Scheeßeler Landwirt berichtet über Bau der „SuedLink“-Trasse: „Wird Nerven kosten“

Scheeßel – Vor drei Tagen ging es los: Das erste „SuedLink“-Kabel im Kreis Rotenburg wurde geliefert, in etwa einem Jahr soll es für den Abschnitt von Stade bis Scheeßel in Sachen Stromnetzausbau ernst werden. Hinrich Meinke und weitere Grundstückseigentümer beschäftigen sich aber schon viel länger mit dem Thema „SuedLink“: Sie besitzen Grundstücke, die auf der Trasse der Hochspannungsgleichstrom-Leitung liegen.
„2017 wurde beschlossen, dass das Kabel unter die Erde soll und dann war auch klar, dass mich das betreffen wird“, berichtet Meinke von den Anfängen. Einen ganzen Ordner voll mit Unterlagen, Karten und Informationen hat er in der Zwischenzeit angesammelt. Er bewirtschaftet 230 Hektar Land, der dazugehörige Milchviehbetrieb beherbergt 250 Tiere.
Das Areal, in dem das Kabel verlegt wird, ist scheinbar klein: Betroffen ist ein Bereich mit 650 Metern Länge. Doch unabhängig von dieser geringen Fläche ist es Land, auf dem er Pflanzenanbau betreibt. „Noch weiß keiner, wie sich die Wärme, die das Kabel produzieren wird, auswirkt“, so Meinke. Es gibt keine Referenzen in dieser Sache.
Das Kabel erzeugt Wärme und das wirkt sich auf die Landwirtschaft aus
Die Ungewissheit, die ist ihm nicht so recht. „Im Normalbetrieb erzeugt das Kabel eine Erwärmung von 40 Grad Celsius – das Großprojekt ,SuedLink‘ist in vielen Punkten eine Art Versuch“, beschreibt er Sorgen, die ihn bewegen. Bis zu 70 Grad Wärme können nach seinen Informationen entstehen, die Spanne zwischen den beiden genannten Temperaturen ist groß, die Folgen für die Landwirtschaft unklar. Der Netzbetreiber und Bauherr Tennet wolle das Kabel möglichst nahe an der Erdoberfläche verlegen, er als Landbesitzer wolle es möglichst tief haben.
Zur Wärme hinzukommt die Feuchtigkeit des Bodens, die dazu führt, dass nur ein flacher Grund vorhanden ist. Auch wird möglicherweise, wenn das Kabel erstmal liegt, der Boden nicht mehr wie früher zufriert. „Zum Beispiel für den Kartoffelanbau kann das schwierig werden, denn wir haben Schädlinge, deren Verbreitung durch den Frost eingedämmt wird“, beschreibt er einen weiteren Aspekt. Die zukünftige Verbreitung der Schädlinge sei dann schwer einzuschätzen.
Auch die Bauphase bringt einige Umstände mit sich. „Sie wird Nerven kosten“, sagt der Landwirt. Es wird Wege geben, die dann nicht nutzbar sind. Meinke rechnet mit einer Bauphase von etwa einem halben Jahr. Durch den Umstand, dass sein Land direkt neben dem Hurricane-Gelände liegt, geht er davon aus, dass es direkt nach dem nächsten Festival losgehen wird. Denn bis zum dann kommenden Festival wollen die Verantwortlichen mit dem Bereich fertig sein – auch damit etwaige Festivalbesucher nicht mit der Baustellensituation konfrontiert werden.
Wenn das Kabel erstmal liegt, wird eine Baulast im Grundbuch eingetragen. „Wir dürfen auch in Zukunft auf dem Bereich nicht bauen, keine Bäume darauf setzen und nur bestimmte Pflanzen anbauen, diese Einschränkungen sind da“, sagt der Landwirt. Allerdings ist geplant, dass der abgetragene Mutterboden neu angelegt wird und er diesen Bereich dann drei Jahre brach liegen lässt. So soll die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens sichergestellt werden.
Die entsprechenden Ausfälle bekommt er, ebenso wie alle anderen Landwirte, bezahlt. Auch für alle anderen Einschränkungen gibt es finanzielle Entschädigungen. „Insgesamt ist die Kommunikation mit Tennet gut, ich kann mich nicht beschweren“, betont er dabei. Die Projektleiter wollten schnelle Genehmigungen und diese seien nun mal zu erreichen, indem man großzügig entschädigt. Meinke spricht von Beschleunigungszuschlägen.
Finanzielle Entschädigungen helfen durchaus
Als positiv bewertet er die Vorbereitungen, die über das Landvolk gelaufen seien. „Die haben einen Rahmenvertrag mit Tennet ausgehandelt“, berichtet er. Auch habe es im Vorfeld viele Informationsveranstaltungen gegeben. Einiges ist dennoch noch unklar, „wir lassen es auf uns zukommen“ – der Landwirt ist gelassen, trotz einiger Fragezeichen.
So fragt er sich, was passiert, wenn das Kabel mal repariert werden muss. Er geht davon aus, dass es mindestens 30 bis 40 Jahre Bestand haben wird und auch, dass er in dieser langen Zeit mit den Nutzungseinschränkungen leben wird. Aber er sieht eben auch Vorteile. Anfangs habe es viel Widerstand gegeben. Inzwischen seien der Nutzen und die Notwendigkeit der Energiewende unumstritten. Viele Fragen seien bereits beantwortet. „Ob durch die Wärme des Kabels weitere Nachteile entstehen, werden wir erst in einigen Jahren wissen“ - ein letzter Zweifel bleibt.