Scheeßel - Von Lars Warnecke. Sekt, Pils und O-Saft flossen reichlich an diesem Abend, und auch der Smalltalk kam nicht zu kurz. Mehr als 250 Hände hatten Bürgermeisterin Käthe Dittmer Scheele (CDU) und Ratsvorsitzender Wolfgang Kirschstein (SPD) am Donnerstag zur Begrüßung zu schütteln. Die Gemeinde Scheeßel hatte Bürger aus Politik, Wirtschaft und Vereinswesen zu ihrem alljährlichen Neujahrsempfang in den Scheeßeler Hof geladen.
Eines vorweg: Zum großen politischen Rundumschlag holte die Verwaltungschefin in diesem Jahr nicht aus. „Das können Sie ja alles der Presse entnehmen“, wandte sich Dittmer-Scheele an die Gäste, unter die sich auffällig viele Jugendliche gemischt hatten. Auch auf ein musikalisches Begleitprogramm wurde verzichtet. Stattdessen stand mit Heinz Korte, Vize-Vorsitzender des niedersächsischen Landvolkverbandes, der Gastredner im Vordergrund. Und natürlich das Gespräch – zwischen alten Bekannten, aber auch auffällig vielen neuen Gesichtern.
Zu Letzteren gehörte auch Christian Birnbaum, seit wenigen Monaten Leiter der Eichenschule. Entsprechend erpicht war der „Neu-Scheeßeler“dann auch darauf, reichlich Kontakte zu knüpfen. „Das klappt in einem ungezwungenen Rahmen wie hier ganz wunderbar“, stellte Birnbaum fest und gab nebenbei auch einen Wunsch an das noch junge Jahr preis: „Die Welt muss wieder friedlicher werden.“ Diesen Gedanken hegten angesichts des noch nachhallenden Terroranschlags von Paris wohl viele Gäste. Aber auch ganz Pragmatisches kam zur Sprache. Unternehmerin Martina Viets etwa plädierte für mehr Bürokratieabbau in der Wirtschaft, „ach ja, und dass die Spritpreise nicht wieder steigen“, fügte sie schmunzelnd hinzu,
Nach Schmunzeln dürfte vielen Landwirten heutzutage nicht mehr zumute sein. Das zumindest stellte Heinz Korte, der den Auftakt der „Grünen Woche“ im großen Berlin lieber dem Empfang im kleinen Scheeßel vorzog, in seinem Vortrag fest. Darin widmete er sich nicht nur den Strukturveränderungen in der Landwirtschaft, sondern zeigte auch die Auswirkungen auf das Miteinander der Bevölkerung auf den Dörfern auf. Schärfere Naturschutzauflagen würden es den Bauern eben nicht leicht machen, betonte Korte. „Wir werden beobachtet wie nie zuvor, damit müssen wir leben.“ Von einem „K.-o.-Kriterium“ sprach der Landvolk-Vize mit Blick auf die im Landesgesetz verankerte und umstrittene Geruchs-Immissionsrichtlinie. Diese würde nicht nur Bauansiedlungen ausbremsen, sondern auch die Entwicklungsmöglichkeit der Höfe selbst. Die Bemerkung „dass es zumindest bei diesem Thema eine schwarz-grüne Koalition gibt“, konnte sich der Referent nicht verkneifen, nachdem er bei Landrat Hermann Luttmann (CDU) und der Landtagsabgeordneten Elke Twesten (Bündnis 90/Die Grünen) ein einvernehmliches Kopfnicken vernahm.
Die Landwirte, die einstmals das Dorfleben geprägt hätten, seien heute in der Minderheit. „Irgendwann“, prognostizierte Korte, „wird es in einigen Ortschaften keinen einzigen Hof mehr geben – auch in der Gemeinde Scheeßel nicht“. Dabei sei die Anzahl gar nicht entscheidend, „sondern die Tatkraft aller, ein intaktes Dorfleben zu gestalten“. Korte ist sich sicher: „Wir Bauern brauchen die Konsumenten, und die Konsumenten brauchen uns – um auch in Zukunft vielfältige Produkte zur Verfügung zu haben.“