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Ukrainer und Deutsche feiern in St. Andreas gemeinsam orthodox Heiligabend: Hoffnung auf Ende des Krieges

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Von: Christel Niemann

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Laeute stehen an, um zu einem Tisch zu gelangen, auf dem ein Bild steht.
Es war ein sehr emotionaler Moment, als sich die Gläubigen aufstellten, um sich der im Altarraum platzierten Ikone zu nähern. Waren sie an der Reihe, bekreuzigen sie sich, beteten, stellten ein Licht auf. Viele küssten die Ikone. © niemann

Verden – Nachdenkliche, vor allem tröstende Worte, verbunden mit der Aussicht auf Hoffnung, dass der Krieg endlich ein Ende finden möge, dazu feierliche Musik: mit einem Gottesdienst in der Verdener St. Andreaskirche, haben Deutsche und Ukrainer am vergangenen Freitagabend gemeinsam das Orthodoxe Heiligabendfest gefeiert, das am 6. Januar begangen wird. Dazu eingeladen hatten Superintendent Fulko Steinhausen und ein Team aus dem Sprachcafé der Landeskirchlichen Gemeinschaft (LKG).

Erwartungsgemäß war es eine sehr emotionale Feier, in deren Verlauf die Weihnachtsgeschichte auf Ukrainisch gelesen und die Ansprache des Superintendenten sowie die Fürbitten ins Ukrainische übersetzt wurden. Begleitet von Orgel- und Flötenmusik wurden Weihnachtslieder auf Deutsch und Ukrainisch gesungen, Kerzen entzündet und Mitglieder des Domchores trugen ebenfalls musikalisch zu dem ebenso festlichen wie besonderen Gottesdienst bei.

In seiner Predigt versuchte der Superintendent zu trösten und rief dazu auf, trotz des durch den Krieg verursachten Leids nicht hoffnungslos in die Zukunft zu blicken. „Heute ist der 317. Tag dieses furchtbaren Krieges, und vor einem Jahr haben Sie sich noch nicht vorstellen können, heute hier zu sein“, sagte er an die zahlreich erschienen Flüchtlinge. Weihnachten sei schließlich ein Fest des Friedens, ein Fest der Familie und so müsse es äußerst schmerzhaft sein, dieses Fest fern der Heimat und fern vieler lieben Menschen zu begehen. „Da ist es gut, sich an das erste Weihnachten zu erinnern“, folgerte Steinhausen. Er sprach von der Heimatlosigkeit, der einst schon Maria und Josef ausgesetzt waren. Erinnerte an Jesu Geburt in einem Stall in Bethlehem, einer Stadt, die damals von römischen Soldaten besetzt war, und an die entbehrungsreiche Flucht der kleinen Familie in das Nachbarland Ägypten. „Dieses Kind, Jesus, hat so viel Schlimmes erlebt. Was andere Menschen bis heute anderen antun; Jesus hat es erlebt“, sagte der Superintendent und schob sogleich die Frage nach, warum Gott solches zulasse? „Er will uns damit etwas sagen: Ich gebe die Welt nicht auf. Obwohl Ihr euch soviel Böses antut. Und wenn Gott die Welt nicht aufgibt, dann sollten auch wir es nicht tun“, meinte Steinhausen, für den das Weihnachtsfest – gleich ob es im Dezember oder im Januar gefeiert wird – vor allem ein Fest der Hoffnung ist. Denn Gott sei da und werde nicht zulassen, dass das Böse gewinnt. Und an die Flüchtlinge gewandt sagte er: „Der Krieg wird enden und das Licht und die Freude werden zurückkehren.“

Nach dem Gottesdienst kamen die meisten Besucher noch zu einem Imbiss im Turm der Kirche zusammen. „Es ist mehr ein symbolischer Akt, der an die ukrainische Tradition zum Swjatwetscher, dem Heiligabend, zwölf Speisen zu servieren, anknüpft“, meinte Michael Becker vom Orga-Team. „Hier vorne, das ist Kutja, ein süßer Brei, der aus gekochtem Weizen mit Honig, Nüssen, Mohn und Rosinen zubereitet wird und der nicht fehlen darf“, erklärte Natalli. In ihrer ukrainischen Heimat würden am Heiligabend in Anlehnung an die zwölf Apostel zwölf fleischlose Speisen beziehungsweise kleine Gänge mit ganz unterschiedlichen Gerichten serviert. Ein Gemüseborschtsch, ein herzhafter Eintopf aus Rote Beete oder gefüllte Teigtaschen (Varenyky) und auch Krapfen dürften dabei nicht fehlen, während Kutja das Essen, das zumeist im großen Kreis von Familie und Verwandten stattfindet, abrunde und vor allem bei Kindern sehr beliebt sei.

Im Turm der Kirche, zwischen dicken Balken stehen Leute um einen Tisch mit Leckereien und Getränken.
Im Turm der Kirche gab es im Anschluss an den Gottesdienst einen kleinen Imbiss und reichlich Schokolade für die Kinder. © Niemann, Christel
Ein Priester und eine Frau stehen an einem Rednerpult, vor dem eine Ukrainische Flagge hängt.
Nachdenkliche und tröstende Worte: Superintendent Fulko Steinhausen mit Übersetzerin Natalii. © Niemann, Christel

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