Entwicklung der Achimer Innenstadt: Verwaltung und Politik betonen Geschlossenheit

„Zukunft der Innenstadt als Zankapfel“, „Zweifel an Innenstadtentwicklung“ – diese Schlagzeilen spiegelten nach der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Klimaschutz am Dienstag voriger Woche die dortige Debatte wider. Jetzt demonstrieren Verwaltung und Politik der Stadt Achim Einigkeit.
Wie berichtet, gab es in der Ausschusssitzung zwei Lager: Die einen – vor allem SPD und Grüne – konzentrieren ihre Bemühungen darauf, mehr Läden und Leben in die Kern-Innenstadt rund um die Fußgängerzone zu bekommen. Die anderen – CDU, FDP und AfD – sehen das nicht so eng und betrachten weiteren Einzelhandel an Standorten außerhalb der Fußgängerzone und deren Speckgürtel als sinnvoll, etwa am Fritz-Lieken-Eck als nahe gelegene Versorgungsmöglichkeit für die künftig im neuen Lieken-Quartier wohnenden und arbeitenden Menschen.
Ausschussmitglied Volker Wrede (CDU) hatte sich in Sachen Innenstadtentwicklung gar zu der Aussage hinreißen lassen: „Wie lange wollen wir denn das tote Pferd noch reiten?“ Wrede hatte sich dabei auf die Fußgängerzone und die aus seiner Sicht - um im Bild zu bleiben - offenbar vorhandenen Scheuklappen einiger Akteure in der Achimer Politik bezogen, die den Blick nicht darüber hinaus weiten wollen würden.
Verwaltung und Politik gehen proaktiv und bewusst gemeinsam an die Öffentlichkeit
Diese Debatte hat nun dazu geführt, dass sich Stadtverwaltung und Politik nach der nicht öffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses (VA) am vergangenen Donnerstag veranlasst sahen, über deren Ergebnisse proaktiv öffentlich zu informieren, und zwar mit einer deutlichen Botschaft: Wir zeigen Geschlossenheit.
Das war schon an der Besetzung des Pressegesprächs am Montag abzulesen: Neben Bürgermeister Rainer Ditzfeld und dem Ersten Stadtrat Daniel Moos war Steffen Zorn dabei, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung, und dazu die Fraktionsspitzen sämtlicher im Stadtrat vertretenen Parteien. Zusätzlich war VA-Mitglied Volker Wrede wegen seiner Totes-Pferd-Aussage anwesend, mit der er auch auf die von der Verwaltung vorgeschlagene Veränderungssperre für das Gewerbeareal am Fritz-Lieken-Eck angespielt hatte.
Wir stehen beim Thema Innenstadtentwicklung voll und ganz dahinter – wir wollen nicht verhindern.
Es sei ein sehr guter VA gewesen, so Wrede, man habe sich ausführlich ausgetauscht. „Wir als CDU sind nach wie vor dafür, Leben in die Innenstadt zu bekommen“, sagte er und konkretisierte: „Wohnungen, Geschäfte, fußläufiger Verkehr. Das ist unser Ziel.“ Man wolle keine Ortsteile und Standorte gegeneinander ausspielen, die Christdemokraten stünden beim Thema Innenstadtentwicklung „voll und ganz dahinter – wir wollen nicht verhindern“. Man habe sich für das Lieken-Quartier entschieden, nicht um Konkurrenz zur Innenstadt zu schaffen, sondern um dadurch auch deren Entwicklung zu unterstützen.
Nach Zwei-Lager-Debatte nun Einigkeit im Verwaltungsausschuss
Bürgermeister Ditzfeld betonte die große fraktionsübergreifende Einigkeit im VA bei den anstehenden Projekten, die die Entwicklung der Innenstadt tangieren. Das beginne bei der Neuentwicklung des Sparkassen-Gebäudes durch die Investoren Kai Amir-Sehhi und Thomas Puvogel nach dem Auszug der Bank bis Ende des Jahres, gehe weiter über die Pläne auf dem Areal rund um das Nientkewitz-Haus, das die Bremer Investoren Müller & Bremermann entwickeln werden und wo derzeit Untersuchungen im Untergrund liefen, und reiche bis zum Neubau auf der Freifläche am Gieschen-Kreisel, für den der dortige Investor Tim Oltmann derzeit auf die Baugenehmigung warte. Diese neuen großen, zusammenhängenden Flächen seien das, was in Achim gebraucht werde. Die Bestandsimmobilien seien zu kleinteilig und „nicht das, was der Markt sucht. Uns fehlen die Flächen“, so Ditzfeld.
