Sozialer Wohnungsbau, passende Infrastruktur

Achim – Kleine, kostengünstige und barrierefreie Wohnungen fehlen in Achim. In den kommenden Jahren will die Stadt diesem Mangel, wie berichtet, durch den Bau von Mehrparteienhäusern vor allem in zwei neu entstehenden Siedlungen, dem Lieken- und dem Runken-Quartier, begegnen. Auch die Kreiswohnungsbaugesellschaft soll dazu einen Beitrag leisten. Und zwar am Rand des Runken-Geländes, am Roggenkamp, wo vor Kurzem eine Obdachlosenunterkunft der Stadt abgerissen wurde.
„Wir reden von zwei mal zwölf Wohneinheiten“, informierte Herfried Meyer, Mitglied des Aufsichtsrats der Kreisbau, seine Genossinen und Genossen von der SPD-Kreistagsfraktion am Mittwoch bei einem Ortstermin. Ihm zufolge sollen die geplanten zwei- bis dreigeschossigen, mit Wärmepumpen ausgestatteten Gebäude insbesondere Alleinstehenden, älteren und behinderten Menschen ein erschwingliches Dach über dem Kopf ermöglichen. Dazu seien auch Wohnungen unter 50 Quadratmetern erforderlich.
Dem Projekt stehen jedoch noch einige Knackepunkte im Weg. So ist laut Meyer die vorgesehene Zahl von 18 Autostellplätzen für die 24 Wohnparteien umstritten. „Und den Vorhabenträgern laufen die Kosten davon“, sagte Kreistagsfraktionschef Heiko Oetjen mit Blick auf die teuren Baupreise. Darüber hinaus mangele es vielfach an Handwerkern. Auch hätten sich mit Beginn dieses Monats die Förderrichtlinien für Neubauten verschlechtert, ergänzte Meyer und nannte das Stichwort „Kfw-Zins“.
Sozialer Wohnungsbau ist im Übrigen ein wesentlicher Baustein bei der Entwicklung der Stadt. Wenn die Bevölkerung wächst, müssen Politik und Verwaltung allerdings darauf achten, dass die Infrastruktur Schritt hält, etwa Kindergärten und Schulen in ausreichender Zahl und Größe zur Verfügung stehen. Ob alles im Lot ist oder ob Handlungsbedarf im Zeitraum bis 2035 besteht und gegebenenfalls an welchen Stellen, das geht aus einem für die Stadt Achim erstellten Gutachten des Instituts Kramer hervor. Damit befasst sich der Ratsausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Klimaschutz in seiner öffentlichen Sitzung am Dienstag, 14. März, um 17 Uhr im Ratssaal.
„Die Stadt Achim hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr dynamisch entwickelt“, stellt Stadtplanerin Christa Meiering zunächst mal fest. So habe der Wohnungsbestand von 2011 bis 2016, als Eigenheime an der Bierdener Kämpe, am Stadtwald und am Lahof wie Pilze aus dem Boden schossen, um rund sieben Prozent zugenommen. Ein Tempo, mit dem Rat und Verwaltung überfordert waren. Die nötige soziale Infrastruktur herzustellen, habe „nicht immer rechtzeitig“ geklappt, räumt Meiering in der Sitzungsvorlage ein.
Den Bedarf an zusätzlichem Wohnraum in Achim und auf der anderen Seite an Kapazitäten auf dem Kita-, Krippen- und Grundschulsektor gelte es in ein Gleichgewicht zu bringen. Hierzu sei 2018 das „Handlungskonzept zur Wohnraum- und Gemeinbedarfsentwicklung“ erarbeitet und beschlossen worden. Meiering zufolge sieht es „eine regelmäßige Evaluierung auf der Basis eines aktualisierten Bevölkerungs- und Gemeinbedarfsentwicklungsgutachtens“ vor.
Diplom-Ingenieur Peter Kramer hat dafür nach ihren Angaben eine Reihe von Daten herangezogen. Er habe sein eigenes Gutachten zur Bevölkerungs- und Gemeinbedarfsentwicklung in Achim von 2022 fortgeschrieben, aber auch die Kindertagesstättenbedarfs- und die Schulentwicklungsplanung der Stadt sowie ein überarbeitetes Wohnraumversorgungskonzept betrachtet.
Auf dieser Grundlage hat die Verwaltung laut Meiering „geprüft, inwieweit die für die nächsten Jahre geplanten wohnbaulichen Entwicklungen einen gesteigerten Bedarf an sozialer Infrastruktur verursachen, der nicht durch die vorhandenen und bereits konkret geplanten Neubaumaßnahmen im Kita- und Grundschulbereich abgedeckt werden kann“. Die Stadtplanerin fasst die „wesentlichen Ergebnisse“ wie folgt zusammen:
• Die beabsichtigte wohnbauliche Entwicklung verursacht keine über die in Angriff genommenen Projekte – Kita nördliche Innenstadt und Kita der Awo an der Magdeburger Straße – hinausgehenden Neubauten für Kinderbetreuungseinrichtungen.
• Zwischenzeitliche Kapazitätsengpässe in Kita / Krippe / Grundschule können durch Umnutzung von Räumen oder Umverteilung der Kinder gedeckt werden.
• Mit den geplanten Neu- und Umbaumaßnahmen kann ein bedarfsgerechter Ganztagsschulbetrieb bis 2030 an allen Grundschulstandorten umgesetzt werden.
• Zur Vermeidung von Bedarfsengpässen sollte auch zukünftig für jedes Bauvorhaben mit mehr als 20 Wohneinheiten eine individuelle gutachterliche Folgenabschätzung durchgeführt werden.
• Aufgrund der langfristig rückläufigen Bevölkerungsentwicklung sind über die bereits konkret geplanten Vorhaben hinausgehende Neubaumaßnahmen grundsätzlich zu vermeiden, sodass ein auf die vorhandenen Gemeinbedarfskapazitäten abgestimmter – gegebenenfalls gebremster – Realisierungsablauf für die Umsetzung von Wohnbauprojekten anzustreben ist.
Das Gutachten macht vornehmlich bei den Grundschulen Bierden und Uphusen Handlungsbedarf geltend, sie müssten dreizügig ausgebaut werden. Bei der Paulsbergschule, die die Stadt bekanntlich in einen Neubau für je zwei Klassen pro Jahrgang an der Lerchenstraße verlagern will, sollte wegen zwischenzeitlich steigender Schülerzahlen und aufgrund des Ganztagsbetriebs der Einzugsbezirk temporär zulasten der Astrid-Lindgren-Schule oder der Grundschule Bierden verkleinert werden. Für die beiden Gymnasien, die aus allen Nähten platzen, aber vom Landkreis getragen werden, sieht Kramer „dringenden Handlungsbedarf“.