Mitten in „Klein-Wien“: Sottrumer Lehrer Frank Lembke zieht es mit Familie nach Rumänien

Neun Jahre lang unterrichtet Frank Lembke am Sottrumer Gymnasium Deutsch und Latein. Jetzt zieht es ihn, seine Frau Stelle sowie beider Töchter Greta und Karla nach Rumänien, genauer gesagt nach Timisoara, an das Nikolaus-Lenau-Lyzeum. Und er hofft auf Spenden.
Sottrum/Jeersdorf – Mit ihren Rumänisch-Kenntnissen will Greta noch nicht herausrücken, aber gespannt ist die Fünfjährige schon: Ihre Familie bricht ihre Zelte im beschaulichen Jeersdorf ab, Stella und Frank Lembke ziehen mit ihr sowie ihrer kleinen Schwester Karla nach Rumänien, genauer gesagt nach Timisoara im Westen der Republik, unweit der Grenze zu Serbien. „Ein paar Wörter in der rumänischen Sprache können wir aber schon“, berichtet Frank Lembke.
Neun Jahre lang unterrichtet er Deutsch und Latein am Gymnasium in Sottrum, bis er über eine Ausschreibung stolpert: „Wir wollten schon seit Längerem noch mal ins Ausland“, erklärt er. Die Möglichkeiten sind nicht schlecht, „Deutschland unterhält ein großes Auslandsschulwesen, und das nicht nur in den großen Städten, sondern auch verstreut in Mittel- und Osteuropa“, so der Pädagoge.
Die Menschen dort sind unwahrscheinlich herzlich und freundlich, dazu kommt, dass Timisoara sehr westlich geprägt ist.
So werden in einigen Schulen die Fächer Deutsch, Geschichte und Mathematik nach deutschem Lehrplan unterrichtet, die Schüler haben zudem die Möglichkeit, nach dem rumänischen Abschluss auch noch das Abitur zu machen. Die Ausschreibung sucht eine Leitung für die sogenannte „Deutsche Spezialabteilung“ des Nikolaus-Lenau-Lyzeums in Timisoara, darüber hinaus sind dort aktuell fünf Lehrer aus Deutschland im Dienst. Frank Lembkes Bewerbung durchläuft ein umfangreiches Verfahren, bevor er die Zusage bekommt.
Allerdings: Ein Selbstläufer ist die Entscheidung, nach Rumänien zu ziehen, für die Familien nicht. „Ich dachte erst: Nein!“, erinnert sich Stella Lembke. „Aber dann sind wir beide einmal dort hingefahren – und das hat alles verändert.“ Auch Lembke hat nach der Reise einen anderen Blick auf das Land am äußersten Ost-Rand der Europäischen Union. „Die Menschen dort sind unwahrscheinlich herzlich und freundlich, dazu kommt, dass Timisoara sehr westlich geprägt ist.“ Für Lembkes macht die Reise bereits einiges aus, aber auch darüber hinaus sammeln sie alles an Informationen über Stadt und Land, was sie finden können, sprechen mit seinen künftigen Kollegen vom Nikolaus-Lenau-Lyzeum, holen sich Tipps. „Dazu kommt, dass Timisoara einen Flughafen hat, also klingt alles wilder, als es im Endeffekt ist“, sagt Frank Lembke mit einem Lachen.
Multikulturelle Stadt
„Klein Wien“, lernen Lembkes, nennt man die mit rund 320 000 Einwohnern drittgrößte Stadt Rumäniens auch – wegen dem Stadtbild, das an die österreichische Hauptstadt erinnert. „Dazu ist Timisoara in diesem Jahr europäische Kulturhauptstadt“, sagt Frank Lembke. „Die Stadt ist multikulturell, auf den Straßen sind nicht nur Rumänen unterwegs, sondern auch viele Ungarn, Serben, Deutsche und Italiener. Sie ist einfach liebenswert und schön.“ Dass die Nachfrage bei den rumänischen Schülern da ist, davon ist Lembke überzeugt: „Unsere Sprache hat dort einen hohen Stellenwert.“
Doch erst einmal werden sich Lembkes mit der rumänischen Sprache auseinandersetzen. Die fünfjährige Greta wird einen rumänischen Kindergarten besuchen, 2024 kommt sie in Timisoara in die Schule. Währenddessen bleibt Nesthäkchen Karla bei ihrer Mutter. Stella Lembke, bislang als Erzieherin in Klein Meckelsen tätig, wird vorerst zu Hause bleiben, „aber ich habe eventuell die Möglichkeit, später dort in einem Kindergarten zu arbeiten“, sagt sie.
Hoffnung auf ausrangiertes Schul-Equipment
Auch in Rumänien ist die Digitalisierung in den Schulen angekommen, sie steckt allerdings noch sehr in den Anfängen. Da wiederum in dieser Region viele Schulen auf Smartboards umstellen, hofft Frank Lembke darauf, daraufhin ausrangierte Beamer für das Nikolaus-Lenau-Lyzeum zu bekommen. „Auch an guten Schulmöbeln fehlt es“, so Lembke. Falls daher der ein oder andere Schulträger nicht mehr benötigtes Inventar loswerden will, kann er sich per E-Mail an franklembke@googlemail.com bei Frank Lembke melden. „Der Transport wird dann organisiert“, so der Pädagoge.
Übers Internet finden sie eine Wohnung, die Vermieter sind ein Pärchen aus München. Gesehen haben sie die Wohnung noch nicht, nur auf Fotos. „Wir haben eine schöne Gegend erwischt, dazu sind es für mich zur Schule nur fünf Minuten mit dem Fahrrad“, freut sich Frank Lembke. Die Reaktionen auf ihren Umzug nach Rumänien sind unterschiedlich, „es hängt davon ab, mit wem wir sprechen“, sagt er. „Aber die Reaktionen von denen, die Rumänien bereits kennen, sind durchweg positiv.“
Ihr gemietetes Haus in Jeersdorf ist nun leer, ein Umzugsunternehmen aus Serbien ist mit dem Hab und Gut der Lembkes auf dem Weg nach Timisoara. Für die letzten Abende in Deutschland bekommen sie Essenseinladungen von den Nachbarn. „Wir gehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Stella Lembke. „Immerhin haben wir uns hier etwas aufgebaut, es ist unser Zuhause geworden.“ Auch der Wechsel vom Land- zum Stadtleben beschäftigt sie: „So, wie wir hier leben, fehlt es uns ja an nichts, man ist hier richtig eingebettet.“ Frank Lembke dagegen weiß, was er in Rumänien vermissen wird: „den Männerchor Scheeßel“, sagt er.