Das ganze Dorf im eigenen Smartphone: Hellwege testet Vernetzung der Bürger

Das klassische schwarze Brett im Dorf gehört mehr und mehr der Vergangenheit an. Es wird digital. In Hellwege sollen sich die Einwohner demnächst per App miteinander verbinden können.
Hellwege / Ottersberg – Bei TuS Hellwege hängt ein Schwarzes Brett, zählt Ratsfrau Michaela Strube auf, beim Bäcker in Ort ebenfalls, dazu kommunizieren und organisieren sich die Hellweger über diverse Gruppen in Messenger-Diensten. So kennen es wohl auch viele Leute in anderen Dörfern, denen was am gemeinsamen Leben liegt. In Hellwege möchte man all das mittels einer App digitalisieren und bündeln. Bis dahin müssen aber noch einige Schritte gemacht und vor allem die weniger handy-affine Dorfbevölkerung „abgeholt“ werden. Im benachbarten Ottersberg ist das Projekt Anfang des Monats bereits gestartet – und hat erste Erfahrungen gemacht.
Auch in Ottersberg würde man sich freuen, wenn Hellwege die Dorffunk-App, um die es hier geht, ebenfalls nutzen würde, wie Bürgermeister Wolfgang Harling (SPD) auf einer Ratssitzung erläutert. Denn das Programm, das von dem Projekt Digitale Dörfer ins Leben gerufen wurde, funktioniert über die Ortsgrenzen hinweg, Veranstaltungen könnten zum Beispiel besser abgesprochen werden. Die App grundsätzlich macht das Dorfgespräch digital möglich, man kann Gruppen zur Organisation gründen, Mitfahrgelegenheiten anbieten und in Anspruch nehmen, Veranstaltungen ankündigen, sich mit den Nachbarn austauschen, fasst Strube zusammen.
App heißt „Dein Dorf in der Hosentasche“
Wer die App („Dein Dorf in der Hosentasche“) auf dem Smartphone installiert, findet dort nach Worten von Tim Willy Weber, Bürgermeister von Ottersberg, „einen digitalen Raum, in dem sich Menschen auf Gemeindeebene treffen, informieren und plauschen können“ – Nachbarn, Vereine, Gruppen und öffentliche Einrichtungen. Ziel der Vernetzung sei die Stärkung von Gemeinschaft und Zusammenhalt durch Digitalisierung. Für Ottersberg ist die App mittlerweile freigeschaltet. Für Michaela Strube, die sich für die Gemeinde Hellwege mit dem Projekt Digitale Dörfer beschäftigt hat, hat das viele Vorteile, auch für die Gemeinde selbst. Es funktioniere ein bisschen wie der Gemeindebrief und sei für die Verwaltung eine einfache Möglichkeit, die Anliegen der Bürger abzurufen.
Die Dorffunk-App als Plattform für regional begrenzte Information und Kommunikation haben die Stiftung Digitale Chancen und das Fraunhofer-Institut für experimentelles Software Engineering (IESE) im Rahmen ihres Kooperationsprojekts Digitale Dörfer entwickelt, finanziell gefördert vom Land. Digitale Vernetzung in der Kommune ist vielerorts Thema. Ottersberg habe laut Weber schon länger ein digitales Angebot für den unkomplizierten Informationsaustausch nachgedacht worden, und der Bürgerrat habe den Bedarf noch mal untermauert. „Aber eine eigene Gemeinde-App war uns zu aufwendig und ein Newsletter nur zum Lesen, aber ohne Dialogmöglichkeit zu einbahnstraßenförmig.“
Da kam die 2022 auf den Markt gebrachte Dorffunk-App gerade richtig, zumal sie bis Ende 2025 dank der Projektförderung des Landes nichts kostet. Und auch danach sind die Kosten für Hellwege überschaubar. Bis zu 300 Euro monatlich kostet das „große Paket“ des Projekts Digitale Dörfer unter anderem mit Schaubildschirmen und mehr. Die Dorffunk-App alleine würde der Gemeinde lediglich 75 Euro monatlich an Gebühren kosten. Für die Dorfbewohner ist die App kostenfrei. „Das Interesse ist gut“, schließt Ottersbergs IT-Beauftragter Hartmut Heese aus der Nachfrage besonders von Vereinen, die teils ungeduldig auf die Freischaltung der App für Ottersberg gewartet hätten. Bürgermeister Weber hofft auf lebhaften Funkverkehr: „Je mehr mitmachen, umso besser wird’s.“ Die Verwaltung selber will über die App Neues aus dem Rathaus und der Politik vermelden und erhofft sich durch die mögliche digitale Interaktion eine größere Bürgerbeteiligung.
In Hellwege soll es bald zunächst eine Arbeitsgruppe geben, die den Start der Dorffunk-App begleitet, vorbereitet und die Vereine ins Boot holt. Der Gemeinderat hat auf seiner jüngsten Sitzung dafür gestimmt, die Zeit bis 2025, in der die App der Gemeinde nichts kostet, als Testphase zu nutzen. Bis dahin soll es auch Infoveranstaltungen geben, wie sie am Donnerstagabend auch in Ottersberg stattfindet.