PPCM: Wenn das Mutterherz krank wird

Die Selbsthilfegruppe (SHG) Mutterherz hat in den Räumlichkeiten der Herzpraxis von Dr. med. Martin Krüger aus Dörverden ein kleines Filmprojekt durchgeführt. Die Mitglieder der SHG Mutterherz sind Frauen, die in der Schwangerschaft oder kurz nach der Entbindung an PPCM erkrankt sind. Die Peripartale Kardiomyopathie (PPCM) ist eine seltene und lebensbedrohliche Herzerkrankung, die in den letzten Wochen vor der Entbindung, während oder bis zu sechs Monate nach der Geburt ein plötzliches Herzversagen auslöst.
Dörverden – Ines Hollmann-Langenhop, Leiterin der Selbsthilfegruppe, erklärt: „Unser Anliegen ist es, die PPCM bekannter zu machen.“ Diese betreffe nicht nur Mütter mit einem kardiologischen Hintergrund, sondern auch Frauen, die vor der Schwangerschaft herzgesund waren. „In der Medizinischen Hochschule Hannover entdeckte man einen Zusammenhang zum Stillhormon Prolaktin und zu der schwangerschaftsbedingten Herzschwäche. Die MHH engagiert sich seit Jahren, die PPCM in den medizinischen Kreisen und darüber hinaus bekannter zu machen.“
Aufklärung über eine wenig bekannte Erkrankung
Und auch die Selbsthilfegruppe wolle gerne weitere Kanäle schaffen, um mehr Menschen anzusprechen. Deswegen der Videodreh. „Im ersten Video schildern wir Frauen unsere Erfahrungen mit der PPCM. Durch die persönliche Darstellung kann sich jeder, ob betroffen oder nicht, ein Bild von der Krankheit machen. Vielleicht merkt sich die eine oder der andere etwas aus unseren Erzählungen.“ Und behalte so die Krankheit im Hinterkopf.
Im zweiten Video erklärt der Dörverdener Kardiologe Martin Krüger die PPCM aus ärztlicher Sicht. „Wir sind ihm für seine Unterstützung sehr dankbar. Es sind wirklich tolle Videos geworden und das verdanken wir auch unserem Filmemacher Frank Bauer von Filmreich aus Bremen. Durch seine Professionalität hat er uns gut durch den Dreh geführt und den Videos einen besonderen Schliff gegeben.“
Nachdem Ines Hollmann-Langenhop selbst an PPCM erkrankte und mit der Diagnose alleine da stand, suchte sie im Internet nach betroffenen Frauen. „Leider blieb die Suche erfolglos.“ Dann entschloss sie sich, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Dabei bekam sie Unterstützung von Heike Hansmann von der Kontaktstelle für Selbsthilfe in Verden. So entstand 2020 die Selbsthilfegruppe Mutterherz. „Wir sind zwölf Frauen, die deutschlandweit über Video-Chat in regelmäßigem Austausch stehen.“
Wenige Wochen vor der Entbindung stieg der Blutdruck an
Zudem befindet sich bei Facebook eine Mutterherz-Gruppe mit 117 Frauen. „Wir stehen mit Frauen über Whatsapp in Kontakt und treffen uns jeden ersten Dienstag im Monat per Zoom. Im letzten Sommer waren wir mutig und haben uns für ein Wochenende mit unseren Familien getroffen. Das war ein Geschenk für alle, die dabei waren. Und das hat uns allen Kraft und Zuversicht gegeben.“ Der Austausch mit anderen Betroffenen sei den Frauen sehr wichtig. Außenstehende könnten sich nicht vorstellen, was die PPCM für die betroffenen Mütter und ihren Angehörigen bedeutet.
„Mit 36 Jahren brachte ich unseren Sohn auf die Welt. Es war eine wunderschöne Hausgeburt. Unsere Freude war unbeschreiblich. Allerdings konnte ich die Freuden des Mutterglücks nicht genießen.“ Ines Hollmann-Langenhop war zum Ende ihrer Schwangerschaft an PPCM erkrankt. „Wenn ich jetzt einen Blick in den Mutterpass werfe, sehe ich die Vorboten der PPCM ganz deutlich.“ Vier Wochen vor der Entbindung sei ihr Blutdruck langsam angestiegen, sie habe immer mehr Wasser eingelagert und sei auffallend müde gewesen.
„Zwei Wochen vor der Entbindung nahm ich weiter an Gewicht zu. Das äußerte sich über massive Wassereinlagerungen in den Beinen, meine Kompressionsstrümpfe konnten da nicht mehr helfen.“ Alltägliches sei auf einmal körperlich sehr anstrengend gewesen. Zudem habe sie unter starken Kopfschmerzen, Übelkeit, Kurzatmigkeit und Husten gelitten. „Der Husten hörte sich teils brodelnd an, es befand sich schon Wasser in meiner Lunge.“
Nach der Entbindung, nach dem ersten Stillen, fing mein Herz an zu rasen, nach jeden Stillen wurde es immer schlimmer.
Ihre Gynäkologin habe gesagt: „Bei Ihnen ist etwas im Argen. Was genau, kann ich nicht sagen, Sie gehören zur Abklärung ins Krankenhaus.“ Dort habe man den Grund für die Symptome aber nicht finden können. „Nach der Entbindung, nach dem ersten Stillen, fing mein Herz an zu rasen, nach jeden Stillen wurde es immer schlimmer.“ Die frischgebackene Mutter wurde immer schwächer. „Man kann sich vorher nicht vorstellen, wie es ist. Die ganze Kraft und Vorfreude in die Geburt zu geben – und im Anschluss kann man das eigene Baby nicht mehr halten und versorgen.“
Nach der Entbindung wurde Ines Hollmann-Langenhop in drei verschiedene Krankenhäuser gebracht. „Damit ich die Fahrt nach Bremen schaffte, wurde ich in ein künstliches Koma gelegt. Mir wurde das Wasser aus der Lunge gezogen. An Muttertag holte man mich aus dem künstlichen Koma und ich kam in eine Herzklinik. Dort wurde ich auf die PPCM behandelt. Nach zwei Wochen wurde ich mit einer Defibrillatorweste nach Hause entlassen.“
Im Zweifel Herzultraschall und Bluttest machen lassen
In den ersten Wochen und Monaten sei sie sehr engmaschig durch vom Dörverdener Arzt Martin Krüger untersucht worden. „Die Einnahme von Herzmedikamenten ist bei mir weiter erforderlich. Zudem besuche ich regelmäßig die Kontrolltermine.“
In der Medizinischen Hochschule Hannover nehmen die Frauen von Mutterherz derzeit an einer Studie teil, um die PPCM-Forschung zu unterstützen. „Unser Wunsch ist es, dass jeder Arzt, jede Ärztin bei den besagten Symptomen an die PPCM denkt. Und im Zweifel ein Herzultraschall und einen Bluttest machen lässt.“
Mit der Geburt hätten die Frauen Leben geschenkt, während ihr eigenes hinterher am seidenen Faden hing. „Wir haben es geschafft. Darum ist es uns so wichtig, dass wir unsere Erfahrungen weitergeben. Um irgendwo einer Mami so etwas ersparen zu können.“
Die Videos befinden sich auf dem Youtube-Kanal https://youtube.com/@ppcm-mutterherz. Viele weitere Informationen finden Betroffene und Interessierte auf der Website der Selbsthilfegruppe ppcm-mutterherz.de.