Lars Klingbeil besucht Oberschule: Bundespolitik für Anfänger

Visselhövede – Der Kampf gegen die Verpackungsflut aus Plastik in den Supermärkten und auch im eigenen Kühlschrank sowie die Frage nach der zukünftigen Individualmobilität beschäftigt die Klasse 10Z der Visselhöveder Oberschule zurzeit in den Fächern Politik und Erdkunde.
Aber diese und weitere Fragen werden nicht nur während der Schulzeit diskutiert, sondern auch am heimischen Küchentisch und im Freundeskreis, wie die Schüler ihrem prominenten Gast Dienstagvormittag mitgeteilt haben. Denn der SPD-Generalsekretär und örtliche Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil stand eine Stunde lang Rede und Antwort zu allen möglichen Themen rund um die „große Politik“.
„Erzählt mir, wie ihr die Welt verändern wollt“, so Klingbeil, und die 13 Schüler, zehn Mädchen und drei Jungs, ließen sich nicht zweimal bitten, hatten Fragen und nannten auch Beispiele, wie sich in ihren Familien das Kaufverhalten in den vergangenen Jahren verändert hat. „Wir kaufen frische Milch an der Milchtankstelle im Dorf. Dort gibt es auch andere Lebensmittel, die regional erzeugt worden sind. Auch die kaufen wir, um weite Transportwege zu sparen“, so eine Schülerin aus Jeddingen. „Da machen wir uns im Familienkreis schon unsere Gedanken.“
Dass 2020 das Plastiktütenverbot in Supermärkten greife, was es mit einer möglichen Klimasteuer für Flugreisen auf sich habe und wann der Kohleausstieg geplant sei, erläuterte Bundespolitiker Klingbeil. Er machte aber auch auf die Zwickmühle aufmerksam, in der die Regierung in Berlin in vielen Themenbreichen häufig stecke: „In der Lausitz in Brandenburg und Sachsen hängen rund 20.000 Arbeitsplätze direkt mit dem Kohletagbau zusammen. Wenn wir diesen Menschen sagen, im kommenden Jahr steigen wir aus der Kohle aus, verlieren sie ihr Einkommen. Also müssen vorher Kompromisse und neue Ideen für andere und moderne Arbeitsplätze geschaffen werden, um den Kohleausstieg 2038 zu realisieren.“
Dennoch dürfe der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen zum Beispiel bei Regelungen zum Kohlendioxidausstoß von Autos, wie kürzlich ein Konzernchef betont habe, kein Totschlagsargument sein. „Ändert sich die Strategie der Autokonzerne nicht, werden wir am Ende viel, viel mehr Arbeitsplätze verlieren“, ist sich der Munsteraner sicher.
Aber nur auf die „reine Elektromobilität zu setzen“, wie ein Schüler fragte, ist Klingbeil nicht weit genug gedacht. „Oft ist die Ökobilanz nicht gut und wir dürfen die Wasserstofftechnologie nicht aus den Augen verlieren.“

Ob denn die Politik gegen die Wirtschaft ankomme, wollte ein anderer Zehntklässler wissen. Klingbeil darauf: „Wenn wir entschieden haben, muss das auch umgesetzt werden. Aber die Wirtschaft hat schon eine große Lobby und wir müssen vorher viel Überzeugungsarbeit leisten.“
Und das auch nicht nur bei den Wirtschaftsbossen, sondern auch bei den Wählern, die in Einfamilienhäusern leben. „Wenn wird das Aus für Ölheizungen wollen, müssen wir Förderungsmöglichkeiten und Zeiträume schaffen, dass die Familien das auch umsetzen können. Denn mal eben 12.000 Euro für eine Heizung ausgeben, das kann nicht jede Familie.“
Darum gehe er auch von Haustür zu Haustür, um die Menschen argumentativ mitzunehmen auf den Weg der Energiewende. Allerdings nicht immer mit Erfolg. „In einem Ort in Sachsen wurde ich während des Landtagswahlkampfs unter Androhung von Gewalt vom Hof gejagt. So etwas ist mir noch nie vorher passiert. Der Umgang miteinander ist heute erschreckend“, erinnert sich Klingbeil ungern an einen Hausbesuch in einer Region zurück, wo die SPD zwei Prozent der Wählerstimmen bekommen hat und die AfD gut 30 Prozent.
Damit sich das Miteinander und die latente Gleichgültigkeit vieler Menschen mit Blick auf den Klimawandel ein Stück weit ändert, will die Klasse 10Z in den kommenden Monaten eine Palette von diversen Projekten zu verschiedenen Themen erarbeiten. „Mal gucken, was wir dann nach der Präsentation noch konkretisieren“, freut sich Lehrer Torsten Grünhagen auf die nächsten spannenden Wochen.
SPD-Mann Lars Klingbeil versprach jedenfalls, im Januar wiederzukommen und ein, zwei Ideen der Visselhöveder Oberschüler seinen Kollegen aus der „großen Politik“ in Berlin vorzustellen.