„Altdeutsche Bierstube“ wird zum Irish Pub

Die „Altdeutsche Bierstube“ in Heiligenhafen wird künftig zum Irish Pub werden. Das sind die Gründe, weshalb die bisherige Betreiberin Erika Sarnow jetzt kürzertreten möchte.
Heiligenhafen – Erika Sarnow war fast ein halbes Jahrhundert die Wirtin der „Altdeutschen Bierstube“ am Marktplatz. Unter ihrer Regie wurde die Kultkneipe in Heiligenhafen und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Viele Einheimische und Touristen bedauern, dass Erika Sarnow jetzt aufgibt. Nicht weil sie muss, sondern weil es in der Gastronomie immer schwieriger wird, Personal zu finden. „Zwölf Stunden und mehr hinterm Tresen stehen und Bier zapfen, das will ich einfach nicht mehr“, sagt die Gastronomin im Gespräch mit der HP.
Als Kneipe wird das Haus am Markt 11 aber erhalten bleiben. Unter der Führung des Hamburger Gastronomen Matthew Leeves wird hier ein Irish Pub entstehen. Als neuer Pächter tritt die Radeberger Brauerei auf, die an den neuen Gastronomen weiterverpachtet hat. Eigentlich hätte Erika Sarnow noch weitermachen können, denn ihr Vertrag lief noch sieben Jahre. Mit Küche, Ausschank und Terrassenbetrieb bräuchte sie dringend mehr Personal, aber der Markt sei schlichtweg leergefegt, erklärt die Heiligenhafenerin.
Gastronomin mit Herz und Seele
Der Umgang mit Menschen liegt Erika Sarnow im Blut. Schon 1967 wurde am Großenbroder Südstrand das Eiscafé „Erika“ eröffnet. Als ihr Vater 1978 am Großenbroder Südstrand die „Strandhalle“ baute, war es Tochter Erika, die in jungen Jahren das Ruder in die Hand nahm und mit neuen Konzepten wie Tanzabenden oder Tourismusveranstaltungen die „Bude“ mit Leben füllte. Mit der Übernahme der „Altdeutschen Bierstube“ im Jahr 1980 erfüllte sich Erika Sarnow schließlich ihren Lebenstraum. Sie wollte aus dem Lokal eine Kultkneipe machen, in der sich die Heiligenhafener wohlfühlen. Dass diese Welle der Sympathie auch auf die Touristen überschwappte, steht für das besondere Flair dieses urigen Kneipenrestaurants.

Aber besonders die Heiligenhafener fühlten sich bei Erika und ihren Mädels immer wohl. Finanzstadtrat Ludwig Dettmann (SPD) hatte seinen Stammplatz an der kurzen Seite des Tresens. Auch die Heiligenhafener Bürgermeister Uwe Menke, Detlef Anders oder Heiko Müller waren hier Stammgäste. Nach den Sitzungen der Stadtvertretung ließen die Stadtvertreter die oft hitzigen Diskussionen in der „Altdeutschen Bierstube“ bei einem Bierchen abklingen. Und die Heiligenhafener Jugend hatte mit Pastor Dr. Jörg Zengel sogar jemanden, der die kirchliche Jugendarbeit in der „Altdeutschen“ fortsetzte. Nach dem letzten Gottesdienst an Heiligabend zog der Hirte mit vielen jungen Leuten von der Kirche in die Kultkneipe um. Erika Sarnow berichtet in ihrem Gespräch mit der Heiligenhafener Post von Anrufen besorgter Mütter, die den Weihnachtsbraten am 1. Weihnachtsfeiertag schon auf dem Tisch serviert hatten, aber ihre Kinder nicht aus den Betten bekamen, denn der Pastor hatte am Abend zuvor noch lange in der „Altdeutschen“ auf dem Klavier gespielt und dazu gesungen.
Erika Sarnow ist zwar in Heiligenhafen geboren, doch ihre Mutter hat Danziger Wurzeln. So sorgte Gerda Sarnow, geborene Preuß, dafür, dass es in der Großenbroder Strandhalle an Danziger Machandel, einem Wachholder Schnaps, nicht fehlte. Das Kultgetränk der „Altdeutschen Bierstube“ hieß aber Danziger Goldwasser, das nicht nur durch die Kehle floss, sondern auch Gäste der Kultkneipe mit der Goldwassertaufe zu echten Danzigern machte.
Kleinkunstbühne und Autokrafthalle
Erika Sarnow und Monika Rübenkamp war es zu verdanken, dass auf der Kleinkunstbühne im Hinterzimmer der „Altdeutschen Bierstube“ namhafte Kabarettisten wie Simone Fleck und viele weitere auftraten. Die Veranstaltungen waren immer ausverkauft. So fand auch die HP Late Night-Veranstaltung zur Bürgermeisterwahl 2016 in der „Altdeutschen“ statt. Auch die Hafenfesttage, die Erika Sarnow zu Zeiten von Kurdirektor Karl-Christian Schnoor mit angeschoben hatte, lagen ihr am Herzen. Sie holte den Fischermeister Heinz Preuß mit ins Boot, der vor der „Altdeutschen“ saß und den Besuchern zeigte, wie Fischernetze geknüpft werden. Fast 25 Jahre bewirtschafte Erika Sarnow während der Hafenfesttage auch die Autokrafthalle, wo namhafte Bands auftraten und bis in die Nacht in der Disco gefeiert wurde. Auch das erste Oktoberfest an der Küste organisierte die Heiligenhafenerin. Angefangen hatte aber alles mit dem „Budenzauber“ auf dem Marktplatz, wo Sarnow und ihre Kollegen von der Dehoga an den Sommerwochenenden für Leben in der Innenstadt sorgten.
Aber kann jemand, der so viel in die Gastronomie investiert hat, einfach die Hände in den Schoß legen? „Erst mal will ich etwas Abstand gewinnen, doch irgendwann werde ich in Heiligenhafen wieder als Macherin in Erscheinung treten“, sagte die langjährige Gastronomin.