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Ibrahim A. soll Gefängnispersonal in Neumünster bedroht haben

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SPD-Innenpolitiker Niclas Dürbrook: „Das Risiko für eine solche Tat muss verringert werden.“
SPD-Innenpolitiker Niclas Dürbrook: „Das Risiko für eine solche Tat muss verringert werden.“ © DPA

Der mutmaßliche Täter von Brokstedt wird erneut Thema im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags. Ibrahim A. soll nach einem Bericht Bedienstete in der JVA Neumünster bedroht haben. Das Justizministerium wehrt sich gegen Kritik.

Kiel – Der mutmaßliche Messerstecher in einem Zug bei Brokstedt hat nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in der Untersuchungshaft in Neumünster regelmäßig Bedienstete bedroht und beschimpft. „Ibrahim A. erscheint aktuell nicht einschätzbar und stellt gleichzeitig durch sein Verhalten eine erhebliche Bedrohung für die vor Ort eingesetzten Kolleginnen und Kollegen dar“, schreibt die Regionalgruppe Justizvollzug in ihrem Informationsblatt „Der Schlüssel“. Mehrere Bedienstete hätten sich an die Regionalgruppe gewandt.

Die Beschimpfungen und Bedrohungen werden demnach begleitet von entsprechenden Gesten. „Ibrahim A. ist ein Gefangener, der – aus Perspektive der Bediensteten – einen ganzen Behördenapparat lahm legt“, schreibt die Regionalgruppe. Die Behörden seien „mit ihm auf die eine oder andere Art beschäftigt“. Ibrahim A. bringe durch sein Verhalten alle anderen Gefangenen gegen sich auf.

Ein Sprecher des Justizministeriums sagte, „zu einzelnem Vollzugsverhalten nehmen wir grundsätzlich keine Stellung“. Der Vorwurf der GdP, es habe eine Weisung aus dem Justizministerium gegeben, die Sicherungsmaßnahmen für Ibrahim A. abzusenken, sei aber falsch. „Es hat keine Weisung der Aufsichtsbehörde gegeben.“

Der SPD-Innenpolitiker Niclas Dürbrook forderte einen Bericht der Landesregierung in der nächsten Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses. „Das beschriebene Verhalten im Vollzug von Ibrahim A. und die angebliche fernmündliche Weisung aus dem Justizministerium zur Herabsetzung der Sicherheitsmaßnahmen der JVA werfen Fragen auf, denen wir als Parlament nachgehen müssen.“

Der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz sagte, „dass Ibrahim A. ein schwieriger und gefährlicher Gefangener ist, wissen wir nicht erst seit gestern“. Die Vorfälle müssten im Ausschuss besprochen werden. „Wir werden uns von der Ministerin detailliert berichten lassen, wie sich Ibrahim A. in der JVA Neumünster benimmt und wie man damit umgeht.“

Der Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar in einem Zug von Kiel nach Hamburg Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei junge Menschen getötet haben. Fünf weitere wurden verletzt. Erst wenige Tage zuvor war der Mann aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden. Die Aufarbeitung des Falls erbrachte klare Mängel im Informationsaustausch zwischen Behörden in Hamburg, Kiel und Nordrhein-Westfalen, wo Ibrahim A. jeweils gelebt und auch Straftaten begangen hatte.

Am Mittwoch diskutierte der Landtag in Kiel über Konsequenzen. In einer Aktuellen Stunde wurden parteienübergreifend eine bessere Kommunikation zwischen Behörden und zügigere Verfahren zur Abschiebung ausländischer Straftäter gefordert. Einigkeit bestand darin, dass auch ohne die zwischenzeitlich bekanntgewordenen Kommunikationspannen die Tat aller Wahrscheinlichkeit nach nicht hätte verhindert werden können. „Es hätte quasi jeden von uns treffen können“, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Das Risiko für eine solche Tat müsse verringert werden, forderte Dürbrook.

Die Regierung wolle die Sicherheit im Nahverkehr, die Gewaltprävention, den Zugriff der Behörden auf Informationen und das Übergangsmanagement nach Haftentlassungen verbessern, sagte Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne). Zudem sollten Beschleunigungsmöglichkeiten in Strafverfahren genutzt und Menschen schneller zurückgeführt werden, die schwere Straftaten begangen haben. „Die Tat hat uns auf furchtbarste Weise gezeigt, wo wir als Staat in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, im behördlichen Zusammenarbeiten schlichtweg besser werden müssen.“

Touré widersprach der Aussage von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), bei besserer Behördenkommunikation hätte Ibrahim A. abgeschoben werden können. „Der Täter hatte einen subsidiären Schutzstatus und damit einen erhöhten Ausweisungsschutz; eine Ausweisung vor dem 25. Januar 2023 war daher nicht möglich.“

Die Bundesinnenministerin habe den Anschein erweckt, die Tat hätte verhindert werden können, kritisierte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. „Das ist wirklich ein Hohn für die Hinterbliebenen der Toten und für die Verletzten.“ Für Faesers Aussage, Ibrahim A. hätte abgeschoben werden können, wären keine Behördenfehler aufgetreten, gebe es nicht den geringsten Anhaltspunkt.

„Wir sprechen hier nicht über einen Unfall infolge von menschlichem Versagen, sondern über ein Verbrechen mit ganz klarer Verantwortlichkeit, vollkommen unabhängig davon, was zuvor passiert ist“, betonte der SPD-Innenpolitiker Dürbrook. Kommunikationspannen in Behörden lägen auch an Überlastung und fehlenden Ressourcen.  dpa

Die Abgeordneten gedenken zu Beginn der Landtagssitzung im Landeshaus der Opfer des Erdbebens in der Türkei und Syrien.
Die Abgeordneten gedenken zu Beginn der Landtagssitzung im Landeshaus der Opfer des Erdbebens in der Türkei und Syrien. © DPA
CDU-Fraktionschef Tobias Koch: „Ein Hohn für die Hinterbliebenen der Toten und für die Verletzten.“
CDU-Fraktionschef Tobias Koch: „Ein Hohn für die Hinterbliebenen der Toten und für die Verletzten.“ © DPA

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