Burkhard im Kampf gegen die Krähen

Wüstenbussard Burkhard vergrämt Saatkrähen in mehreren Städten Schleswig-Holsteins.
Kellinghusen – Für Burkhard ist an diesem sonnigen Nachmittag Anfang März im Stadtwäldchen nicht viel zu tun. Ein paar Saatkrähen bemerken ihn. Sie krächzen auf und fliegen aus den Bäumen, in denen hoch oben in den Wipfeln Dutzende Nester sind. Danach ist es still.
Burkhard ist ein Harris Hawk, also ein Amerikanischer Wüstenbussard. Mithilfe von natürlichen Feinden wie Greifvögeln will die Stadt Kellinghusen im Kreis Steinburg die Saatkrähenpopulation eindämmen. Wie andere Städte auch, hat die Kommune mit großen Kolonien der Rabenvögel und den einhergehenden Problemen wie Lärmbelästigung und Kot unter den Nestern zu kämpfen.
Dreimal in der Woche im Einsatz
Seit Anfang Februar kommt Falkner Herbert Boger dreimal in der Woche mit seinen Tieren in die Kleinstadt an der Eider, um hier Krähen zu vergrämen. Er erscheint immer zu unterschiedlichen Uhrzeiten, damit die intelligenten Rabenvögel sich nicht zu sehr an ihn und die Greifvögel gewöhnen. Tagsüber, wie an diesem Tag, sind die meisten Krähen unterwegs. Sie suchen nach Futter. Daher ist er oft auch in den Abendstunden, im letzten Tageslicht, in der Lieth – dann sind die Krähen in ihre Nester zurückgekehrt, sagt Boger. „Das ist, wie wenn uns jemand im Schlafzimmer stört, das mag man nicht“.
In der Lieth gibt es nach Angaben der Stadt eine Krähenkolonie mit rund 200 Nestern. In der Nähe sind ein Altenheim und eine Schule. Kot und Lärm seien ein Problem, sagt Boger, der mit seinen gefiederten Helfern beispielsweise auch in der Stadt Wilster und am Hamburger Flughafen unterwegs ist.
28 000 Saatkrähen-Brutpaare leben in Schleswig-Holstein
Nach Angaben des Umwelt-Landesamts lebten 2021 einer landesweiten Erfassung zufolge rund 28 000 Saatkrähen-Brutpaare in Schleswig-Holstein. Die Grünlandflächen in den Flussniederungen und der Marsch bieten den Tieren ein gutes Nahrungsangebot. Die Vögel lassen sich mittlerweile vermehrt auch in Städten nahe solcher Flächen nieder, wie zum Beispiel in Elmshorn, Neumünster, Rendsburg und eben auch in Kellinghusen, sagt der Sprecher des Landesamtes, Martin Schmidt.
Nach starker Zunahme in den 80er- und 90er-Jahren wuchs der Bestand in Schleswig-Holstein zuletzt jedoch nur noch leicht, wie aus dem Bericht zur Biologischen Vielfalt 2021 hervorgeht. Nach Angaben des Naturschutzbundes Nabu Schleswig-Holstein brüten rund 75 Prozent des Saatkrähenbestandes in Städten, 1954 war es nur ein Viertel.

Für einen Falken ist eine Kolonie wie die in Kellinghusen, wo es nur wenige offene Flächen gibt, ein schwieriges Gebiet, sagt Boger. „Wenn sich die Krähen in die Bäume setzen, dann gehen die Falken nicht mehr hinterher. Dann sind sie wieder in Sicherheit.“ Anders ist es bei Harris Hawks wie Burkhard. Dieser ist gerade zu einem weiteren Flug in die Bäume gestartet. Von klein auf ist der Vogel darauf trainiert, Krähen hinterherzujagen, ohne sie zu töten. Geübt wird mit einem Federspiel mit schwarzen Schwingen. So werden die Greifvögel auf Krähen konditioniert, sagt Boger. Andere Vögel interessieren Burkhard in der Tat nicht. In den Zweigen neben ihm zwitschert ein kleiner Singvogel, einen Baum weiter sitzen zwei Ringeltauben. Burkhard schaut nicht einmal genauer hin.
Die Saatkrähe gehört zu den besonders geschützten Arten in Deutschland. Es ist verboten, sie zu töten oder zu verletzen. Und auch vergrämt werden darf nur unter strengen Auflagen – und mit Genehmigung. „Vor allem während der Brutzeit kommen immer wieder Anfragen von Kommunen und privaten Anliegern von Kolonien“, sagt Schmidt. „Diese Anfragen kommen in der Regel telefonisch, und die Anzahl variiert zwischen den verschiedenen Jahren – circa 10 bis 20 im Mittel pro Jahr.“ Hauptgrund seien Lärmbelästigungen für die Anwohner und die Belastungen durch die Verschmutzung unterhalb der Nester im Bereich der Kolonie.
Schreckschussanlagen hatten nicht den gewünschten Erfolg
Andere Versuche wie Schreckschussanlagen haben nicht den gewünschten Erfolg erzielt und waren nur eine zusätzliche Lärmbelästigung für die Anwohner. „Die Krähen sind sehr intelligent und hatten sich schnell an die Schreckschussanlagen gewöhnt und diese nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen“, sagt Nielsen.
Vergrämungsaktionen sind langwierig und haben nur dann einen nachhaltigen Erfolg, wenn sie auf begrenztem Raum und in konzentrierter Form durchgeführt werden, betont Schmidt. „Eine Vergrämung von Saatkrähen an ihren Brutplätzen bedeutet nicht, dass sich die Krähen in Luft auflösen.“ Sie würden weiterhin versuchen, sich im Umfeld anzusiedeln. Daher benötigen Kommunen ein Konzept, wo die Tiere vergrämt werden dürfen und wo nicht, damit sich die vergrämten Tiere dort ansiedeln können. Sonst besteht die Gefahr, dass sich die Kolonie über den gesamten Stadtbereich aufsplittert und so noch mehr Menschen stört.