Gerhard Koop wird Dienstag 100 Jahre alt

100 Jahre – diesen runden und wahrlich nicht alltäglichen Geburtstag feiert nun Dr. Gerhard Koop aus Oyten.
Oyten – Dass die kleine Angela gegen Ende der 60er-Jahre besonders oft Freundinnen zu Besuch hatte, war kein Zufall: Als erste weit und breit besaß die Familie Koop einen Farbfernseher – eine echte Attraktion. Das war natürlich Vater Gerhard zu verdanken, der in leitender Stellung bei der Bremer Niederlassung des Elektronikunternehmens Philips tätig war. Neben Familie und Karriere hat der Sport das Leben von Dr. Gerhard Koop geprägt. „Man muss für seinen Körper was tun, immer irgendwie aktiv sein“, erklärt er lächelnd. Ihm haben Bewegung und Aktivität ein Leben lang gutgetan: Am Dienstag, 14. März 2023, wird Gerhard Koop 100 Jahre alt.
Geboren wurde er am 14. März 1923 in Lüneburg. Dort wuchs er auf. Zum Studium der Betriebs- und Volkswirtschaft ging er nach Hamburg. Einer seiner Kommilitonen an der Universität war der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt – „ein Lieblingskind von Professor Schiller“, erinnert sich Gerhard Koop ganz genau. Vier Semester studierte er auch in Heidelberg. Seine Studiengebühren bezahlte er nach dem Krieg „mit Heizmaterial“. Bei den Repetitoren während der Examensvorbereitung waren als Tauschwährung „Zucker, Mettwurst und Lucky-Strike-Zigaretten“ besonders beliebt – und Gerhard Koop verfügte über eine Quelle: Die Eltern seiner jungen Braut Gerda führten in Lüneburg ein Lebensmittelgeschäft.
Kennengelernt hatten sich die beiden schon in der Schule, wo seine spätere Frau eine Klassenkameradin seiner Schwester war. Während des Studiums besuchte seine Auserkorene ihn anlässlich eines Stiftungsfestes in Hamburg –„aber auch unsere beiden Mütter stiegen mit aus dem Auto“, hat Gerhard Koop die Szene noch lebhaft vor Augen. Mit zwei Anstandsdamen im Gefolge konnte sich das junge Paar dann nicht so frei entfalten wie erhofft.
Vom Kriegsdienst war der junge Lüneburger weitestgehend verschont geblieben, nachdem er bei einem Arbeitsdienst in Kassel bei einem Luftangriff schwer verletzt worden war.
Ihre Hochzeitsreise nach der Trauung im Jahr 1947 machten Gerhard und Gerda Koop nach Heidelberg. Sozusagen als Geschenk zum Examen 1948 kam der erste Sohn Claus-Rainer zur Welt. Tochter Gerlinde folgte 1951. Beide wurden in Lüneburg geboren, wo Gerhard Koop nach dem Studium im Geschäft seiner Schwiegereltern arbeitete – bis er bei Philips anheuerte. Für den Elektronikkonzern war er in Verkauf, Vertrieb und Marktforschung tätig, zunächst in Hamburg, später in Stuttgart. Dort wurde 1960 Nesthäkchen Angela geboren.
1961 stand der nächste Umzug für die Familie an: „Ich sollte für Philips die Bremer Filiale auf Vordermann bringen“, erzählt Gerhard Koop. Glühlampen, Rasierer und Radios waren damals schon das Kerngeschäft – und dann wie gesagt die ersten Farbfernsehgeräte.
1968 tauschte die Familie ihre Wohnung in Bremen-Vahr gegen ein Eigenheim in Oyten. In ihrem Haus im damaligen Neubaugebiet an der Stader Straße lebten Gerhard und Gerda Koop, bis das Ehepaar vor sechs Jahren ins Alten- und Pflegeheim der Familie Rathjen am Triften übersiedelte. Gerda Koop starb vor elf Monaten kurz vor ihrem 95. Geburtstag.
Rund 75 Jahre waren die beiden verheiratet. Gerhard Koops 100-jähriges Leben ist reich an Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. „Wir waren nie die Typen, die morgens lange schlafen“, sinniert er, „und zum Krankwerden hatten wir keine Zeit.“ Wenn es nicht zum Schwimmen ins Achimer Hallenbad ging – wo Gerhard Koop die 800 Meter regelmäßig schneller kraulte, als es das goldene Sportabzeichen erforderte –, stand die Schutzhundarbeit mit dem Terrier der Familie an. „Und wir sind ganz viel gereist“, erzählt Gerhard Koop, „bis nach Israel und Südafrika.“ Zum Wandern, Skilaufen und Klettern („bis 4000 Meter hoch“) fuhren die Koops mehrmals im Jahr in die Südtiroler Berge.
Bei einer Tanzschule in Bremen tanzte das Ehepaar viele Jahre. Als Philips-Vertreter fuhr Gerhard Koop jedes Jahr zur Internationalen Funkausstellung nach Berlin, oft in Begleitung seiner Frau. Tanzabende gehörten dort zum Programm, und wenn das Oytener Ehepaar einen „Boogie-Woogie mit Figuren“ aufs Parkett legte, staunte die Gesellschaft nicht schlecht.
Heute geht der 100-Jährige gern und viel spazieren. Mit Tochter Angela geht er regelmäßig zum Essen aus. „Und ich lese viel“ – neben der Tageszeitung immer die Wirtschaftswoche. Wirtschaftsthemen haben ihn nie losgelassen: Als Rentner entschloss sich Gerhard Koop, an einer Straßburger Akademie noch einen Doktortitel in Handelswissenschaften zu erwerben. Seine Dissertation schrieb er über die Neuordnung des Systems der öffentlichen Einnahmen im Deutschen Reich 1919/20 – bestanden hat er „cum laude“, mit höchstem Lob.
Guten Kontakt pflegt Gerhard Koop zu seinen fünf Enkelkindern, denen er seinerzeit allen höchstpersönlich das Schwimmen beigebracht hat. Zehn Urenkelkinder gehören inzwischen zur Familie. Das elfte ist unterwegs. „Aber wir kriegen keinen Preis dafür, dass wir für so viele Arbeitskräfte sorgen“, sagt der 100-Jährige lachend.