Baustelle am Bahnhof: Nächtliche Hupgeräusche in Scheeßel

Eine Baufirma erneuert im Auftrag der Deutschen Bahn zwei Wochen lang die Gleise am Scheeßeler Bahnhof. Gearbeitet wird in drei Schichten, rund um die Uhr werden Gleise erneuert.
Scheeßel – Seit einer Woche hupt es am Bahnhof, tagsüber, aber auch nachts – immer, wenn ein Zug passiert. Mehr als 120 Dezibel haben die „ATWS“, wie die auf dem Bahnsteig aufgestellten Warnsysteme im Fachjargon heißen. Sie sorgen dafür, dass bei den derzeitigen Gleiserneuerungsarbeiten nichts passiert. Seit knapp einer Woche sind die Arbeiten im Gange, an diesem Wochenende ist Halbzeit.
In den Sozialen Medien sorgte der Lärm in einschlägigen Gruppen zunächst für Spekulationen, auch mal für Unmut. Von schlaflosen Nächten war in einigen Kommentaren die Rede, von einer Zumutung, davon, dass es bestimmt auch anders gehe. Die akustischen und optischen Warnsysteme dienen allerdings einem konkreten Zweck, nämlich der Sicherheit der mit den Gleisarbeiten betreuten Arbeiter – und sie sind alternativlos. „Ärgern wollen wir keineswegs jemanden“, versichert Christian Janz, Baustellen-Logistiker bei Schweerbau, dem von der Deutschen Bahn mit den Gleis- und Weichenerneuerungsarbeiten betrauten Bauunternehmen.
Nächtlicher Lärm führt zu Spekulationen
Auch er selbst höre die Warnsignale nachts in der für die Zeit der Bauarbeiten angemieteten Ferienwohnung in Jeersdorf. Sie müssen aber sein, geht es doch um die Sicherheit der Arbeiter – und die wiederum sorgen letztendlich für die Sicherheit der Bahnreisenden. In Auftrag gegeben wurde von der Bahn die Renovierung von 2340 Metern Gleis im Bahnhof und noch einmal 6,5 Kilometern zwischen Scheeßel und Rotenburg. Für die Bautrupps, die drei Bürocontainer am Bahnhof aufgeschlagen haben, bedeutet das gut zwei Wochen Arbeit rund um die Uhr in drei Schichten. Turnusmäßig werden die Gleise alle 20 Jahre erneuert. „Der genaue Zeitraum hängt davon ab, wie stark die Strecke befahren ist“, erläutert Janz.

Auch wenn Scheeßel stark frequentiert ist, „ist das hier nur eine vergleichsweise kleine Baustelle“, meint der Rügener, der mit seinem Team bundesweit unterwegs ist und sich über den Einsatz im Norden der Republik freut – schon wegen des Mittagstischs der örtlichen Schlachterei, die er beim vorigen Einsatz vor einem Jahr in Rotenburg zu schätzen gelernt hat.
Großmaschinen sind im Einsatz
Derzeit sind gleich mehrere Großmaschinen am Bahnhof im Einsatz. Die Reinigungsmaschine nimmt zuerst das Gleis hoch, damit der Schotter des Gleisbetts aufgenommen werden kann. Über ein Förderband und Siebe werden die Schottersteine des Gleisbetts, die noch spitz und groß genug sind, um sich plangemäß zu verkanten, zusammen mit neuen Steinen wieder aufgebracht.
„Und das Ganze in einem Arbeitsgang“, schwärmt der Experte. Sicherlich sei die Maschine etwas lauter, gerade beim Verdichten, „aber dafür ist sie erheblich schneller.“ Schnelligkeit ist denn auch Trumpf, soll der Bahnverkehr so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Im Beekeort sei das allerdings weniger problematisch, da der Schienenverkehr von drei auf zwei Gleise gelegt werden könne – ausfallen müssen weder Züge des Güterverkehrs noch im Personentransport.

Vergangene Woche zwischen Scheeßel und Rotenburg konnte die Baustelle sogar mit einem Zaun abgesperrt werden, die von Eisenbahnbundesamt vorgeschriebenen und einer eigens mit der Installation betrauten Sicherungsfirma Warnanlagen, die automatisch vor dem Nahen eines Zuges auslösen, konnten schweigen. Im Bahnhof selbst ist das nicht möglich, „die Gleisabstände sind zu eng für einen Zaun“, so Janz. Bei der Durchfahrt von Zügen müssen sich die Arbeiter – um die zwölf bis 14 sind nicht nur auf der jeweiligen Maschine, sondern auch daneben im Einsatz – rechtzeitig in ihren Schutzraum in Sicherheit bringen können. Ebenfalls im Einsatz: Baggerfahrer, Kranführer, Logistiker, die Mitarbeiter der Sicherungsfirma – allein die Bauablaufpläne mit den bunten Zeit-Wege-Diagrammen füllen fast eine Wand des Bürocontainers.
Präzisionsarbeit ist gefragt
Reinigungs- und Gleisbaumaschine, Stopf- und Dichtarbeiten – was nach rohem Handwerk klingt, ist in Wahrheit Präzisionsarbeit, „die Toleranz liegt im Millimeterbereich“, so Janz. Persönliche Beschwerden sind ihm und seinen Kollegen in Scheeßel noch nicht untergekommen; die Anwohner wurden per Flyern im Briefkasten informiert, auch auf der Website der Gemeinde waren die Informationen zu finden. Bahnreisende werden beim Betreten der Bahnsteige persönlich angesprochen, damit sich niemand erschreckt.
Ab Mittwoch, 22. März, soll laut Plan wieder Ruhe einkehren – jedenfalls vorerst. Denn nach sechs Wochen, wenn sich die Gleise nach der ersten Zuglast gesetzt haben, steht noch einmal ein „Belastungsstopfgang“ an. Langfristig soll die Lärmbelastung nach den letzten Stopfarbeiten am Wochenende vom 15. Mai und dem letzten Schleifgang am Wochenende laut Janz sogar abnehmen: „Das Gleis liegt dann glatt und geschliffen, das sollte etwas ruhiger sein.“