„Antiochia“ in Daverden schließt

Daverden - Von Wolfgang Hustedt. Der Flecken Langwedel wird erneut um eine Gaststätte ärmer. Am 31. Dezember, also schon übermorgen, schließt das Restaurant „Antiochia“, bekannt für seine arabischen Spezialitäten. Gut 17 Jahre betrieben Leyla und Josef Uyar dieses bei vielen Gästen beliebte Lokal. Zum Neujahrstag 2018 wird die Beleuchtung, bisher von weitem sichtbar, endgültig ausgeschaltet, womit eine fast 500 Jahre dauernde Wirtshaus-Geschichte zu Ende geht.
Der frühere „Alte Krug“ ist die älteste Gastwirtschaft in Daverden. Schon 1535 wurde in der ältesten Steuerliste der Kröger Johan genannt. 1568 taucht als Inhaber Johann Gercken auf, wohl der Sohn des Kötners Johan, zu dessen Zeit es noch keine Nachnamen gab. Als letzter Gerken übernahm Hermann Hinrich Gerken 1887 den Krug.
Das Wirtshaus lief trotz der vorhandenen Konkurrenz im Neddendörp. 1880 erkor es der frisch gegründete Schützenverein zum Vereinslokal. Auch viele Bremer, die die waldreiche Umgebung bei Daverden am Wochenende als Ausflugsziel nutzten, kamen in den „Alten Krug“.
Die Schützenfeste wurden zunächst im Festzelt, das im Garten des Wirtshauses errichtet wurde, gefeiert. Mehrere Pächterwechsel sorgten aber dafür, dass sich die Schützen die Gaststätte „Zum Treffpunkt“ als neues Vereinslokal suchten.
Im Mai 1898 unterzeichneten die bisherigen Eigentümer mit dem Pferdebahnkutscher Siegfried Flammann einen Kaufvertrag für die historische Gaststätte „Alter Krug“. Der neue Eigentümer änderte zwar nicht den Namen des Lokals, fügte diesem aber „Flammann“ hinzu, so dass die Besucher zukünftig zu „Flammann“ gingen. Die Gaststätte entwickelte sich zu einer anerkannten Größe in Daverden. 1930 ging Siegfried Flammann in Rente.

Nach einer Übergangszeit mit Verpachtung an Dietrich Elfers, dem Besitzer der Gaststätte „Zum Treffpunkt“, übernahm der Sohn des Eigentümers, Hinrich Flammann, 1936 den väterlichen Betrieb. Mit Kriegsbeginn musste Hinrich Flammann an die Front, seine Frau Grete meldete den Betrieb 1940 ab. Hinrich Flammann kehrte aus dem Krieg nicht wieder zurück. Die Gaststätte war durch Beschuss stark beschädigt worden. Nach Sanierungsarbeiten wurde der Schankbetrieb am 30. April 1948 wieder aufgenommen.
Grete Flammann heiratete zwei Jahre später Alfred Klein, der als neuer Wirt alle Hände voll zu tun hatte. Durch den Kanal- und bald darauf den Autobahnbau florierte die Wirtschaft, denn die dort einquartierten Gäste verbrachten die Zeit zwischen Schicht und Schlaf größtenteils in der Kneipe.
Als die Bauprojekte vollendet waren, stieg Klein 1962 aus und zog nach Bremen. Mehrere folgende Pachtverhältnisse verliefen unglücklich. Alfred Klein überredete seinen Stiefsohn Peter Flammann, den Betrieb zu übernehmen. Dieser sattelte vom Baggerführer zum Gastwirt um. Nach einer Renovierung eröffneten Peter und Irmgard Flammann Pfingsten 1967 die Gastwirtschaft neu. 1981 starb Peter Flammann plötzlich, die Ehefrau führte den Betrieb noch fünf Jahre weiter. 1986 gingen Tochter Monika und deren Ehemann Peter Förster an den Start.
Die weiteren Daverdener Gaststätten hatten inzwischen ihren Betrieb eingestellt, so dass „Flammann“ zum Lokal mehrerer Vereine wurde. Doch am 30. Juni 1998 schlossen auch Monika und Peter Förster die Pforten.
Am Silvesterabend ist Schluss
Im November 1999 eröffneten dann Leyla und Josef Uyar, die aus Oyten kamen, in dem historischen Gebäude ihr arabisches Speiserestaurant „Antiochia“. Das Traditionshaus „Alter Krug“ blieb somit erstmal erhalten. Die Uyars weckten dieses zu neuem Leben, denn viele Gäste waren von der arabischen Küche begeistert.
Doch die Zahl der Leute mit Lust auf orientalische Gaumenfreuden mitten in Daverden nahm im Laufe der Jahre konstant ab. „Die ältere Generation, die noch in die Gastwirtschaften ging, stirbt aus und die Jüngeren feiern lieber zu Hause“, sagt Josef Uyar. So entschlossen sich er und seine Frau zur Aufgabe des Restaurants. Am Silvesterabend ist Schluss, das „Antiochia“ schließt für immer.
In Daverden gibt es dann nur noch das „Waldschlößchen“, betrieben von Sohn Fidel Uyar. Im Laufe des nächsten Jahres wollen auch seine Eltern in das etwas außerhalb gelegene Haus ziehen, wo die Gäste weiterhin Leylas beliebten Butterkuchen genießen können.
An der großen Kreuzung in Daverden geht nichtsdestotrotz in wenigen Tagen ein Kapitel Ortsgeschichte zu Ende. Dass ein neuer Wirt das alte Gasthaus übernimmt, ist unwahrscheinlich, vermutlich wird schon bald die Abrissbirne kreisen.