„Deep Cuts“: Christine Glenewinkel aus Selsingen veröffentlicht Domina-Thriller

Christine Glenewinkel aus Selsingen hat ihren ersten Thriller veröffentlicht. Darin nähert sie sich der Logik des Bösen über abseitige sexuelle Vorlieben und sportliche Alkoholiker. Für die Recherche hat sie mit Rechtsmedizinern und Sexarbeiterinnen gesprochen.
Deinstedt – Im Berliner Verlag Redrum Books ist mit „Deep Cuts (Der Domina-Effekt)“ der erste Thriller-Roman von Christine Glenewinkel erschienen. Die Autorin ist in Deinstedt in der Samtgemeinde Selsingen aufgewachsen. Nach dem Abitur in Bremervörde folgte ein Studium der Kulturwissenschaften im Bereich der bildenden Künste in Bremen. Von dort aus verfolgte sie verschiedene kulturelle Stilarten, wurde sesshaft, heiratete und schrieb Drehbücher.
Normalerweise kümmert Glenewinkel sich um schöne Dinge, die das menschliche Miteinander erfreulich machen. Da in der Dualität des Lebens das Gute aber nicht ohne das Böse möglich ist, befasst sie sich gern mit der menschlichen Psyche, um auch die Logik des Bösen zu begreifen. Denn oft brodeln hinter scheinbar unauffälligen Charakteren wahre Vulkane, die kurz vor dem Ausbruch stehen.
Filmstoff in Buchform
So wie in der Geschichte um Kriminalkommissar Piet Szukay, der in Kooperation mit der Domina Katharina Jakob eine brisante Mordserie aufklärt. 2018 ergab sich die Option, den Stoff ihres nun erschienen Buches von einer deutschen Filmproduktionsgesellschaft verfilmen zu lassen. Tatsächlich hatte Glenewinkel ihre Geschichte unter diesem Aspekt erdacht: „Mit der Domina war es so, dass ich fürs Fernsehen gedacht habe und mich fragte, was es noch nicht gibt. Wo ist thematisch etwas drin, was ich gerne visualisieren würde? Dabei stieß ich auf die Domina. Sex and crime at its best. Allerdings interessiert mich die Psychologie der Figuren viel mehr. Für das Genre muss man so arbeiten“, findet die Autorin.
Die besagte Psyche ihrer Figuren machte sie anschließend an größeren Themen fest. Empathie spielt dabei ebenso eine Rolle, wie der Perfektionismus: „Perfektion ist das Gegenteil von Selbstliebe. Du darfst keine Fehler machen.“ Im Roman geht es einerseits um zwei Menschen, die in ihrem Job hochgradig auf Perfektion angewiesen sind. Andererseits stehen sie mit ihren jeweiligen Vorlieben etwas abseits der Gesellschaft. Die Domina durch ihren Job, der Kommissar durch seine Trinkerei, die er durch intensiven Sport versucht, zu kompensieren. „Er quält sich selbst, würde das aber nie von ihr machen lassen“ schmunzelt Glenewinkel. „Ich fand es spannend, dass eine Domina, der nichts Menschliches fremd ist, einen ganz anderen Zugang zu Täter und Profiling hat“ führt die Autorin, die bereits einmal für eine Filmproduktionsfirma arbeitete, weiter aus.
Intensive Recherche
Glenewinkel recherchierte. Sie sprach mit Rechtsmedizinern, die ihr erklärten, dass man den Angehörigen heutzutage den Anblick der Leiche zwecks Identifizierung gar nicht mehr beziehungsweise nur noch im absoluten Zweifelsfall zumutet: „Die Identifizierung läuft über die DNA. Es ist dem Medium Fernsehen geschuldet, dass immer noch Opfer den Angehörigen vorgezeigt werden. Ein Laborant mit einem Schälchen in der Hand ist halt nicht so aussagekräftig“ sagt sie schmunzelnd.
Genau wie ein Journalist eignete die Roman-Autorin sich ihr Wissen durch viele Gespräche und Online-Recherche an: „Es ist eine Mär, dass man das, worüber man schreibt, vorher gut kennen muss. Es ist die Kunst eines Autors, es so wirken zu lassen, als wenn man Ahnung hat“ sagt Glenewinkel und lächelt. „Es ist genauso wie beim Drehbuch. Man muss alle Nuancen aus dem Effeff kennen. Du gehst ins Netz, rufst Leute an. Ich habe mit Damen aus dem ,Gewerbe’ gesprochen. Weiterhin kenne ich mittlerweile sogar Pärchen, die ,das’ für sich praktizieren.“
Faszination der Domina
Glenewinkel erläutert, dass einer Domina wahrscheinlich keine menschlichen Abgründe fremd sind, und ihre Protagonistin daher ab dem kommenden zweiten Band der Serie mit Piet Szukay eine neue Perspektive als „Ermittlerin“ erwächst. Eine Domina bediene viel davon, was in der Gesellschaft unterschwellig vorhanden sei. Sie diene ihrem „Sklaven“, indem sie seine Wünsche ablese. Das sei fast vergleichbar mit einer Mutter, die über ihr Kind herrschen möchte, es jedoch – realistisch betrachtet – seinen Wünschen entsprechend bediene.
An einer Passage im Roman spielen Déjà-Vu-Erlebnisse eine derart besondere Rolle, dass sie den Fall der Auflösung nahebringen. „Ich habe bereits einmal einen Ort gesehen, an dem ich in meinem Leben noch nicht war. Doch ich wusste, diesen Ort kenne ich. Ich war schon mal da. In einem anderen Leben, vielleicht. Verrückt, oder?“, fragt die Kulturschaffende. In der betreffenden Passage steht Kommissar Szukay an einer Folterbank. Dadurch findet sich der Schlüssel zur Lösung des Falles. „Ein naheliegendes Déjà-Vu-Erlebnis. Stoff fürs Fernsehen. Eine starke Bildwelt.“ Auf Wunsch des Verlages, der den Roman nun veröffentlicht, hat Glenewinkel noch einige „harte“ Stellen in ihren Text eingebaut: „Sie sagten, mach mal etwas härter, da habe ich es härter gemacht. Das ist beim Drehbuchschreiben auch so. Das muss man dann als Autor machen.“
Ganz im Sinne der Parität wird es in ihrer Romanserie männliche und weibliche Täter geben. Dafür ist ihr Künstlername neutral: C.G. Redgrave – wobei der Name nichts damit zu tun hat, dass sie im Landkreis Rotenburg aufgewachsen ist. „Deep Cut – Der Domina-Effekt“ kostet 14,99 Euro und ist im Berliner Verlag Redrum Books erschienen.