„Gegen den Strom“: Karikaturist Toonmix zeigt Werke in Sottrum

Seit 2018 greift Robert Werner alias Toonmix als Karikaturist der Rotenburger Rundschau das aktuelle Geschehen auf; eckt an, eröffnet neue, humorvolle Perspektiven auf ernste Themen. Mitte März beginnt in Sottrum eine Ausstellung seiner Werke.
Sottrum – „Was wäre Kunst, wenn sie nicht hin und wieder polarisiert?“, fragt Robert Werner. Der Sottrumer muss es wissen, immerhin ist er seit 2006 selbstständiger Zeichner, Karikaturist und Cartoonist. Unter anderem für die Rotenburger Rundschau zeichnet er unter dem Pseudonym „Toonmix“. Selten gesellschaftskritisch, oft skurril und gelegentlich angelehnt ans lokale Tagesgeschehen – so lässt sich sein Tagewerk für die Zeitung zusammenfassen. Einen Teil davon werden Interessierte demnächst im Europäischen Heimat- und Kulturhaus in Sottrum sehen. Dort stellt Werner aus.
Ob da genau das zu sehen sein wird, was polarisiert? Anteilig sicher, denn fest steht, an so manchem Werk scheiden sich die Geister. Oft hängt das mit dem besonderen Humor zusammen, den der Sottrumer pflegt. Erst jüngst stießen sich Leser der Rundschau an einem Cartoon, der eine Frau mittleren Alters an einem Einkaufswagen zeigt. Punchline: Der Wagen ist voll mit Waren, die Geldbörse irgendwo vergraben.
Bei mir sind alle mal dran.
Eine Kritikerin schloss aus der Körperfülle der Figur, der Zeichner wolle sich über dicke Frauen lustig machen und suggerieren, nur Übergewichtige füllten ihren Wagen bis zur Oberkante mit Lebensmitteln. Werner winkt ab. „Bei mir sind alle mal dran“, sagt er und schmunzelt.
Die Ausstellung
„Gegen den Strom“ ist an drei Terminen mit Begleitung des Künstlers zu sehen: Freitag, 10. März, 18 bis 21 Uhr, Samstag, 11. März, 14 bis 18 Uhr sowie Sonntag, 12. März, 11 bis 17 Uhr. Beim letzten Termin hält der Heimatverein Kaffee und Kuchen bereit.
Er nehme auf niemanden Rücksicht, Menschen jeder Gewichtsklasse, jeden Körperbaus, jeden Alters und Berufs kämen in den Zeichnungen vor – genau wie von der Kritikerin gefordert auch mal übergewichtige Männer in unvorteilhafter Pose, gelegentlich in Badehose. Und auch sich selbst nimmt der Cartoonist auf die Schippe – wenn er sich mit heruntergelassener Hose gleichzeitig auf Toilette und unter der Dusche zeichnet und dabei seinen eigenen Arbeitsprozess komisch kommentiert. Frei nach dem Motto: Wenn dem Zeichner nichts einfällt, kombiniert er eben das Duschen mit der Sitzung. Wer hätte dabei nicht schon den einen oder anderen Einfall gehabt?

Werner weiß, in seiner Werksammlung ist auch „so manche Gurke dabei“. Genau wie bei seinem Vorbild „Perscheid“: Im nun veröffentlichten Nachlass des Verstorbenen seien einige Werke, die dieser nie freigegeben hätte, vermutet Werner. Daraus zieht er Bestätigung: Jeder könne mal daneben liegen.
Auf der anderen Seite ist manche Idee dann auch wieder elektrisierend. So wie der für den Plakatentwurf. „Gegen den Strom“ heißt die Toonmix-Ausstellung. Wie so oft ist dies das Ergebnis schweifender Gedanken. Der gelernte Elektriker hat zunächst den Latzhosenträger mit dem Schwert gezeichnet – und da er mit manchen Zeichnungen ohnehin aneckt, kam der Gedanke schnell auf das Plakatmotiv.
Es darf skurril sein
Mit Schwert und Schild gegen Elektrizität, das ist Unsinn – Schabernack, wie Toonmix ihn liebt. Manche Zeichnung lade auch zum Hinterfragen ein, aber es dürfe auch gelacht werden, „es darf durchaus auch skurril sein“, sagt der Sottrumer. „Was schräg ist, das finde ich toll. Und Lachen ist die beste Medizin, es ist befreiend und löst manche Probleme und brenzlige Situationen einfach auf.“

Manche Dinge kann man aber nicht weglachen. Manchmal muss man weggehen. Die Erfahrung hat der Cartoonist in jungen Jahren mit seinem Ausbildungsberuf gemacht. „Ich habe es gehasst. Nach Ende der Lehre war ich da weg“, sagt der Elektriker. Er eignet sich Grundkenntnisse des Programmierens an, arbeitet ein paar Jahre bei einer Bremer Agentur, steigt auch dort wieder aus. Irgendwann macht er sein bereits seit Kindheitstagen gepflegtes zeichnerisches Talent zu seinem Beruf: Seit 2006 ist er selbstständig, zeichnet für Werbekampagnen – unter anderem für namhafte Autohersteller und den Bäcker nebenan – und animiert Trickfilme. Seit 2018 zeichnet er auch für die Rundschau.
Mal sind es Themen, die bundesweit für Aufsehen sorgen, die WM-Vergabe nach Katar beispielsweise. Oder aber die Radfahrt einer jungen Frau aus Ebbingen, die bei Hilligensehl auf Wölfe gestoßen ist, die sie einige Kilometer verfolgten. Die Zeichnung hält eine etwas andere Erklärung für den Vorfall bereit.
Querschnitt durch das Werk
Wer mit dem Künstler mal über seine Arbeit ins Gespräch kommen möchte, hat mit der Ausstellung im März die Gelegenheit dazu. „Ich werde da sein, ich will ja auch sehen, wie die Leute auf die Werke reagieren. Wenn ich die online poste, bekomme ich ja nur oberflächlich mit, was wie ankommt. Das ist mit einer Begegnung bei einer Ausstellung ja nicht zu vergleichen“, so Werner.
Zu sehen sein wird ein vielschichtiger Querschnitt durch das Werk – Sinn, Unsinn, Bizarres und hier und dort auch etwas mit kritischer Note gegen Gesellschaft oder Politik. Darunter natürlich auch viele Rundschau-Karikaturen – immerhin sind davon seit 2018 weit über 200 Stück entstanden. Vielleicht auch der „Hartz-4-Föhn“ – eine Zeichnung, die einen Mann in Unterhemd mit Luftballon in der Hand zeigt, dessen Luft auf schütteres Haar entweicht. „Ich war selbst schon in der Situation“, sagt Werner mit Blick auf die überwundene Arbeitslosigkeit. „Ich kann darüber lachen.“ Verächtlich machen wolle er sich aber ausdrücklich nicht. Erst recht nicht mit bunt bedrucktem und frei erwerbbarem Büttenpapier und Karton in Passepartout-Rahmen.