Nur wenig beschleunigte Verfahren an Gerichten im Norden

Beim Stehlen erwischt, die Zeche geprellt oder an der Tankstelle betrogen. Solche und ähnliche Straftaten können innerhalb kürzester Zeit bestraft werden. Doch es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Kiel/Flensburg – Auf frischer Tat ertappt und am nächsten Tag verurteilt: So ging es etwa einer Frau und zwei Männern, die am 1. Februar in Trittau in einem Supermarkt stehlen wollten. Bereits einen Tag später wurden sie vom Amtsgericht Ahrensburg zu mehrmonatigen Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Möglich wird dies durch sogenannte beschleunigte Verfahren. Deren Zahl ist in Schleswig-Holstein im Vergleich zu den übrigen Strafsachen jedoch äußerst gering.
So gab es 2019 an den Amtsgerichten der vier Landgerichtsbezirke Kiel, Lübeck, Flensburg und Itzehoe insgesamt 174 beschleunigte Verfahren, teilte das Justizministerium mit. Die Zahl der Hauptverhandlungen im Regelstrafverfahren lag in dem Jahr bei insgesamt 11 030. In den Corona-Jahren 2020 und 2021 waren es insgesamt 127 beziehungsweise 102 beschleunigte und 10 977 beziehungsweise 10 942 Hauptverhandlungen.
Die meisten beschleunigten Verfahren gab es demnach im Landgerichtsbezirk Kiel. 2019 waren es 157, ein Jahr später 101 und 2021 nur 55. Im Landgerichtsbezirk Flensburg beispielsweise gab es 2018 zwei beschleunigte Verfahren, 2019 waren es sieben, 2022 vier und in diesem Jahr bislang eines – alle am Amtsgericht Flensburg, so ein Gerichtssprecher. Die beschleunigten Verfahren stellten 2019 einen Anteil von etwa 2,5 Prozent der insgesamt verhandelten Verfahren des Amtsgerichts Flensburg dar. „Für die übrigen Jahre können wir keine verlässliche Aussage treffen, der Anteil der beschleunigten Verfahren liegt aber sicher unter dem vorgenannten Anteil.“
Das Amtsgericht Flensburg will den Angaben zufolge im engen Austausch mit der Staatsanwaltschaft und der Polizei die beschleunigten Verfahren vermehrt in den Fokus zu nehmen. Bei der Staatsanwaltschaft sei dazu bereits ein Konzept erarbeitet worden, teilte der Gerichtssprecher weiter mit. „Alle beteiligten Behörden sind gewillt, von der Verfahrensart Gebrauch zu machen.“ Für das Amtsgericht Flensburg sind die Verfahren bei einem Richter konzentriert. Auch bei der Staatsanwaltschaft ist die Zuständigkeit für beschleunigte Verfahren in einem Sonderdezernat gebündelt.
Größte „Filter“, warum es dennoch nicht häufiger zu beschleunigten Verfahren kommt, sind die gesetzlichen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, sagte der Flensburger Gerichtssprecher. Etwa dass ein erwachsener Täter auf frischer Tat ertappt wurde, es keinen festen oder nur einen Wohnsitz weit außerhalb des Gerichtsbezirks gibt. Außerdem darf beispielsweise das maximale Strafmaß nicht mehr als ein Jahr betragen und ein einfacher Sachverhalt muss zugrunde liegen. Zudem müsse immer eine Abwägung stattfinden, ob auch eine Einstellung des Verfahrens oder ein Strafbefehl in Frage kommen. dpa