Wir ziehen in Sachen Innenstadt am selben Strang.
In Sachen Veränderungssperre für das Gewerbegebiet Fritz-Lieken-Eck habe es im VA keine Gegenstimme gegeben. Die Sperre bedeutet, dass es dort über das derzeit bestehende Einzelhandelsangebot hinaus keine weiteren sogenannten innenstadtrelevanten Geschäfte geben darf. Denn die sollen, wie die Bezeichnung sagt, in die Kern-City. „Wir ziehen in Sachen Innenstadt am selben Strang“, betonte Ditzfeld.
Was wir kritisch sehen, ist, wenn die Innenstadt-Player sagen: Ihr dürft nichts anderes machen.
Wenngleich es in den Nuancen auch am Montag Unterschiede gab. Isabel Gottschewsky (CDU) war bei Volker Wrede und sagte, man wolle keine Projekte gegeneinander ausspielen. Sie betonte, auch das Fritz-Lieken-Eck müsse sich weiterentwickeln können – „das hat auch seine Berechtigung“ –, und war der Meinung, es müsse eine Verbindung vom Lieken-Quartier bis in die Stadt hinein geben und überall mehr Leben ’rein. „Was wir kritisch sehen, ist, wenn die Innenstadt-Player sagen: Ihr dürft nichts anderes machen“, unterstrich sie ihre Unterstützung für die Aktivitäten außerhalb der Fußgängerzone.

„Die Stadt braucht ein Zentrum, und das ist nicht am Bahnhof.
Petra Geisler (SPD) sieht in Sachen Innenstadtentwicklung mit dem Anschub der großen Projekte ab diesem Jahr nun „Licht am Ende des Tunnels“: „Wir brauchten da einen langen Atem, aber es ist dann umso wichtiger, dass man dazu steht.“ Die Stadt brauche ein Zentrum, „und das ist nicht am Bahnhof“, brachte sie ihre Priorität zum Ausdruck.
Wir stehen zur Innenstadt, das ist Fraktionsmeinung. Einhellig.
Ähnlich sah es Michael Schröter (Grüne). „Man sieht, was das für Auswirkungen hat, wenn so ein zweites Zentrum aufgemacht wird“, kommentierte er zum Thema Veränderungssperre am Fritz-Lieken-Eck und fügte an: „Wir stehen zur Innenstadt, das ist Fraktionsmeinung. Einhellig.“ Es sei „gut, dass sich Investoren trauen, in diesen Zeiten zu investieren“, so Schröter mit Blick auf das Engagement in der Fußgängerzone.
Für uns reicht die Innenstadt vom Südrand der Vogelsiedlung bis zum Rathauspark.
„Drei Investoren bauen drei Leuchttürme“, sagte Hans Jakob Baum (FDP), meinte damit allerdings die außerhalb der Innenstadt: das Lieken-Areal, das neue Gebäude auf dem alten Post-Grundstück am Bahnhof und den Neubau am Gieschen-Kreisel. In einem Nebensatz fügte er noch die anstehenden Baustellen in der Fußgängerzone an, aber sein Punkt war ohnehin ein anderer: „Für uns reicht die Innenstadt vom Südrand der Vogelsiedlung bis zum Rathauspark“, so Baum. „Wir müssen aufwachen aus dem Dörflichen“, warb er für eine größere Denkweise. „Was diese Innenstadt braucht, ist moderne, hochwertige Bausubstanz. Damit kann man Geld verdienen.“ „Zugpferde“ und „Frequenzbringer“ seien im gesamten Zentrum nötig, um die Menschen in die Stadt zu holen, „damit auch der Einzelhandel nach vorne kommen kann“.
Wir sehen die Veränderungssperre kritisch, werden im Rat aber mitgehen.
Sebastian Dahlweg (AfD) betonte seine Rückendeckung für die Kern-Innenstadt, sagte aber auch, er sehe die Veränderungssperre am Fritz-Lieken-Eck kritisch. Man werde diese im Stadtrat mit beschließen, aber man müsse nach zwei Jahren, wenn sie wieder auslaufe, gucken, ob sie sich für die Innenstadt positiv ausgewirkt haben werde.
Von Christian Walter