Unbekannte schänden Grab eines Kindes - und das gleich vier Mal

Vier Mal verwüsten Unbekannte die letzte Ruhestätte eines Kindes auf dem Waldfriedhof in Rotenburg. Die Eltern sind entsetzt und hoffen, dass der oder die Täter bald gefunden werden.
Rotenburg – Es ist so ziemlich das Schlimmste, was jungen Eltern passieren kann: Im Juli 2021 stirbt der drei Monate junge Sohn von Pascal Albrecht und Valentine Fromhagen. Nico Jamie-Lee erliegt dem plötzlichen Kindstot. Als sei es nicht schon schwer genug, das zu ertragen, wird die letzte Ruhestätte des Kleinen auf dem Rotenburger Waldfriedhof seitdem vier Mal Ziel von Grabschändungen. Heiner van der Werp, Sprecher der Rotenburger Polizei, spricht von einem „besonders traurigen Fall“, wenngleich es er und seine Kollegen mit diesem Ausmaß nur sehr selten zu tun haben.
Pascal Albrecht schildert den ersten Fall: „Nach drei Wochen schon fing es an. Das Grab war komplett verwüstedt, der Grabschmuck zerstört.“ Der 25-Jährige bringt die Grabschändung zur Anzeige. Als sich der Fall nur vier Monate später wiederholt, und auch nach dem dritten Mal einige weitere Monate später, verzichtet er auf den Gang zur Polizei. „Bringt doch eh nix“, habe er sich gesagt. Um die Jahreswende herum dann der Schock: Erneut haben unbekannte Täter auf dem Grab des kleinen Jungen ihr Unwesen getrieben. „Diesmal war es noch schlimmer“, sagt der Rotenburger. Jetzt nämlich haben sich die Täter auch an den Grabstein herangemacht, auf dem ein Bild seines Sohnes ist. „Sie haben versucht, es abzuraspeln, es aber nicht geschafft.“

Klar, das alles riecht förmlich nach gezielten Angriffen. „Das war das erste, wonach meine Kollegen gefragt haben“, so van der Werp. Schließlich sei es bei allen vier Taten immer nur um dieses eine Grab auf dem Gräberfeld für Kinder gegangen. Die Oma von Nico Jamie-Lee hat zwar eine Vermutung, aus welchem Umfeld die Täter kommen können. Aber, so van der Werp, die Ermittlungen liefen noch. Die Suche nach den Tätern gestaltet sich schwer, versichern Heiner van der Werp und seine Kollegin Sara Mehnen. Man nehme so etwas äußerst ernst. „Wir haben es vielfach mit Anzeigen wegen Diebstählen und Sachbeschädigungen zu tun. Aber Grabschändung ist noch einmal eine ganz andere Nummer.“ Es seien Fälle, über die man ganz bewusst immer auch berichte. In letzter Zeit sei es dazu aber eher selten gekommen. Das Problem im aktuellen Fall: Es gibt keine tatsächlichen Spuren, die sich auswerten ließen. Heiner van der Werp unterstreicht allerdings: Bei Grabschändung handele es sich um eine Straftat, eine, die zudem auch noch eine moralische Seite habe. „So etwas macht man nicht – die Täter sollten sich schämen.“ Und: Grabschändungen sollten grundsätzlich bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden.
Diese moralische Seite bekommen die jungen Eltern des kleinen Nico Jamie-Lee hautnah zu spüren. „Es ist kaum zu ertragen, wenn man zum Friedhof geht und die Verwüstungen sieht.“ Oma Daniela Fromhagen: „Es tut einfach weh, es ist verletzend und löst Verzweiflung aus.“ Deshalb gehen auch Valentine Fromhagen und Pascal Albrecht immer mit einem „schlechten Gefühl“ zum Friedhof – und seltener als sonst, sagt der 25-Jährige.
„Wir können selbst nicht viel machen“, erklärt Stephan Lohmann, der sich im Rathaus zusammen mit Ute Lange um die Friedhöfe kümmert. Auch die beiden erreichen immer wieder Mitteilungen, wenn es Probleme auf den städtischen Friedhöfen gibt. Mal sind es herausgerissene Blumen, die nur ein paar Gräber weiter wieder eingepflanzt worden sind, oder gestohlene Kerzen. Lohmann: „Nachweisen lässt sich da nichts.“ Dennoch sei es ihm und seiner Kollegin ganz wichtig, die Menschen zu sensibilisieren. Wer etwas Ungewöhnliches beobachtet, sollte sich melden. Auch dann, wenn es nicht um derart massive Zerstörungen geht, von denen Pascal Albrecht und Valentine Fromhagen berichten. Ganz aktuell schildert Heiner van der Werp einen Diebstahl in einer Kapelle im Bereich Bremervörde. Dort hatten Unbekannte einen Heizlüfter ausgebaut und mitgenommen. Lohmann weiß, dass auch in Rotenburg die Friedhofsgebäude ebenfalls Ziel von Vandalen und Dieben seien. Und auch Gemeinschaftsgrabfelder seien nicht sicher. So sei von einem der gemeinschaftlichen Grabsteine auch schon Bronzefiguren gestohlen worden.
Pascal Albrecht schüttelt nur den Kopf, während er das hört. Er kann das alles nämlich nicht verstehen. Er hofft jetzt ganz einfach, dass es der Polizei gelingt, den Täter zuermitten. Im Frühjahr wollen er und die Mutter von Nico Jamie-Lee das Grab neu herrichten. Und sie wünschen sich einfach, dass sich dann niemand mehr daran zu schaffen macht.