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„Guter Draht“ macht Druck

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Von: Petra Holthusen

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Unterschriftenübergabe
241 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die für eine minimierte Strahlenbelastung ein Mobilfunkvorsorgekonzept von der Gemeinde Ottersberg fordern, übergaben (v.r.) Mareke Janssen, Elisabeth Jeß-Knecht und Michael Knecht an Bürgermeister Tim Willy Weber. © Holthusen

Ottersberg – „Weil es wichtig ist, dass die Bevölkerung geschützt wird vor möglichen Gefahren durch Mobilfunk“, so Sprecherin Elisabeth Jeß-Knecht, verlangt die Bürgerinitiative „Aktion Guter Draht Ottersberg“ von der Gemeinde ein Vorsorgekonzept. Mit ihrer Unterschrift fordern 241 Einwohner den Gemeinderat und die Verwaltung zum Handeln auf. Die dicke Mappe mit den gesammelten Unterschriften und den damit verbundenen Forderungen übergaben Elisabeth Jeß-Knecht, Michael Knecht und Mareke Janssen von der Bürgerinitiative am Mittwoch im Rathaus an Bürgermeister Tim Willy Weber.

Mehr als 100 wissenschaftliche Studien weltweit belegen laut Jeß-Knecht, dass künstlich erzeugte elektromagnetische Felder wie beim Mobilfunk schwächend und schädigend auf den menschlichen Organismus wirken können. Noch nicht angemessen erforscht seien die Auswirkungen der hohen Frequenzen beim neuesten Mobilfunkstandard 5G, die etwa für das autonome Fahren oder Smart-Home-Technologien benötigt würden und eine extrem hohe Dichte an Sendeanlagen erforderten. Auf EU-Ebene gebe es deshalb Wissenschaftler und Politiker, die einen Ausbaustopp für 5G fordern würden.

Mit einem Mobilfunkvorsorgekonzept hätte die Gemeinde eine Handhabe gegen Antennenwildwuchs und für mehr Gesundheitsschutz, meint die Bürgerinitiative. Damit könne sie bei künftigen Vorhaben der Mobilfunkindustrie im Flecken mehr Einfluss nehmen auf Versorgungsziele, Netzplanung, Standortauswahl und Reduzierung der Immissionen.

„Ein proaktives vorsorgendes Handeln der Gemeinde ist aus dem EU-weit gültigen Vorsorgeprinzip geboten“, untermauert Mareke Janssen. Nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass die Risiken von Mobilfunk und kabellosen Internetanbindungen in der heute allgegenwärtigen Produktwerbung ausgeklammert und damit verharmlost würden – „und das trotz einer Einstufung von WLAN durch die Weltgesundheitsorganisation als ,wahrscheinlich krebserregend’“, so Janssen. Die Website-Werbung der gemeindeeigenen Breitband-Gesellschaft BIN, die ein Kleinkind mit Handy am Ohr vor einem Laptop zeigt, bezeichnet die Biologin in diesem Zusammenhang als „kindeswohlgefährdende Kommunikationsbotschaft“.

Die „Aktion Guter Draht“ will erreichen, „dass sich Ottersberg zum mobilfunkvorsorgenden Handeln bekennt“. Das könne über einen Ratsbeschluss, Bürgerbeteiligungsverfahren und/oder einen Handlungsleitfaden der Verwaltung für künftige Entscheidungen in Sachen Mobilfunk und Internetversorgung geschehen. „Dieses mobilfunkvorsorgende kommunale Handeln könnte sogar ab sofort, auch ohne teure Gutachter, beginnen, indem vorhandene Finanzmittel und Investitionen entsprechend gesteuert und eingesetzt werden“, erklärt Mareke Janssen und nennt Beispiele: „LAN statt WLAN an Schulen und anderen öffentlichen Orten; Schulung der Versorgungsunternehmen zur Beratung pro strahlungsminimierender technischer Lösungen bei Routern und Verbrauchszählern; Vorfahrt für kabelgebundene Verbrauchszähler bei Strom, Wasser und Wärme; Aufklärung, Vorträge und Infomaterialien für die Bevölkerung ...“

Bürgermeister Weber sicherte der Bürgerinitiative zu, den Forderungskatalog an die Mitglieder des Kommunalparlaments weiterzuleiten. Weber brachte Verständnis für die geäußerten Sorgen zum Ausdruck, aber auch Zweifel an der wissenschaftlichen Studienlage: „Das ist nicht so eindeutig.“ Nach seiner Ansicht überschätze die Initiative zudem die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde: „Unser Einfluss ist nicht so hoch. Dass an bestehenden Sendeanlagen 5G installiert wird, ist nicht zu verhindern“, sagte Weber.

Dennoch, so erinnerte der Bürgermeister, habe die Verwaltung dem Gemeinderat im vorigen Jahr empfohlen, ein Mobilfunkvorsorgekonzept zu beschließen, das aber erst wirksam werden solle, wenn ein neuer Funkmast geplant werde. Die Entscheidung darüber hatte der Rat jedoch vertagt. Mit ihrer Unterschriftensammlung will die „Aktion Guter Draht“ Druck auf die Politik machen, die Thematik wieder ins Visier zu nehmen.

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