehr beschrieben hat, die richtige.“ Im Vordergrund sollte stehen, zunächst zu wissen, was Thedinghausen benötige, und was die Bürgerinnen und Bürger von einem Ortskern erwarten.
„Ich würde noch einen Schritt weiter gehen“, warf Heinz von Hollen (FDP / von Hollen) ein. „Wir sollten ein Planungsbüro suchen, das ohne Input von uns und irgendwelchen anderen Vorgaben da drauf guckt. Wenn das jetzt so neutral erarbeitet werden soll, wie Ralph Landwehr das geschildert hat, und das Gebiet gar nicht so in den Fokus genommen wird, finde ich das gut. Grundsätzlich sollen die erst mal einen Vorschlag machen“, so von Hollen, der inhaltlich noch nicht in die Tiefe gehen möchte, sondern ein Engagement eines Fachplanungsbüros als „ersten Aufschlag“ für das Thema neuer Ortskern sähe.
Was es zu verhindern gelte, so Ralph Landwehr, sei, etwas zu bauen, was am Ende niemand braucht und haben will. Insofern sei es je nach Ergebnis aus seiner Sicht auch eine Option, vom Gebiet westlich der Syker Straße „wieder runter zu gehen, wenn wir feststellen: Es ist alles gut so, wie es ist.“
Letztlich stimmte der Bauausschuss einstimmig dafür, dass die Verwaltung Angebote für eine externe fachliche Projektbegleitung einholt, wie es im Beschlussvorschlag steht. Dort heißt es weiter: „Die Kernkompetenz dieser externen Begleitung soll im Bereich der Stadtplanung / Quartiersentwicklung liegen. Die Entscheidung über das zu beauftragende Fachplanungsbüro wird zu gegebener Zeit durch den Rat der Gemeinde Thedinghausen getroffen.“ Und der tagt wieder am morgigen Donnerstag, 25. Mai. Im Zuge dessen befasst sich das Gemeindeparlament auch mit der Debatte für genau diese Entscheidung.
Von Christian Walter