Jetzt wird in Oyten geklotzt

Oyten – Kennen Sie NIPSILD? Nö? Macht nichts, die Methode aus dem Mentaltraining ist auch eher für besondere Herausforderungen gedacht – wie die seit Jahren aus unterschiedlichen Gründen nicht gelingende Geschäfts- und Wohnbebauung der Oytener Ortsmitte zwischen Haupt- und Jahnstraße, wo die Gemeinde städtebaulich ein neues Zentrum schaffen will. NIPSILD steht für „Nicht in Problemen, sondern in Lösungen denken“, und diese Strategie gegen das Verzweifeln gab Bürgermeisterin Sandra Röse am Mittwochabend für die Zielgerade aus, die nun in Sicht scheint: Einstimmig befürworteten die politischen Entscheidungsträger im zuständigen Fachausschuss des Gemeinderates einen baulichen Gestaltungsentwurf der Parc Bau GmbH für die Oytener Ortsmitte.
Der Projektentwickler und Bauträger aus Bruchhausen-Vilsen hatte sich zuletzt als einer von zwei Investoren um die Realisierung des Quartiers beworben und dafür zwei Entwürfe eingereicht. Die Vertreter der Fraktionen favorisierten den leicht reduzierten Entwurf von Parc-Bau-Student Jannis Brüns, der aber immer noch zehn massive mehrstöckige Gebäude vorsieht. Geplant sind rund 64 Wohneinheiten in Mehrparteienhäusern und über dem Discounter sowie Geschäftshäuser für Gastronomie, Büros, Praxen und die Oytener Gemeindebücherei. In der Mitte soll ein befestigter, baumbestandener Marktplatz als Treffpunkt und Veranstaltungsort dienen. Weitere 24 Wohnungen sieht der Planentwurf in drei Mehrfamilienhäusern auf dem benachbarten Areal des zum Abriss bestimmten Schützenhauses an der Jahnstraße vor.
Torsten Franz, geschäftsführender Gesellschafter von Parc Bau, räumte bei der Planvorstellung ein, man könne den Eindruck gewinnen, „dass wir alles mit Bauklötzen vollhämmern wollen“. Dem versuchte er mit einem atemlosen Vortrag über Visionen von einem zeitgemäßen Wohnquartier für alle Generationen in einem Ambiente mit Aufenthaltsqualität auch für Besucher entgegenzuwirken. Die Mitte solle ein „Magnet“ werden für alle Oytener, sagte Franz, der neben dem zentralen Marktplatz auch mit Hotel und Tiefgarage plant und für die Gastronomie bereits interessierte Pächter ankündigte.
Zwar sehen Politik und Verwaltung erklärtermaßen Potenzial für eine lebendige Ortsmitte in dem favorisierten Entwurf – allerdings sprengen dessen Dimensionen den vorgegebenen Rahmen: Der Bebauungsplan werde an vielen Stellen nicht eingehalten und müsste für die Umsetzung der Parc-Bau-Pläne geändert werden, erklärte Wolfgang Röttjer, Projektverantwortlicher im Bauamt der Gemeindeverwaltung. Kollege Michael Bruns sprach die technischen Herausforderungen bei der Entwässerung durch den Bau von Tiefgarage und Marktplatz an, die der Investor jedoch bereit sei zu lösen. Noch nicht gelöst sei die Zeitfrage: Angesichts der mit dem Parc-Bau-Plan einhergehenden weiteren Verzögerungen ist die Gemeinde Oyten auf eine weitere Fristverlängerung in der Städtebauförderung angewiesen, die laut Bürgermeisterin Röse noch mit dem Land zu verhandeln sei.
Die große Begeisterung für die neue Ortsmitte ist auch in der Politik verflogen. Vor allem geht es jetzt darum, endlich Pflöcke einzuschlagen. „Wir wissen, dass wir es dabei nicht allen recht machen können und dass das Vorhaben polarisiert, aber wir müssen auch mal fertig werden“, sagte Ausschussvorsitzender Dr. Kai Grönke (CDU) mit Blick auf die proppevollen Zuhörerreihen. Etwa 70 Interessierte verfolgten die Sitzung im Rathaussaal und einige machten aus ihrer Ablehnung des Großbauprojekts keinen Hehl.
„Seit über zehn Jahren doktern wir daran herum“, erinnerte CDU-Sprecher Bodo Becker. Er sei froh, dass heute ein Entwurf vorliege, den alle Fraktionen mittragen könnten. „Die Details klären wir später, die technischen Fragen sind heute zweitrangig. Heute entscheiden wir, was wir wollen“, sagte Becker. „Es wird Zeit“, pflichtete Ralf Großklaus (SPD) bei. Ansonsten mache sich die Gemeinde langsam lächerlich. Seinen Fraktionskollegen Marcus Neumann plagten dennoch Zweifel: „Wie lange dauert die Änderung des Bebauungsplans? Was kostet uns die Zeitverzögerung, wenn Fördergelder verfallen?“ Nur zwei der Fragen, die noch weitestgehend offen sind.
Dennoch gehen selbst die Grünen mit: „So gewollt haben wir das nie, aber wenn schon gebaut wird, dann auch unter voller Ausnutzung der Fläche“, signalisierte Sprecher Andreas Loth Zustimmung zu dem Entwurf des Parc-Bau-Studenten.
Insgesamt geriet der politische Austausch überraschend kurz, was wohl daran lag, dass sich die Fraktionen bereits vor Wochen in nichtöffentlicher Sitzung mit den Entwürfen beschäftigt und intern intensiv beraten hatten. Nicht überzeugt hatte Rat und Verwaltung die Planung des zweiten Bewerbers, des Architekturbüros Bade aus Steinhude. Das Unternehmen hatte die öffentliche Präsentation für Mittwochabend abgesagt: Weil sich die Verwaltung im Vorfeld der Sitzung offen für den Parc-Bau-Entwurf ausgesprochen habe, obwohl er sich nicht an die Planvorgaben hält, fühle sich der Mitbewerber benachteiligt, erklärte Bürgermeisterin Sandra Röse sinngemäß.
