Mutter bricht zusammen – Vierjährige Zwillinge wählen Notruf

Zwei vierjährige Jungen aus Hülsen (Dörverden) haben einen kühlen Kopf bewahrt, als ihre Mutter bewusstlos zusammengebrochen ist. Dafür gab es vom DRK jetzt ein Geschenk.
Hülsen – Einer der Zwillinge habe den Notruf gewählt und erklärt, dass seine Mama am Boden liege, berichtete das Deutsche Rote Kreuz (DRK) am Freitag. Der Vorfall ereignete sich laut DRK bereits am 15. November um 16.15 Uhr.
„Das war ein Einsatz, der uns ewig im Kopf bleiben wird“, ist Dirk Oswald immer noch ganz beeindruckt. Das Verhalten von zwei kleinen Jungen bei einem Notfall zeige, wie wichtig es sei, bereits Kleinkinder mit Erster Hilfe vertraut zu machen. "Die Unbekümmertheit und das fokussierte Handeln der Zwillinge war überragend und lebensrettend zugleich“, urteilt der erfahrene Sanitäter vom DRK-Kreisverband.
Alarmierende Meldung: „Mama am Boden“
Rettungsassistentin Merle Blank und Dirk Oswald hatten Dienst auf der Rettungswache Verden, als der Notruf aus Hülsen einlief. Bereits die Meldung beschäftigte die beiden auf der Alarmfahrt: „Klein Johannes, vier Jahre, meldet: Mama am Boden“, lautete die Meldung der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle des Landkreises. Merle Blank: „Bei solchen Meldungen kann das alles oder nichts sein. Da fragt man sich zunächst, ob Kinder vielleicht am Telefon gespielt haben. Doch an diesem Tag war das komplett anders.“
Hülsen: Einsatzkräfte finden bewusstlose Mutter
Am Einsatzort war das Haus komplett dunkel, nur hinter einem Toilettenfenster brannte Licht. „Das ist immer sehr spannend. In diesem Moment entscheidet sich, in welche Richtung der Einsatz läuft“, umschreibt Merle Blank. Tatsächlich öffnete ein kleiner Junge die Tür und man stellte sich gegenseitig höflich vor. Das Kind berichtete, dass seine Mama im Wohnzimmer liegt und die Augen zu hat. Tatsächlich fanden Blank und Oswald Sandra Bossele bewusstlos auf dem Boden. Kein Erwachsener sei im Haus gewesen, nur noch Johannes’ Zwillingsbruder Fabian.
Notarzt nachalarmiert - Polizei übernimmt Betreuung
„Einen Notfallpatienten zu versorgen, ist Routine, nun hatten Merle und ich aber parallel noch die Aufsichtspflicht für die Vierjährigen“, beschreibt Oswald die Lage. „Für die Versorgung der Mutter haben wir den Notarzt nachalarmiert“, erinnert sich Blank. Die Betreuung der Kinder sollte die hinzugerufene Polizei übernehmen.
Vorerkrankung der Mutter: epileptische Anfälle
Während der Notarzt noch auf dem Weg war, konnten die beiden die Oma der Zwillinge ausfindig machen. Sie gab Hinweise zur Vorerkrankung der Tochter mit epileptischen Anfällen und brach sofort zu ihren Enkeln auf.
Zwillinge beweisen kühlen Kopf
„Die Zwillinge waren unglaublich. Die hatten überhaupt keine Berührungsängste zum gesamten Rettungsdienstpersonal, was absolut selten ist. So haben Merle und ich die beiden in die Notfallversorgung integriert und zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die Mutter wurde perfekt versorgt und wir hatten die beiden Jungs im Auge“, berichtet Oswald.
Notfallsanitäter kümmert sich um vierjährige Zwillinge
Bald konnte der Notarzt die Versorgung der Mutter übernehmen. Auf den Notfallsanitäter Andre Sempf wartete eine Aufgabe, die dann alles andere als Routine war. Bis die Oma die Kinder übernehmen konnte, war er zuständig. In zehn Jahren Rettungsdienst habe er so etwas noch nicht erlebt, erinnert er sich. Die beiden hatten den Notruf abgesetzt, die Helfer eingewiesen und mit Hingabe bei der Versorgung ihrer Mutter geholfen. „Als sie mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus transportiert wurde, war ich für sie von jetzt auf gleich, wie selbstverständlich, Erzieher und langjähriger Kumpel in einer Person. Selten habe ich mit so viel Freude Fußball gespielt oder Kindern das Blaulicht am Notarzteinsatzfahrzeug gezeigt“, resümiert der beeindruckte Helfer.
DRK überreicht außergewöhnlichen Jungs Geschenk
„Wir wollten unbedingt, dass die Jungs belohnt werden. Was die getan haben und wie liebevoll die mit ihrer Mutter umgegangen sind, das hat uns umgehauen“, sagt Dirk Oswald.
Für den Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes, Dirk Westermann, war es nach der Schilderung selbstverständlich, dass er der Bitte nachkommt. „An der Art der Nachricht konnte ich erkennen, dass in diesem Fall etwas ganz Besonderes vorgefallen sein muss. Sandra Bossele hat sich über meinen Anruf und die Absicht, ihre Zwillinge zu beschenken, sehr gefreut. Deutlich überwogen hat aber der Stolz“, berichtet er.
Mutter bereitete Zwillinge auf Ernstfall vor
Sandra Bossele hatte ihre Zwillinge schon sehr früh darin geschult, Hilfe zu holen. „Ich bin die meiste Zeit meines Lebens mit meinen Jungs zusammen und so war die Wahrscheinlichkeit immer sehr hoch, dass sie in meiner Nähe sind, wenn es mal zu einem Anfall kommt. Mir war wichtig, dass ich den beiden die Angst vor dieser Situation nehme, sie nicht in Panik verfallen und sie wissen, was zu tun ist. Darum haben wir diese Situation immer wieder spielerisch mit viel Spaß erarbeitet. Dass das dann auch so ausgeht, rührt mich zutiefst und macht mich wahnsinnig stolz. Damit möchte ich aber auch andere Menschen ermutigen, Kinder oder auch Enkel so früh wie möglich an solche Situationen heranzuführen “, appelliert Sandra Bossele.
Erste-Hilfe-Kurse
Der DRK-Kreisverband bietet regelmäßig Unterweisungen in Erster Hilfe an: als Grundkurs für Führerscheinbewerber oder Gruppenleiter, als Fortbildung, Erste Hilfe am Kind oder auch für Firmengruppen. Infos unter www.rotkreuz-verden.de und Telefon 04231/924528.