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48 statt 600 Euro: Rasse bei Hundesteuer in Achim künftig unerheblich

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Von: Michael Mix

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Dürfen auf eine deutlich niedrigere Steuer für ihre Hunde hoffen: Kerstin Rode mit Diego und Jacqueline Knittel mit Oscar und Snow.
Dürfen auf eine deutlich niedrigere Steuer für ihre Hunde hoffen: Kerstin Rode mit Diego und Jacqueline Knittel mit Oscar und Snow. © mix

Der Vorstoß zweier Hunde-Halterinnen findet Anklang bei SPD und CDU: Nun will die Stadt Achim die Satzung ändern, um mehr Gerechtigkeit bei der Hundesteuer herzustellen.

Achim – Jacqueline Knittel, die einen American Staffordshire-Terrier und einen Pitbull-Mix besitzt, und Kerstin Rode, ebenfalls mit einem „Staffordshire“ an der Leine, können aufatmen. Die beiden Frauen, die sich bei der Stadt über eine „viel zu hohe, ungerechte“ Besteuerung ihrer Vierbeiner beschwert hatten, sowie andere Halterinnen und Halter von sogenannten Kampfhunden in Achim müssen künftig voraussichtlich keine 600 Euro pro Jahr und Tier mehr bezahlen, sondern in der Regel nur noch 48 Euro.

Denn die Verwaltung sowie große Teile der Politik, zumindest CDU und SPD, die beiden stärksten Fraktionen im Rat, wollen die geltende Hundesteuersatzung in diesem Punkt ändern. Das Thema steht auf der Tagesordnung des Finanzausschusses, der am Dienstag, 21. März, 17 Uhr, öffentlich im Ratssaal tagt.

„Besteuerung aufgrund der Hunderasse sollte aus der Satzung gestrichen werden“

„Eine Besteuerung aufgrund der Hunderasse sollte aus der Satzung gestrichen werden“, sagt Petra Geisler (SPD). Denn American Staffordshire, Bullterrier, Pitbull und Co. pauschal als gefährlich einzustufen, sei zu pauschal und nach neuesten Erkenntnissen von Behörden und Experten nicht mehr zeitgemäß. Die Stadt sollte sich in diesem Zusammenhang nicht mehr länger auf das Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz von 2001 berufen.

Geisler hat beantragt, die Satzung beim genannten Passus wie folgt neu zu fassen: „Für gefährliche Hunde beträgt die Steuer 600 Euro. Als gefährlich gelten Hunde, die auffällig geworden sind und für die dann eine Gefährlichkeitsfeststellung durch die zuständige Veterinärbehörde, hier des Landkreises Verden, ermittelt wurde.“

Für Letztere einen deutlich höheren Steuersatz als die 48 Euro pro Jahr für unauffällige Tiere zu erheben, stellt Geisler nicht infrage. „Auch als Instrument, das die Halter von vornherein präventiver agieren“, merkt sie an.

Gefährlichkeit allein aufgrund der Rasse anzunehmen ergibt keinen Sinn

Eine Gefährlichkeit allein aufgrund der Rasse anzunehmen und diese Hunde dann entsprechend höher zu besteuern, ergebe dagegen keinen Sinn. „Rasselisten wurden in den meisten Bundesländern, wie auch in Niedersachsen, bereits abgeschafft, aufgrund fachlicher Beratung und den Erfahrungen der Jahre des Bestehens dieser Listen.“ In vielen Kommunen sei die Praxis der höheren Besteuerung nach Rasse längst ersatzlos gestrichen worden.

Achim stütze sich dagegen bisher immer noch auf das mehr als 20 Jahre alte Hundeverbringungs- und Einfuhrbeschränkungsgesetz. Dieses regele jedoch einzig die Einfuhr bestimmter Rassen nach Deutschland, „es ist aber nicht als Grundlage für eine Gefährlichkeit heranzuziehen“, argumentiert Geisler, Vorsitzende der Ratsgruppe SPD, in ihrem Antrag an die Stadt. Auffälligkeiten würden jeweils im Einzelfall durch den Landkreis festgestellt.

„Nicht mehr zeitgemäß“: Pauschale Diskriminierung und Listenhunde gehören der Vergangenheit an

CDU-Fraktionschefin Isabel Gottschewsky schlägt in dieselbe Kerbe. „Eine pauschale Diskriminierung einzelner Rassen ist nicht mehr zeitgemäß“, urteilt die Christdemokratin.

In einem Gespräch mit Kreisveterinärin Dr. Christine Hoyer habe sie erfahren, dass es laut niedersächsischem Hundegesetz keine „Listenhunde“ mehr gebe, berichtet Gottschewsky. Es sei vielmehr so, dass nur nach einer Einzelfallbetrachtung ein Hund als gefährlich eingeordnet werden könnte. Dies wäre ihr zufolge beispielsweise der Fall, wenn es mehrfach zu Beißvorfällen kommt.

Satzungsänderung haben Halterinnen schon lange gefordert – nun kommt sie endlich

Eine Satzung nach solch einem Muster hatten Rode und Knittel schon seit mehr als einem Jahr gefordert. Und lange von der Stadt keine Antwort erhalten.

Sie habe ihren zwölf Jahre alten, kranken American Staffordshire-Terrier namens Diego aus einem Tierheim, hatte Kerstin Rode an die Verwaltung geschrieben. Und auf die hohen Kosten für dessen Haltung hingewiesen. „Ich würde mich freuen, wenn ich für Diego eine Befreiung von den 600 Euro Hundesteuer und den normalen Satz bekommen könnte, da ich monatlich bereits sehr viel Geld für spezielles Futter und Medikamente ausgebe.“

Jacqueline Knittel hat ihren Pitbull-Mix Oscar nach eigenen Angaben ebenfalls aus einem Tierheim und die junge Hündin Snow aus einem Welpenheim geholt. Beide und auch Diego seien keineswegs gefährlich. „Wir zahlen die erhöhte Steuer für nichts.“

Überschaubare Zahl von Hundehaltern mit maximalem Steuersatz

Die von den beiden Hundefreundinnen zu Beginn des Jahres „beim Bürgermeister und bei allen Fraktionen gemachten Eingaben“ in der Angelegenheit scheinen nun zu fruchten. Die Zahl derjenigen, die in Achim mit dem höchsten Steuersatz für Vierbeiner zur Kasse gebeten werden, ist allerdings sehr überschaubar. „Aktuell fallen 15 Hunde unter diese Regelung“, informierte Pressesprecher Kai Purschke Anfang Februar auf Nachfrage.

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Jetzt will auch die Verwaltung die Steuerhöhe nicht mehr an der Rasse ausrichten. 600 Euro sollten nur für auffällige Exemplare fällig werden.

Auffällige Exemplare? Diese Definition schlägt die Stadtverwaltung vor

Die Stadtverwaltung schlägt dafür folgende Definition vor: „Gefährliche Hunde sind diejenigen Hunde, die eine gesteigerte Aggressivität aufweisen. Dies ist der Fall, wenn der Hund insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat oder auf Angriffslust, auf über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Schärfe oder auf ein anderes in der Wirkung gleichstehendes Merkmal gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet ist und die Fachbehörde die Gefährlichkeit des Hundes nach Paragraf 7 des niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden festgestellt hat.“

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