„Lektorat ist das A und O“: Autor Manfred Theisen leitet Schreibwerkstatt für die Jahrgänge fünf bis acht an der IGS

Achim – Überraschende Talente hat in dieser Woche die Schreibwerkstatt an der IGS in Achim hervorgebracht. Die Schule hatte den Redakteur, Autor und Politologen Manfred Theisen aus Köln eingeladen. 19 Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgängen fünf bis acht, die zuvor einen schulinternen Schreibwettbewerb gewonnen hatten, waren für zwei Tage vom Unterricht freigestellt, um sich diesem besonderen Projekt zu widmen.
Verantwortlich für den Wettbewerb und die weitere Planung waren die Leiterin der Schulbibliothek, Steffi Lindenberg, sowie Jahrgangsleiterin Katharina Bark, die erläuterte: „Insgesamt hatten sich 30 Schülerinnen und Schüler mit ihren Geschichten beworben. Ihre Aufgabe war es, zu einem von zwei möglichen Motiven eine Geschichte einzureichen. Der Umfang und die Qualität waren sehr unterschiedlich. Überrascht hat uns vor allem, dass in den fünften Klassen einige extrem starke Geschichten entstanden sind. Es ging uns nicht darum, dass alles fehlerfrei ist. Es sollte Gefühl und Atmosphäre transportiert werden. Und die Kinder sollten viel von ihrer eigenen Persönlichkeit einbringen.“
Die Verantwortlichen stellten mit Freude fest, dass sich auch Schüler beworben hatten, die sonst eher zurückhaltend sind: „Wir haben ihnen eine Plattform geschaffen, in der sie nun aufgelebt sind.“
Autor Manfred Theisen forderte die Teilnehmer am ersten Tag dazu auf, eine Geschichte zum Thema „Mut im Bauch“ zu verfassen. Nach zögerlichem Start dauerte es nur eine halbe Stunde, bis alle Schüler fertig waren. „Danach haben wir uns sechseinhalb Stunden Zeit genommen, um jeden einzelnen Text durchzuarbeiten. Lektorat ist bei einem kreativen Prozess das A und O“, betonte Theisen.
Dass die Teilnehmer langfristig von dieser Erfahrung profitieren werden, daran glaubt Lehrerin Katharina Bark: „Sie haben quasi im Vorbeigehen viel Wissen vermittelt bekommen. Das können wir im Unterricht so gar nicht leisten. Sie werden daraus viel für den Alltag mitnehmen: Sie haben beispielsweise gelernt, wie sie ihre Stimme einsetzen. Sie sind aber auch selbstbewusster geworden.“
Dass die Jahrgänge fünf bis acht gemeinsam daran teilnehmen konnten, sei trotz anfänglicher Skepsis die richtige Entscheidung gewesen, so Bark: „Die Jüngeren haben von den Älteren gelernt – aber auch umgekehrt. Außerdem wurden Verbindungen zwischen den Jahrgängen geschaffen. Das war lange nicht möglich, als wir mit Halbgruppen arbeiten mussten oder die Kinder von zu Hause aus per Videokonferenz zugeschaltet waren.“
Die Schreibwerkstatt wurde finanziert mit Mitteln des Friedrich-Bödecker-Kreises und der VGH-Stiftung, die die IGS in Achim als eine von nur 22 Schulen in ganz Niedersachsen für das Projekt ausgewählt hatten. Rüdiger Meyer von der VGH-Geschäftsstelle in Bremen war extra angereist, um sich ein Bild davon zu machen, wofür die Mittel der Stiftung eingesetzt worden sind.
Er erklärte, warum die VGH ein Projekt dieser Art fördert: „Wir sind eine öffentliche Versicherung, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Wir unterstützen daher unter anderem den Julius-Club, Literaturfeste und die Schreibwerkstatt. Unser Ziel ist es, die Lese- und Schreibkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu stärken.“
Dass das Früchte trägt, zeigte sich, als Autor Manfred Theisen einige Arbeiten der Kinder und Jugendlichen vorlas: „Das hat viel Tiefe, das ist richtig gut“, staunte Meyer, der sich darüber hinaus dafür interessierte, wie gut die IGS mit modernen Medien ausgestattet ist.
Dass es dort noch Nachholbedarf gibt, berichtete Katharina Bark: „Seit dieser Woche haben wir für meinen Jahrgang 25 Tablets für die 135 Schülerinnen und Schüler. Unser Ziel ist es, dass irgendwann jeder Oberstufenschüler ein Tablet bekommt und das auch zu Hause nutzen kann. Für die Ausstattung ist jedoch die Stadt Achim als Schulträger zuständig.“
Die Teilnehmer der Schreibwerkstatt waren mit so viel Leidenschaft bei der Sache, dass sogar die Mittagspause kreativ genutzt wurde: Als ein Schüler flapsig anmerkte, dass seine Pizzaschnecke wie eine Nussecke schmeckt, wurde daraus kurzerhand ein ganzer Reim, den die Schüler auf Englisch übersetzten und schließlich mittels eines Videos visuell umsetzten.
Eine Auswahl der Werke soll auf der Internetseite der IGS sowie auf Facebook und Instagram veröffentlicht werden. Außerdem sollen die Schüler ihre Geschichten selbst im Forum der Schule vorlesen. „Denn für das, was sie geleistet haben, dürfen sie sich beklatschen lassen“, findet Katharina Bark.
Manfred Theisen machte den Schülern immer wieder Mut, sich mit den Texten der anderen auseinanderzusetzen. Er machte dazu bildlich deutlich: „Der erste Entwurf ist nur die Vorspeise – wir müssen bis zum Dessert kommen.“ Am Ende des zweiten Tages sorgte dann vor allem die Hauptspeise für große Begeisterung bei den Teilnehmern: Katharina Bark und Steffi Lindenberg bestellten Pizza – ein runder Abschluss.