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Eine erste Arbeitsprämisse für den Windkraftausbau im Landkreis

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Von: Michael Krüger

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Baustelle von einem Windpark
Überall im Landkreis Rotenburg könnte das bald ein gewohntes Bild sein: der Ausbau von Windparks wie hier bei Bartelsdorf. © Michael Krüger

Mehr Fläche als jeder andere Landkreis in Niedersachsen soll Rotenburg bis Ende 2026 für Windkraftanlagen reservieren. Das sorgt für Kritik, muss aber politisch bearbeitet werden. Der Umweltausschuss des Kreistags hat den neuen Kriterien vor allem zu Abständen nun zugestimmt.

Rotenburg – Das Interesse ist groß, die Kritik besorgter Bürger und von Naturschützern ist wenig überraschend, dennoch muss die Kreispolitik handeln: Und so fällt die erste Empfehlung der Abgeordneten für die hehren Windkraft-Ausbaupläne in der Region einstimmig aus. Das sorgt unter der großen Zuschauerschaft im Rotenburger Kreishaus am Mittwochnachmittag während der Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Planung aber nicht nur für Kopfschütteln. Denn auch so manch Projektierer sowie Landwirte als Flächenbesitzer sind vor Ort. Es ist viel Geld im Spiel. Mehr als 10 000 Hektar sollen nach Vorgabe des Landes für Windräder im Kreis bis Ende 2026 bereitstehen. Kein anderer Landkreis in Niedersachsen muss mehr Fläche ausweisen.

Wieder ran ans RROP

Der Landkreis muss damit wieder ran ans Regionale Raumordnungsprogramm (RROP), das zuletzt nach sechs zähen Verhandlungsjahren 2019 erneuert worden ist. Damals wurde auch vornehmlich um Standorte für Windkraftanlagen gerungen, am Ende konnten 0,9 Prozent der Kreisfläche für die großen, raumbedeutsamen Windmühlen reserviert werden. Die Flächen sind längst vergeben, die Energiewende erhöht den Druck. Seit drei Wochen ist nun zumindest klar, dass Rotenburg mit 4,89 Prozent des Kreisgebiets anteilig mehr ausweisen muss als alle anderen Landkreise im Land. Nachvollziehbar ist das weder für die Verwaltung noch für die Kreispolitik. „Für mich bleibt schwer verständlich, dass laut dem Umweltministerium der Kreis Rotenburg 4,89 Prozent seiner Fläche mit Windenergie belegen soll, manch anderer Landkreis in Nähe zur Nordseeküste aber kaum 0,5 Prozent. Wir werden hier deshalb weiterhin gegenüber der Landesregierung auf Transparenz und eine Offenlegung des vollständigen Gutachtens bestehen“, wiederholt Landrat Marco Prietz (CDU) nach der Sitzung seine Statements der vergangenen Tage. Grundsätzlich hilft das aber erst einmal nicht. „Es wäre am Ende fahrlässig, nichts zu tun. Dann gelten die Bundesvorgaben“, betont Erster Kreisrat Torsten Lühring. Und nach diesen drohe ein „Wildwuchs“ an Windenergieanlagen. Von größeren Abständen zu Dörfern oder Naturschutzflächen wäre dann gar keine Rede mehr.

Das ist Euer Minister!

Volker Kullik (SPD) zu Elisabeth Dembowski (Grüne) in der Debatte um die fehlende Transparenz der Landesvorgaben von Energieminister Christian Meyer (Grüne) 

Auch wenn das Land noch kein konkretes Gesetz zum Windenergieausbau vorgelegt habe und auch die Studie für die bereits vorgestellten Ausbauziele noch auf sich warten lasse, wolle man vor Ort gewisse Steuerungsmöglichkeiten nutzen. Denn wie die Verfünffachung der Vorrangflächen im Landkreis erreicht werden könne, überlasse man auch hier den Regionalplanern. Lühring: „Das hat überwiegend Vorteile. So können wir die eine oder andere Stellschraube selbst festlegen.“

800 Meter Abstand zu Häusern

Wie bereits bekannt, geht es dabei vor allem um geringe Abstände zur Wohnbebauung (800 Meter) sowie zu geschützten Natur- und Landschaftsflächen. Insbesondere um das EU-Vogelschutzgebiet im Tister Bauernmoor dürfte dabei im Interessenskonflikt zwischen politischer Notwendigkeit und Tierschutz gerungen werden, das wird im Ausschuss deutlich. Zusammen mit einigen anderen Kriterien, die gegenüber der RROP-Fassung von 2019 aufgeweicht werden, könnte der Landkreis das Ziel der Landesregierung ungefähr erreichen, so Lühring. Vielleicht gebe es sogar einen kleinen Puffer, der auch benötigt werde, weil es viele Einwände geben werde. Erst im letzten Verfahrensschritt hatte 2019 die Bundeswehr Vorranggebiete gekippt für Tiefflugkorridore. Welche „Gesetze und Papiere“ heute allerdings noch gelten, lässt Verwaltungsjurist Lühring bewusst offen: „Die Welt hat sich verändert.“

Konkrete Karten im Juni

Der Zeitplan ist ambitioniert. Der ersten Empfehlung enthalten sich SPD und WFB wegen der unklaren Studienlage zwar, am 16. März soll der Kreistag aber dieser „Arbeitsprämisse“ (Lühring) zustimmen. Dann gehe es an die Berechnung von potenziellen Flächen. Die Karte dafür soll dann in der Juni-Kreistagssitzung vorgestellt werden. Bis Ende 2023 hofft die Verwaltung auf konkrete Planentwürfe. Drei Jahren blieben dann noch für ausführliche Debatten. Die laufen bereits eifrig an.

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