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Visselhövedes Bürgermeisterkandidaten diskutieren Klimaschutz

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Von: Jens Wieters

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Mit mehr Tempo-30-Zonen im Stadtgebiet können sich die Kandidaten anfreunden, auch wenn es sich nicht überall realisieren lässt.
Mit mehr Tempo-30-Zonen im Stadtgebiet können sich die Kandidaten anfreunden, auch wenn es sich nicht überall realisieren lässt. © Wieters

Alle vier Kandidaten für das Amt des Visselhöveder Bürgermeisters sind sich einig: Es kann noch viel getan werden für den Klimaschutz vor Ort. 

Visselhövede – Das Format war zwar ein wenig ungewohnt, aber Corona zwingt auch die Gruppe „Vissel for future“ (Vff) dazu, neue Wege einzuschlagen, um ihrer Forderung nach mehr Klimaschutz vor Ort Nachdruck zu verschaffen. So haben jetzt immerhin 44 Teilnehmer einer Online-Videofragerunde zugehört und zugeguckt, als die vier Kandidaten für das Visselhöveder Bürgermeisteramt, Jürgen Dunecke, Sabine Schulz, Burkhard Scheidel und André Lüdemann ihre Ideen vorgetragen und auch Fragen aus dem Chat beantwortet haben.

Mit einem strengen Zeitmanagement führte die Moderatorin Christiane Looks, Naturschutzbeauftragte des Landkreises, durch die Gesprächsrunde. Um für die Zukunft und damit auch für den Nachwuchs der Stadt beim Themenbereich Klimaschutz gut gerüstet zu sein, gibt sich Scheidel optimistisch, dass die „vielfältigen Herausforderungen zu schaffen“ seien. Jürgen Dunecke setzt für Fachfragen zum Klimaschutz auf die geplante neue Stelle für das Klimamanagement, die in der Verwaltung geschaffen werden soll. André Lüdemann hat das Ziel, dass Visselhövede als eine der ersten Städte in Deutschland klimaneutral wird – „vielleicht schon 2028“. Sabine Schulz plant, sich dem Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie anzuschließen, die sich für ehrgeizige kommunale Klimaziele einsetzen.

Zu diversen Themen aus dem Umweltbereich hatten die Kandidaten nur die Möglichkeit, mit Ja oder Nein zu antworten. Und wie zu erwarten, haben die vier durchgehend breite Zustimmung zu den Forderungen gegeben. Alle wollen sich für ein fahrradfreundlicheres Visselhövede einsetzen und auch die Tempo-30-Zonen ausbauen, wobei auch klar geworden ist, dass das auf der Goethestraße, die eine Bundesstraße ist, nicht funktionieren wird, da die Straßenverkehrsbehörde als Träger einen zügigen Verkehrsfluss fordert. „Aufgrund des Verkehrs dort sind meistens eh kaum mehr als 30 Stundenkilometer drin“, so Lüdemann.

Vissel for future nimmt Kandidaten beim Wort

Der Forderung, in Zukunft Böden eher zu entsiegeln statt sie weiter großflächig zu versiegeln, stimmten die Kandidaten ebenso zu wie auch das Stadtradeln in Visselhövede zu etablieren, Aktionen gegen den Leerstand von Geschäften in der Stadt zu starten und auch ein Budget für Umwelt- und Ökoprojekte im Haushalt zu verankern.

Durchweg Zustimmung gab es ebenfalls dafür, dass städtische Flächen ökologisch bewirtschaftet werden sollen. Auch die öffentlichen Wegeseitenränder, die oft widerrechtlich von Landwirten umgepflügt worden sind, sollen nach einhelliger Meinung renaturiert werden. „Da helfen oft einfach nur Gespräche“, betonte Dunecke.

Weitere Fragen drehten sich auch um Themen wie den öffentlichen Personennahverkehr. Dunecke betonte dazu, dass die Stadt mit dem Bürgerbus und Co. auf einem guten Weg sei. Lüdemann hob die Schnellbusverbindung nach Walsrode hervor. Schulz will den Blick auch auf die Senioren richten und Scheidel fordert eine größere Anbindung der Dörfer an den ÖPNV.

Die Gruppe Vff zeigt sich nach der Premiere der Online-Befragung zufrieden: „Ohne technische Pannen aber auch ohne Corona-Auflagen konnten wir uns auf unsere Themen fokussieren. Es wurde deutlich, dass alle Kandidaten in Klima- und Umweltfragen auch auf kommunaler Ebene eine wichtige Aufgabe sehen. Deutlich wurden aber auch Unterschiede, wie aktiv diese angepackt werden sollen“ stellt Harald Gabriel von Vff fest. „Wir waren überrascht, wie viele unserer Forderungen mit Ja beantwortet wurden.“ Spannend werde es, ob die Vorhaben nach der Wahl angepackt würden. „Wir bleiben dran und werden nach 100 Tagen öffentlich nachfragen“, verspricht Vff-Sprecher Gabriel.

ÖPNV ist nichts fürs Dorf

Ein Kommentar von Jens Wieters

Na klar, alle vier Kandidaten für das Visselhöveder Bürgermeisteramt sind sich einig: Es müssen wieder viel mehr Flächen in öffentlicher und privater Hand ent- statt versiegelt werden! Was sollen sie aber auch anderes sagen? Stellen sie diese Forderung infrage, brauchen sie zur Wahl gar nicht mehr anzutreten. Denn es gehört heute zum politisch guten Ton, mehr Grün zu fordern – und mehr öffentlichen Personennahverkehr. Womit wir beim Thema wären. Die Ausweitung des ÖPNV mag ja in Ballungszentren durchaus seine Berechtigung haben, aber in den Kleinstädten und den Dörfern ist das nichts anderes als Augenwischerei. Man braucht sich nur mal Visselhövede anzuschauen: Der Bürgerbus war einer der ersten im Landkreis und kommt immer noch ohne Sponsoren auf dem Blech aus. Aber nur allzu oft fährt er als Geisterbus durch die Gegend. Die Fahrer würden sich seit Jahren über viel mehr Fahrgäste freuen. Auch das E-Auto der Rotenburger Stadtwerke, das sich jeder mieten kann, steht sich die Räder eckig.

Nächstes Beispiel: Mit viel Brimborium wurde der Pendelbus zwischen Walsrode und Visselhövede eingeführt, weil es angeblich eine große Nachfrage in der Bevölkerung gebe. Im Sommer ist schon Schluss mit dem Bus, denn genutzt wird er so gut wie gar nicht. Weiteres Beispiel: Der Seniorenbeirat hatte die Mitfahrerbank ins Leben gerufen. Die Idee ist genial: Menschen setzen sich drauf und werden von anderen Menschem im Auto mitgenommen, um in die Stadt oder wieder zurück in die Dörfer zu kommen. Seit drei Jahren stehen nun die blauen Bänke. Noch nie habe ich jemanden darauf sitzen sehen – und ich bin viel unterwegs in der Region.

Die Kandidaten täten also gut daran, den Ausbau des ÖPNV nicht ganz nach oben auf ihre To-do-Liste zu setzen, auch wenn es viele gerne sehen würden und es gerade State of the Art ist. Das ist noch nichts fürs Dorf! Auch wenn der Liter Sprit zwei Euro kostet, verzichtet kaum jemand auf das eigene Auto.

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