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Ist Bollens Idylle in Gefahr?

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Von: Michael Mix

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Bollen besticht mit seiner Lage an der Weser, dieser Campingplatz liegt direkt am Fluss. Die Achimer Ortschaft grenzt allerdings auch an Bremen, das seinen Gewerbepark vergrößert.
Bollen besticht mit seiner Lage an der Weser, dieser Campingplatz liegt direkt am Fluss. Die Achimer Ortschaft grenzt allerdings auch an Bremen, das seinen Gewerbepark vergrößert. © Mix

Achim-Bollen – Ist die Idylle in Bollen, Achims kleinster und abgelegenster Ortschaft, in Gefahr? Die geplante Erweiterung des Bremer Gewerbeparks Hansalinie bis relativ dicht an die Siedlung heran und der vorgesehene Bau einer vierten Windkraftanlage an der Bollener Landstraße erregen die Gemüter im Weserdorf. Das wurde am Dienstag in der Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten der Ortschaft Bollen im „Bollener Dorfkrug“ deutlich.

Vorsitzender Herfried Meyer (SPD) begrüßte dazu etliche Bürgerinnen und Bürger. Aufgrund der Corona-Pandemie sei es die erste Sitzung des Ortsausschusses seit vier Jahren und zugleich die Premiere für das infolge der Wahl des Achimer Stadtrats im September 2021 neu zusammengesetzte Gremium, merkte er an. Und dann ging es zwei Stunden lang kräftig zur Sache, wobei sich auffallend viele Einwohner zu Wort meldeten und Meyer den Debatten freien Lauf ließ.

„Etwas unter dem Radar“ liefen die Aktivitäten für ein größeres Gewerbegebiet hinter der nahen Landesgrenze, sprach der vorne mit am Podium sitzende neue Ortsvorsteher Marco Vagt (CDU) ein Thema an, das in Bollen das Zeug zum Aufreger hat. Das sei weitaus bedrohlicher als ein neues Windkraftrad mit mindestens 900 Metern Entfernung von Häusern, weil der Gewerbepark zu mehr Verkehr im Dorf und dessen Umfeld führen könne.

Und da auch der Hemelinger Ortsamtsleiter Jörn Hermening der Sitzung beiwohnte, erhielten die Zuhörenden fast schon Informationen aus erster Hand. Der vierte Bauabschnitt für den Gewerbepark Hansalinie sei längst beschlossene Sache. „Und die Flächen dort sind auch schon alle verkauft“, teilte er mit. Deshalb stehe bereits das Konzept für das fünfte und letzte Teilstück, das direkt an der Autobahn 1 mit einem kleinen See abschließe und unmittelbar bis an die Grenze zu Niedersachsen und damit auch zu Achim und Bollen reiche. Und nach hinten hin, wie weit werden sich da die Gewerbeflächen erstrecken?, wollte jemand im Saal wissen. „Die werden etwa 600 bis 800 Meter von der Weser entfernt sein“, antwortete Hermening.

Die Besucher der Sitzung erfuhren des Weiteren, dass Bremen eine neue Auf- und Abfahrt an der Autobahn im Bereich Hemelingen / Arbergen plane. „Bei einem vierspurigen Ausbau der A 1 müsste die Anschlussstelle Uphusen / Mahndorf umgebaut oder sogar geschlossen werden“, fügte Herfried Meyer hinzu.

Pläne, die Besorgnis im Raum auslösten. „Erfolgt die Anbindung des erweiterten Gewerbegebiets über die K 1?“, fragte ein Bürger. Sollte das der Fall sein, „würde das eine ganz andere verkehrliche Belastung für die Bollener Landstraße mit sich bringen“, folgerte er. Darüber wisse er nichts, sagte Hermening. „Dann wäre von Bollen als Kleinod, als touristischer Anziehungspunkt, nicht mehr viel übrig“, kommentierte eine Bürgerin mit Blick auf das Szenario düster.

„Dass das Bremer Gewerbegebiet vergrößert wird, ist klar“, schaltete sich der langjährige Ortsausschussvorsitzende Bernd Junker ein. Aber die Planungen des benachbarten Bundeslandes dürften „eben nicht unter dem Radar laufen“. Dazu müsse es auch für die Bevölkerung von Achim und insbesondere für die Bollener und Uphusener Bürgerversammlungen geben, verlangte Junker. Ziel sollte sein, eine für alle Seiten tragbare Lösung zu erreichen. „Die Frage ist: Wie können wir beeinflussen, dass Verkehr nicht nach Bollen kommt?“

Unmut herrschte im Saal darüber hinaus über das Vorhaben des Bremer Unternehmens WPD, den Windpark an der K 1 um eine vierte Anlage zu erweitern. Dazu werde es am Donnerstag, 2. März, um 18 Uhr im Gasthaus Gerken in Uphusen eine Informationsveranstaltung für alle Interessierten geben, teilte Erster Stadtrat Daniel Moos zunächst mal in der Sitzung mit. Was die leicht aufgeheizte Stimmung im Publikum jedoch keineswegs beruhigte.

„Ich fühle mich schon durch den jetzigen Windpark extrem gestört“, echauffierte sich eine Frau. Die dadurch verursachte „große Geräuschkulisse“ mache ihr schwer zu schaffen.

Vorsitzender Herfried Meyer eröffnete die Ortsausschusssitzung im Bollener Dorfkrug.
Vorsitzender Herfried Meyer eröffnete die Ortsausschusssitzung im Bollener Dorfkrug. © -

Mehrere Redner forderten, dass die Bevölkerung vor Ort von dem Windpark finanziell profitieren müsse. „Wenn schon eine Bremer Firma niedersächsisches Gebiet verlärmt und Gewinne abschöpft, dann sollten auch die Bürger hier etwas davon haben“, äußerte ein Mann.

Bei dem von ihm selbst unlängst im Achimer Planungsausschuss vorgebrachten diesbezüglichen Ansinnen habe WPD gleich abgewunken, sagte Meyer. „Wir haben aber das Recht, bei der Infoveranstaltung Dinge zu hinterfragen und notfalls auch Klage gegen das Projekt zu erheben“, schob er hinterher. Eine andere Möglichkeit wäre aus seiner Sicht eventuell noch, an den Eigentümer der Fläche an der K 1 heranzutreten und zu sagen: „Wir wollen hier anstelle von WPD ein Windrad bauen.“

„Die Stadt hat keine Handhabe in der Angelegenheit“, stellte Meyer klar. Schließlich habe der Kreis an der Bollener Landstraße ein Vorranggebiet für Windkraft ausgewiesen, und das Land Niedersachsen wolle den Ausbau der erneuerbaren Energien aufgrund der Klimakrise vorantreiben.

Dieser zu begegnen, dazu soll auch der Ausbau von Radwegen dienen. Der geplante „Wesersprung Ost“ zwischen Hemelingen und Arsten sei dazu angetan, zum Gewerbepark Hansalinie Pendelnde vom Auto wegzubekommen und zum Umstieg auf das umweltfreundliche Verkehrsmittel zu bewegen, berichtete der als Gast zur Sitzung im Dorfkrug eingeladene Ortsamtsleiter Hermening.

Die angedachte Radwegbrücke über den Fluss hinweg von Bollen nach Weyhe werde dagegen vom Kommunalverbund Bremen / Niedersachsen erstmal nicht weiter verfolgt, informierte Herfried Meyer. „Das ist zurzeit unrealistisch. Da fehlt es wohl an Bedarf.“

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