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Diskussion zum Thema „Wie können sich Landwirtschaft und Umwelt versöhnen?“

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Diskussion zum Thema „Wie können sich Landwirtschaft und Umwelt versöhnen?“: SPD-Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil (v.l.), Landvolk-Vorsitzender Jörn Ehlers und Bioland-Geschäftsführer Harald Gabriel.
Diskussion zum Thema „Wie können sich Landwirtschaft und Umwelt versöhnen?“: SPD-Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil (v.l.), Landvolk-Vorsitzender Jörn Ehlers und Bioland-Geschäftsführer Harald Gabriel. © Bonath

Sottrum - Von Wieland Bonath. Nach zwei Stunden, am Ende einer besonnenen und fairen Diskussion, stand ein älterer Imker auf und klagte: „Eines kommt immer zu kurz, die Biene.“

Dabei gehöre der kleine Honigproduzent zu einem der wichtigsten Nutztiere überhaupt. Mit chemischen Giften sei der Mensch jedoch dabei, immer mehr Bienenvölker zu töten. „Unsere Bienen“, so der Imker, „sind nicht krank, unsere Umwelt ist krank.“ Dieses berühmte Wort hat Albert Einstein geprägt: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Biene mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“

Lars Klingbeil, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Rotenburg I – Heidekreis, hatte am Mittwoch in das Gasthaus Röhrs zu einer öffentlichen Diskussion über ein brisantes, die ganze Gesellschaft berührendes Thema eingeladen: Wie können sich Landwirtschaft und Umweltschutz versöhnen?

Auf den Wiesen die erste Mahd: „Leistungsgras“ für Hochleistungskühe?
Auf den Wiesen die erste Mahd: „Leistungsgras“ für Hochleistungskühe? © Bonath

Ein kleiner, hochkarätiger Kreis von Fachleuten leitete mit längeren Statements unter der Moderation von Klingbeil den Abend ein: MdB Dr. Matthias Miersch aus Laatzen bei Hannover, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Jörn Ehlers aus Holtum-Geest, Vorsitzender des Kreislandvolks Rotenburg-Verden und Harald Gabriel, Geschäftsführer von Bioland Niedersachsen/Bremen mit Sitz in Visselhövede.

Besorgten und interessierten Bürgern, Vertretern von Umweltverbänden, Repräsentanten von landwirtschaftlichen Genossenschaften und Politikern aus den Landkreisen Rotenburg, aus dem Heidekreis, aus dem Raum Verden und weiteren benachbarten Landkreisen wurde ein Themenpaket präsentiert, das Gegensätzlichkeit, Versäumnisse und dringende Ziele in den Bereichen Landwirtschaft und Umweltschutz schonungslos nannte.

Gesamtgesellschaftliche Grundsatzfrage

Allerdings wurde dabei nicht vergessen, den Boden der sachlichen Auseinandersetzung zu verlassen. Und damit niemand vergaß, wo er sich während der zweistündigen Veranstaltung befand: Immer wieder rollten, von PS-starken Traktoren gezogene Gülletanks von den Feldern zurück auf die Höfe, vorbei am Gasthaus Röhrs an der Bergstraße. Der teilweise weit zu hohe Nitrateintrag in den Boden ist längst zu einer ernsten Gefahr für das Trinkwasser geworden.

Die Forderung „Immer höher – immer weiter“ lasse sich, so MdB und Umweltexperte Matthias Miersch, auf Dauer in der Landwirtschaft nicht aufrecht erhalten. Es handele sich vielmehr um eine gesamtgesellschaftliche Grundsatzfrage.

Bundespolitiker wünscht sich gemeinsame europäische Agrarpolitik

Miersch beleuchtete kritisch bei Einbeziehung von Versäumnissen und Fehlern der Politik Themenbereiche wie Tier- und Pflanzenschutz, Fracking, Nitrat, Gülle-Tourismus, Glyphosat, die grüne Gentechnik, den Datenschutz. Und er wies auf das weitere Schrumpfen der mittelständischen Betriebe hin. Vielfach gelte das Prinzip: Um zu überleben, muss die Betriebsgröße wachsen. Eine gemeinsame europäische Agrarpolitik bezeichnete der Bundespolitiker als wichtigsten Ansatz. Grundsätzlich, bedauerte Miersch, vermisse er immer wieder konstruktive Vorschläge des Bauernverbandes.

Landvolk-Vorsitzender Ehlers beschrieb diese Forderungen als Kernpunkte: Arbeit müsse machbar sein – Arbeit müsse bezahlbar sein. Ehlers wies darauf hin, dass die Biolandwirtschaft „ungleich teurer ist“. Er kritisierte im Zusammenhang mit der gemeinsamen Landwirtschaft den relativ hohen Bürokostenanteil: „Geld bleibt auf der Strecke, das nicht beim Landwirt ankommt.“

Landwirt will keine Almosen, sondern faire Bezahlung

Harald Gabriel, seit 20 Jahren Bioland-Geschäftsführer im größten deutschen Ökozentrum in Visselhövede: „Wir reden lieber vom Umbau der Landwirtschaft.“ Im übrigen brauche man keine Almosen, sondern angemessenes Geld für die Leistung.

Lars Klingbeils knappes Fazit am Ende: „Alle drei Fachleute sind sich einig, dass etwas geschehen muss.“ Das wurde in den zahlreichen Diskussionsbeiträgen der Besucher gleichfalls immer wieder deutlich.

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