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Rehkitzrettung: 29 Jungtiere vor Tod im Mähwerk bewahrt

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Von: Petra Holthusen

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Gerettet: Eines der im hohen Gras mit Drohnen-Hilfe aufgespürten Tierkinder. Fotos: Rehkitzrettung Fischerhude
Gerettet: Eines der im hohen Gras mit Drohnen-Hilfe aufgespürten Tierkinder. © Rehkitzrettung Fischerhude

Das erste mit Drohnen-Hilfe im hüfthohen Gras aufgespürte und vor dem nahenden Mähdrescher bewahrte Kitz war ein ganz besonderes für die Retter: „Wir hatten alle Tränen in den Augen vor Freude“, schildert Sarah Meyer diesen berührenden Moment im April.

Fischerhude - Der erste Erfolg beflügelte nochmal die Motivation. Die war sowieso schon hoch, genau wie die gespannte Erwartung: Dank des erstmaligen Einsatzes von zwei Drohnen mit Wärmebildkameras hoffte die von Sarah Meyer initiierte „Rehkitzrettung Fischerhude“, dieses Jahr viel mehr Tierkinder vor dem Tod im Mähwerk schützen zu können als früher bei der Suche zu Fuß. Und das gelang: 29 Rehkitze rettete das Team der rund 15 freiwilligen Helfer bei gut 20 Einsätzen von Ende April bis Juni in Fischerhude, Quelkhorn, Rautendorf und Sagehorn. Mehr als 60 Wiesen, deren Mahd die Landwirte jeweils am Vorabend ankündigten, suchten die Rehkitzretter frühmorgens mit Drohnen-Hilfe ab.

Kitzrettung: Spendenaktion ermöglicht Drohnen-Hilfe

Voriges Jahr hatten Sarah Meyer und ihr Mann Thorsten bei Streifzügen durch die Wiesen vor der ersten Mahd drei neugeborene Kitze vor dem Tod retten können. „Nur drei Kitze“ – das reichte der Fischerhuderin nicht bei all den tragenden Ricken, die sie gezählt hatte. Sie beschloss, die Suche nach den im hohen Gras versteckten Jungtieren effektiver zu machen und startete eine Spendenaktion im Ort, um eine Drohne mit Kamera kaufen zu können. Mit der lassen sich in einer Stunde zehn Hektar absuchen – zu Fuß mit bloßem Auge nicht mal einer. Meyers Initiative fand überwältigenden Zuspruch: Privatleute, Unternehmer, Landwirte und Jäger spendeten großzügig, so dass sie sogar zwei Drohnen anschaffen konnte. Mit Bernd Heitmann aus Otterstedt gesellte sich ein zweiter Drohnenpilot an Sarah Meyers Seite, und ihr Team der freiwilligen Helfer wuchs auf rund 15 Frauen und Männer.

Im Frühtau zu Felde sie ziehen ... 29 Kitze retteten die freiwilligen Helfer von April bis Juni vor dem Tod im Mähwerk.
Im Frühtau zu Felde sie ziehen ... 29 Kitze retteten die freiwilligen Helfer von April bis Juni vor dem Tod im Mähwerk. © Rehkitzrettung Fischerhude

Auch Hasen wurden gerettet

Zur Zeit des ersten Heuschnitts waren die Rehkitzretter zehn Tage am Stück frühmorgens – vor ihren beruflichen Jobs – im Einsatz: „Um 3.20 Uhr klingelte der Wecker, um 4.30 Uhr war Treffen“, erzählt Sarah Meyer, „das war schon manchmal hart.“ Das Naturerlebnis in den Wümmewiesen bei Sonnenaufgang belohnte die Frühaufsteher. Allerschönster Lohn waren die mit High-Tech-Hilfe aus der Luft georteten Kitze. Signalisierte die Wärmebildkamera einen warmen Körper auf kühlem Boden, lotsten Drohnenpilot und Funker die Helfer zu der Stelle im Gras, wo eine Ricke ihr Kitz versteckt hatte. Ganz junge Tiere wurden vorübergehend unter einem Wäschekorb eingesperrt und mit Wimpelstangen sichtbar gemacht für die Mäher, die diese Stelle umkurven konnten. Größere Kitze wurden aufgescheucht und vertrieben. Neben 29 Rehkitzen wurden so übrigens auch 14 Hasen gerettet, wie Sarah Meyer dokumentiert hat.

Wolf: Auch Kitze werden zur Beute

Gerechnet hatte sie eigentlich mit mehr Rehkitzen auf den Wiesen, „da ich wochenlang die trächtigen Ricken beobachtet hatte“. Zwei tot aufgefundene Kitze, beide zur Hälfte aufgefressen, stützten ihre Theorie, dass so einige Jungtiere auch Beute des in Fischerhude gesichteten Wolfs wurden. Und „zwei Kitze wurden leider auf einer Wiese totgemäht, die wir zwar abgesucht hatten, auf der die Liegestellen zu dem Zeitpunkt aber leer waren“. Allerdings sei die Wiese dann erst gut acht Stunden später gemäht worden, und in der Zwischenzeit seien die Kitze dorthin zurückgelaufen.

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Zu schaffen machte den Tierschützern auch ein anderer Vorfall: „Eine Ricke wurde leider während der Geburt durch uns gestört und lief weg. Sie verlor dabei ihr Junges. Wir haben uns viele Vorwürfe gemacht, aber das war nicht vorherzusehen.“

Drohneneinsatz bei Sonnenaufgang über den Fischerhuder Wiesen.
Drohneneinsatz bei Sonnenaufgang über den Fischerhuder Wiesen. © Rehkitzrettung Fischerhude

Team ist mit erster Drohen-Saison hochzufrieden

Trotz alledem und auch zwischenzeitlicher technischer Probleme ist Sarah Meyer mit dem Rettungserfolg in der ersten Drohnen-Saison hochzufrieden: „Wir sind einfach happy.“ Dass die Rehkitzrettung Kreise ziehe, zeigten Anfragen aus Lübeck, Nienburg und Diepholz: „Aber da konnten wir natürlich nicht hinfahren.“ Nicht mal in Fischerhude seien für die Ehrenamtlichen alle Flächen zu schaffen, die ja fast alle gleichzeitig gemäht würden. Fürs Frühjahr 2020 arbeitet Sarah Meyer schon an der nächsten Ausbaustufe der Rehkitzrettung: Die Anschaffung einer dritten Drohne, das Werben um weitere frühmorgendliche Helfer und eine noch bessere Zusammenarbeit mit den Landwirten vor allem beim zweiten Heu- und Siloschnitt des Jahres stehen auf ihrem Aufgabenzettel. Um ihre Herzensangelegenheit weiter entwickeln und zum Beispiel Fördergelder bei der Bingo-Umweltstiftung beantragen zu können, plant sie für den Herbst die Gründung eines Vereins.

Kontakt und Spenden

Wer sich über das Projekt Rehkitzrettung Fischerhude informieren oder es unterstützen möchte, erreicht Initiatorin Sarah Meyer unter Telefon 0170 / 3311992 und über ihre Homepage www.rehkitzrettung-fischerhude.jimdosite.com. Das Spendenkonto für weitere technische Anschaffungen läuft auf den Namen von Sarah Meyer, Verwendungszweck „Rehkitzrettung Fischerhude“, bei der Kreissparkasse Verden, IBAN: DE 56 2915 2670 0020 355624. Auch weitere Helfer sind für nächstes Jahr willkommen, wenn mit drei Drohnen nach Kitzen gesucht werden soll.

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