Zum Wohle der Wildvögel: Welchen Stellenwert Fütterung und Gartengestaltung im kalten März-Finale haben

Angesichts durchwachsener Witterung mit tiefen Temperaturen fragen sich Gartenbesitzer, ob Wildvögel Ende März eigentlich noch Fütterung brauchen, weil es kaum Insekten als Alternative gibt. Es ist eine Kann- und Je-nach-dem-Entscheidung. Viel wichtiger ist laut Nabu eine naturnahe Gartengestaltung.
Wenn Sonne, dann nur kurz, stattdessen immer wieder Regen-, Hagel- oder Schneeschauer, dazu Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Solch eine Witterung ist dann und wann durchaus nicht ungewöhnlich für Ende März. Viele Gartenbesitzer dürften sich angesichts von derzeit noch kaum aktiven Insektenbeständen dennoch fragen, ob die Wildvögel in ihren Gärten derzeit trotzdem schon genug zu fressen finden, oder ob sie – sofern sie es über den Winter taten – die Fütterung „ihrer“ Vögel noch aufrechterhalten sollten, bis es wärmer ist und genug Insekten als Futteralternative zur Verfügung stehen. Die Antwort darauf lässt sich nicht pauschal in ein simples Ja oder Nein fassen. Vielmehr müsste sie vor allem zwei Formulierungen beinhalten: „Die einen sagen so, die anderen so“ und „Kommt drauf an“.
Denn zum einen gibt es – und darauf weist auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) auf seiner Homepage hin – ohnehin grundsätzlich Verfechter beider Seiten beim Thema Winterfütterung. Die einen sind, wie viele Gartenbesitzer, der Meinung: Es ist gut, wenn kein Vogel verhungern muss. Die anderen finden, das Geld für Vogelfutter könne man sinnvollerweise besser in Naturschutzprojekte stecken, weil gefährdete Vogelarten andere sind und sich anderswo aufhalten als die, denen die Winterfütterung im Garten zugute kommt und von denen es genug gebe – wie etwa Meisen, Finken, Rotkehlchen und Drosseln. Da sei die „natürliche Auslese“ im Winter nicht so dramatisch.
Zum anderen kommt es darauf an, in welchem Umfeld sich der eigene Garten befindet: Liegt er in Bereichen, die nicht großflächig versiegelt sind wie mitten in der Stadt, sind vielleicht Grünflächen wie Wiesen, Felder und Hecken nebenan wie in der Achimer Marsch beispielsweise, finden Vögel dort logischerweise eher Nahrung als im urbanen Umfeld. Wenn in der Stadt wiederum benachbarte Gärten auch noch wenig naturnah gestaltet und durch das menschliche Auge hübsch aufgeräumt, gepflegt geschnitten und kurz gemäht sind – von sogenannten Schottergärten in der Nachbarschaft ganz zu schweigen – steigt im eigenen Garten die Nachfrage der Vögel nach Zufütterung.
Wenn man Vögeln was Gutes tun will, dann über die Gartengestaltung. Das heißt, auch Laub mal liegen lassen, nicht jeden Löwenzahn direkt ausstechen, mehr Wildwuchs zulassen.
So wie bei Sabrina Kernhoff von der Achimer Nabu-Gruppe: Sie wohnt urban in einem Umfeld, in dem sich die Nachbarschaft teilweise eher um Optik als um gute Bedingungen für Vögel und andere Tiere bemühe. Deswegen ist Kernhoff dazu übergegangen, die Vögel bei ihr im Garten sogar ganzjährig durchzufüttern. „Wir haben einen ausgesprochenen Vogelgarten. Wir haben bei uns Vögel ohne Ende“, sagt die Sprecherin der Achimer Nabu-Gruppe. Wermutstropfen an der Sache: Mancher Garten ringsum treibt die Tiere eben auch zu ihr. „Ganzjährig füttern müssten wir eigentlich nicht“, sagt sie daher auch. Wichtiger noch als die Fütterung an sich sei etwas Grundsätzlicheres: „Wenn man Vögeln was Gutes tun will, dann über die Gartengestaltung. Das heißt, auch Laub mal liegen lassen, weil darunter Insekten überwintern, nicht jeden Löwenzahn direkt ausstechen, mehr Wildwuchs zulassen und so Rückzugsräume schaffen und belassen.“ Außerdem sei es schlecht, wenn die Leute jetzt anfingen, ihre Gärten aufzuräumen und in den Frühjahrsputz-Modus zu schalten. „Das ist der völlig falsche Zeitpunkt. Man sollte sich da nach dem Wetter richten, nicht nach dem Kalender. Das ist oft Gedankenlosigkeit. Am Ende sieht der Garten zwar für uns Menschen top aus, aber im Grunde ist das eine Vernichtungswelle“ in Bezug auf die Lebensgrundlage von Insekten und Wildvögeln.
Was Sabrina Kernhoff hingegen als „Segen“ und „genial“ bezeichnet, ist die Nachtabschaltung der Straßenlaternen. Denn wenn diese leuchten – jedenfalls wenn es wärmer ist als jetzt – tummeln sich dort Insekten, weil sie vom Licht angezogen werden. Dabei würden sie sich völlig sinnlos verausgaben, während sie unaufhörlich ihre Runden ums Licht drehten, so Kernhoff. Währenddessen fänden sie natürlich keine Nahrung, würden immer schwächer und verendeten im Zweifel. Weniger Licht ist nach dieser Argumentation somit ein Beitrag für mehr Insekten und damit auch mehr Nahrung für Vögel.
Und Fluginsekten und andere tierische Nahrung wie Larven, Würmer, Spinnen, Schmetterlinge oder Wanzen brauchen Meise, Sperling, Drossel und Co. irgendwann auch wieder. Nicht zwingend für sich selbst, sondern vor allem für den Nachwuchs. Die Brut frisst nämlich kein Körnerfutter.
Ansonsten hängt das Füttern von Vögeln weniger am Wetter an sich. „Ich denke, die kommen schon klar“, sagt Kernhoff dazu. Schaden kann es dennoch nicht, und zudem ist eine Futterstelle auch immer eine gute Gelegenheit für Beobachtungen oder Fotos. Wer dabei übrigens Sorge hat – gerade in Achim – mit dem Vogelfutter Krähen anzulocken, dem empfiehlt die Fachfrau vom Nabu, eine Futterampel statt eines Häuschens zu verwenden und loses Futter möglichst nur kleinflächig an engeren Stellen am Boden auszustreuen, um sich keine Krähen in den Garten zu holen.
Von Christian Walter