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Gymnasial-Angebot in Visselhövede auf der Kippe

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Von: Jens Wieters

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Schüler einer Gymnasialklasse der Oberschule, die in der späteren Oberstufe stets für außergewöhnliche Leistungen sorgen.
Schüler einer Gymnasialklasse der Oberschule, die in der späteren Oberstufe stets für außergewöhnliche Leistungen sorgen. © OBS

Das gymnasiale Angebot in der Visselhöveder Oberschule steht auf der Kippe. Schule und Verwaltung wollen es aber erhalten.

Visselhövede – Kurze Wege, ein vertrautes Umfeld in und außerhalb der Schule, eine stabile Unterrichtsversorgung mit gut ausgebildeten Lehrern und bekannte Gesichter: Die Schüler der Gymnasialklassen an der Oberschule (OBS) Visselhövede können sich glücklich schätzen, dass ihnen diese Möglichkeit des Lernens am Heimatort geboten wird.

Doch wie lange noch? Denn die Landesschulbehörde spielt mit dem Gedanken, der Oberschule die Genehmigung für das gymnasiale Angebot zu entziehen. Der Grund: Die OBS erreicht im kommenden Schuljahr nicht die vom Gesetz geforderten Schülerzahlen, die eine Gymnasialklasse ermöglichen kann. 27 müssen es sein. Diese Zahl wurde zwar bereits in den vergangenen Jahren nicht ganz erreicht, aber bisher gab es immer eine Ausnahmegenehmigung.

Und die sollte es nach Ansicht der Schule und der Stadt als Schulträger auch weiterhin geben, „weil wir belastbare Zahlen vorliegen haben, die besagen, dass wir schon ab dem Schuljahr 24/25 wieder rund 100 Schüler in der fünften Klasse der OBS aufnehmen, wovon statistisch gesehen knapp 40 Prozent die Gymnasialklasse besuchen werden. Wir müssen also nur ein Jahr überbrücken“, appelliert Bürgermeister André Lüdemann an die Schulbehörde. Eine entsprechende mehrseitige Stellungnahme pro Gymnasium hat er bereits zur Lüneburger Amtsleitung geschickt. Man befinde sich aktuell in einer demografisch bedingten Delle was die Schülerzahlen angehe, die sich aber schon im übernächsten Jahr erübrigt habe, so Lüdemann.

Auch Schulleiter Ronny Wieland und das OBS-Kollegium kämpfen für den Erhalt des Angebots: „Wir können Gymnasium! Im Vergleich zum Landesdurchschnitt haben bei uns überdurchschnittlich viele Schüler ei-

nen erweiterten Sekundarstufen-I-Abschluss geschafft Die hohe Leistungsfähigkeit lässt sich auf eine grundsätzlich leistungsstarke Schülerschaft im vor allem gymnasialen Angebotsbereich zurückführen. In der Regel erreichen mehr als die Hälfte aller Schüler des Jahrgangs zehn den höchstmöglichen Schulabschluss.“

Wieland macht noch einmal deutlich, dass Eltern kein Gymnasium zweiter Klasse befürchten müssen, wenn sie ihr Kind für das Gymnasium in der OBS anmelden: „Die Oberschule ist in allen Bereichen in der Lage, ein umfangreiches gymnasiales Angebot mit gleicher Unterrichtsqualität wie zum Beispiel im Rotenburger Ratsgymnasium zu leisten. Es werden alle Vorgaben der Kerncurricula des Landes eingehalten und umgesetzt. Dies gilt auch für die Verwendung der Lehr- und Lernmittel.“ Hinzu komme die Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung durch ein umfangreiches Zusatzangebot wie zum Beispiel die Teilnahme an Studienfahrten ins Ausland oder Skifreizeiten, wie es oft auch in Gymnasien angeboten werde.

„Und unsere Gymnasialschüler werden bestens vorbereitet auf den Übergang in die Oberstufe. Sie gehören stets zu den leistungsstärksten Abiturienten im Ratsgymnasium Rotenburg oder auch an der BBS“, berichtet Wieland, der mit allen Oberstufen in der Kreisstadt „bestens vernetzt“ ist.

Aber der reine Unterricht ist nur eine Seite der Medaille, der pädagogische Aspekt sei mindestens genauso wichtig, so der Schulleiter, der mit seinem Kollegium auch eine 16-seitige Stellungnahme pro Gymnasialklasse an die Behörde geschickt hat. „Die Oberschule ist mit ihren Standorten im Kernort Teil der Stadt und auch Teil der regionalen örtlichen Gemeinschaft. Man kennt sich und die Wege sind kurz.“

Matthias Haase (v.l.), André Lüdemann, Ronny Wieland und Heiko Grünhagen blicken auf steigende Schülerzahlen.
Matthias Haase (v.l.), André Lüdemann, Ronny Wieland und Heiko Grünhagen blicken auf steigende Schülerzahlen. © Wieters

Und eben die Entfernung zur Kreisstadt Rotenburg sei ein Aspekt, der auch zu berücksichtigen sei: „Die Oberschule ist bei einem verspäteten Unterrichtsbeginn jederzeit unkompliziert zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar. Damit verringert sich der Schultag zeitlich um unnötige Wartezeiten, die für andere Aktivitäten genutzt werden könnten.“

Durch den Erhalt des Angebots solle nicht das Ratsgymnasium infrage gestellt werden, aber nicht jede weiterführende Schule sei für jeden geeignet. „Das gymnasiale Angebot der OBS soll genau diejenigen Schüler ansprechen, die sich in einer kleineren Schule mit weniger Schülern, mit überschaubaren Gebäuden und im Kreis bekannter Mitschüler aus dem sozialen Lebensumfeld wohler fühlen als in einem großen System.“

Für Bürgermeister Lüdemann darf ein weiterer Gesichtspunkt nicht außer Acht gelassen werden: „Wir wollen den ländlichen Raum stärken. Und dazu gehört ganz einfach ein attraktives Bildungsangebot mit Gymnasialklassen wie wir sie jetzt haben. Die Landesbehörde muss im Prinzip nur ein Jahr ein Auge zudrücken, weil die Zahlen dann schon wieder ganz anders aussehen.“

„Und“, so Lüdemann, „zu einer funktionierenden Integration von Flüchtlingen zum Beispiel aus der Ukraine, die ein sehr hohes Bildungsniveau mitbringen, gehört ebenfalls ein breit gefächertes schulisches Angebot.“

Wieland und Lüdemann setzen auch auf die örtlichen Land- und Bundespolitiker, die versprochen hätten, sich für den Erhalt der Gymnasialklassen einzusetzen. „Es geht am Ende nur um ein Jahr und es geht vor allem um unsere Kinder!“

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