Verdener Sondengänger helfen bei Cold Case

Eine Cold-Case-Einheit der Polizei in Lüneburg rollt einen 33 Jahre alten Mordfall neu auf. Ermittler bitten bei „Aktenzeichen XY“ um Hinweise. Und es kommt zu umfangreichen Untersuchungen des Tatortes und seiner weiteren Umgebung. Mit dabei sind auch Ehrenamtliche aus dem Kreis Verden, die das Gelände mit Sonden absuchen.
Verden/Lüneburg – Mehr als 5,9 Millionen Menschen sahen am vergangenen Mittwoch „Aktenzeichen XY“ und hörten den eindringlichen Appell des Lüneburger Polizisten Lars Alznauer, sich zu melden, wenn es um Hinweise geht zum Mord an Gitta Schnieder.
Jogger hatten die Leiche der frühpensionierten Lehrerin, Ehefrau und Mutter am Abend des 10. April 1989 in den Staatsforsten Lohberg nahe Buchholz in der Nordheide gefunden. Die 45-Jährige war durch einen Messerstich getötet worden. Wer den Mord begangen hat, ob es sich um einen aus dem Ruder gelaufenen Raub handelte, um eine Beziehungs- oder eine Zufallstat, alle diese Fragen kann die Polizei bis heute nicht beantworten.

Kriminalhauptkommissar Alznauer ist Mitglied einer erst im vergangenen Jahr gegründeten Cold-Case-Einheit, die den 33 Jahre alten Fall wieder aufgerollt hat. Teil der neuen Ermittlungen war eine umfangreiche Absuche eines etwa zehn Hektar großen Waldgebietes. Daran beteiligt waren auch acht ehrenamtliche Sondengänger aus dem Landkreis Verden, unter ihnen Martin Rodenburg aus Barme.
Der 57-Jährige hat viel Erfahrung im Umgang mit den Metalldetektoren. Der Barmer hat etliche Kurse besucht, unterstützt das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege bei der Ausbildung von Sondengängern. Der Einsatz jetzt aber, sei für ihn und seine Mitstreiter ebenso wie für die Polizei Neuland gewesen, sagt er. Und er fügt hinzu: „Es ist uns eine Ehre!“
Der Kontakt zwischen Sondengängern und der Cold-Case-Einheit sei über den Lüneburger Bezirksarchäologen Dr. Mario Pahlow zustandege kommen, berichtet Rodenburg. Der Fachmann ist landesweit eingebunden in die Ausbildung der Sondengänger, verfügt also über sehr gute Kontakte zu diesen Geschichtsinteressierten. Und so waren schnell Freiwillige gefunden.
Ihre Aufgabe: tatrelevante Beweismittel zu finden, „die auch nach über 33 Jahren im näheren Tatortbereich aufgrund von kriminalistischen Analysen vermutet werden konnten“, so die Formulierung der Polizei.

Das Fachwissen der Sondengänger, ihre Erfahrungen, letztlich aber auch die von ihnen eingesetzte Technik sei eine wertvolle Hilfe für die Polizei gewesen, kommentiert Rodenburg den Einsatz. An vier Tagen suchten allein 50 Männer und Frauen den Boden mit den Metalldetektoren ab. Auch Mitglieder des THW, der Revierförsterei, der Denkmalpflege und natürlich die Polizei beteiligten sich an der großangelegten Aktion. Parzelle für Parzelle nahmen sie den Boden genau unter die Lupe.
Vier Funde als ermittlungsrelevant eingestuft
„Neben Unmengen von Unrat und Müll kamen alte Münzen, Goldschmuck, aber auch eine noch scharfe Phosphorgranate aus dem Zweiten Weltkrieg, die durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst gleich fachgerecht geborgen wurde, zum Vorschein“, berichtet Martin Rodenburg. 150 sichergestellte Gegenstände zählte die Polizei am Ende und teilte mit: „Davon werden vier zum jetzigen Zeitpunkt als ermittlungsrelevant eingestuft.“
Worum es sich handelt, verraten die Ermittler derzeit nicht. Die Funde werden nun zunächst genauestens geprüft. „Wir hätten nicht zu hoffen gewagt, nicht nur durch Ehrenamtliche in diesem Umfang unterstützt zu werden, sondern so viele und vor allem durchaus auch tatrelevante Funde gemeldet zu bekommen“, zeigt sich der Leiter des Einsatzes, Kriminalhauptkommissar Thilo Speich, aber schon einmal zufrieden mit dem Verlauf.
Die Verdener Delegation sei ebenfalls nach getaner Arbeit mehr als zufrieden zurückgekehrt, so Rodenburg. Alle seien „beseelt von dem Gefühl, nicht nur ein sehr interessantes Hobby zu haben, sondern damit auch praktisch Gutes tun zu können.“
Nach der Ausstrahlung des Beitrages bei „Aktenzeichen XY“ seien zudem bis Donnerstagmittag 45 Zuschauerhinweise zum Mord an Gitta Schnieder eingegangen, berichtet die Polizei in Lüneburg. Sie alle würden „konsequent und akribisch mit der gesamten Bandbreite der kriminalistischen Möglichkeiten überprüft“, sagt Thilo Speich abschließend.