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Nach „Metalhenge“ möchte der Achimer Thomas Roth einen „Turm zu Babel“ bauen

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Von: Sandra Bischoff

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Auf der Bremer Blocklanddeponie hat Thomas Roth aus Hafenspundwänden Stelen aufstellen lassen, die astronomisch ausgerichtet sind.
Auf der Bremer Blocklanddeponie hat Thomas Roth aus Hafenspundwänden Stelen aufstellen lassen, die astronomisch ausgerichtet sind. © Roth

Achim – „Ich bin ein versprengter Geist“, sagt Thomas Roth über sich selbst. Er habe noch keinen Platz gefunden, wo er wirklich hingehöre. Der frühere Schauspieler unterrichtet am Gymnasium in Bremen-Horn Kunst, Sport, Darstellendes Spiel und Werken. In seiner Freizeit baut er Tische aus alten Holzbalken, engagiert sich in der Borsteler Dorfgemeinschaft, vertont für den Bremer Sujet Verlag Hörbücher oder macht Kunstaktionen.

Zu einer gewissen Bekanntheit gelangte er mit seinem Projekt „Metalhenge“: einem astronomischen Aussichtspunkt samt Kunstinstallation, die sich in etwa 40 Metern Höhe auf einem stillgelegten Teil der Blocklanddeponie im Bremer Stadtteil Walle befindet.

Roth wurde in Wien geboren, als kleines Kind kam er nach Deutschland, und seine Familie ließ sich schließlich in Achim nieder als er zwölf Jahre alt war. Nach dem Studium in Berlin und Ulm kehrte Roth im Jahr 2000 zurück nach Achim und zog 2006 in sein Haus in Borstel. „Es ist eine tolle Dorfgemeinschaft hier“, sagt der 57-Jährige. „Die Bodenständigkeit der Menschen, die viel sicherere Maßstäbe haben als ich, finde ich oft sehr beeindruckend.“

Was fängt man mit sich an? Was ist Normalität? Das sind die Lebensfragen, mit denen sich der Pädagoge beschäftigt und künstlerisch umsetzt. Vielen andere Menschen stellten sich diese Fragen ebenfalls, hat Roth beobachtet. Vor einigen Jahren habe er eine Rauminstallation inszeniert: ein Würfel mit 2,50 Meter Kantenlänge, von innen hohl und begehbar. „Man steht da drinnen nur mit sich selbst. Das wirft Fragen auf: Wie lebe ich? Lebe ich richtig?“ Darum gehe es ihm, sagt der 57-Jährige, Momente zu hinterfragen, aber auch die Kunst. Diese sei manchmal überheblich, von oben herab und allzu oft unverständlich.

Die Idee für ein weiteres Kunstprojekt hat Thomas Roth bereits im Kopf. „Ich möchte einen Turm Babel bauen, der den Zweck hat, körperlich und sinnlich erfahrbar zu machen, wie die Gesellschaft verfällt. Am liebsten 60 Meter hoch, damit man einen Weg vor sich hat.“ Mit Musik und Sprache, die, je höher man den Turm hinaufsteigt, immer lauter, weniger verständlich und krachender werde, will Roth diesen Verfall verdeutlichen. Der Turm soll, so die Idee, auf- und abgebaut werden können wie ein Jahrmarkts-karussell. Einen ersten Standort hat Roth dafür noch nicht. „Ich werde, wie auch bei der Idee zu Metalhenge, ganz naiv an die Sache herangehen und einfach Leute ansprechen“, sagt Roth.

Thomas Roth Portrait
„Die Bodenständigkeit der Menschen hier, die viel sicherere Maßstäbe haben als ich, finde ich oft sehr beeindruckend“, sagt Thomas Roth. © -

Damals, vor 12 oder 13 Jahren, so berichtet er, brachte er seinen Müll zur Blocklanddeponie. „Ich wollte einfach mal gucken, was man von so einem Müllberg aus sieht und bin dort ins Büro gegangen und hab gefragt, ob man da mal rauf darf. Der damalige Leiter der Deponie hat mich dann einfach in sein Auto gesetzt und mich hochgebracht“, erzählt Roth.

Der Ausblick, der sich ihm von dort oben bot, habe ihn fasziniert. „Es hat mich ein Schauer erfasst: Man steht auf einem 40 Meter hohen Berg aus Müll, der zu nichts mehr zu gebrauchen ist und sieht auf der einen Seite die Stadt und auf der anderen die endlosen Wiesen. An dieser Stelle siehst du alles gleichzeitig: die Stadt, die zeigt, wo der Müll herkommt, und die Wiesen, die zeigen, wo wir eigentlich herkommen.“ Die Idee reifte, „die Perspektiven spürbar zu machen“.

Es sollte etwas Erhabenes auf den Müllberg, und so entstand die Idee, in Anlehnung an das englische Stonehenge, aus Hafenspundwänden astronomisch ausgerichtete Stelen aufzustellen. Der ehemalige Leiter des Bremer Olbers-Planetariums, Dieter Vornholz, richtete die Stelen aus. Aber bis es so weit war, vergingen mehrere Jahre. „Bis ein Müllberg stillgelegt wird, dauert es“, sagt Roth.

Im Sommer 2020 begannen die Arbeiten, die Eröffnung fand im vergangenen Juli statt. Seitdem ist „Metalhenge“ an sieben Tagen die Woche für Besucher zugänglich. „Dieses Ding ist ein Glücksfall“, sagt Roth.

Weitere Informationen unter

www.metalhenge.de

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