1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Rotenburg
  4. Rotenburg (Wümme)

Umweltmediziner Bantz kritisiert Konzernaussagen im „Exxon Journal“

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Michael Krüger

Kommentare

Im „Erdgas Journal“ von „ExxonMobil“ stellt Pressesprecherin Ritva Westendorf-Lahouse die umstrittenen Thesen vor.
Im „Erdgas Journal“ von „ExxonMobil“ stellt Pressesprecherin Ritva Westendorf-Lahouse die umstrittenen Thesen vor. © Krüger

Rotenburg - Von Michael Krüger. Paul-Matthias Bantz ist empört. Er hält das in der vergangenen Woche erschienene „Erdgas Journal“ des Energiekonzerns „ExxonMobil“ in der Hand und schüttelt den Kopf.

Das, was der Umweltmediziner und ehemalige Betriebsarzt des Rotenburger Diakonieklinikums lesen muss, sei „eine Mischung aus Verharmlosung, Provokation und Falschinformation“ – wissenschaftlich nicht haltbar und gegen jede Annäherung im Diskurs gerichtet. Bantz war federführend bei der Aktion der 212 Ärzte aus der Region, die sich Anfang 2016 mit einem offenen Brief an Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) gewandt hatten, um mehr Geld für die Aufklärung bezüglich der erhöhten Krebsraten in der Region zu fordern.

Exxon-Juristin sieht keine „faire Debatte“

Bis heute sind Ursachen für die Krebszahlen in Bothel und Rotenburg unklar – was Exxons „Media & Communications Manager“ Ritva Westendorf-Lahouse in ihrem „Erdgas Journal“-Beitrag dazu veranlasst, von „vorschnellen Anschuldigungen“ in Richtung des Unternehmens zu schreiben. Für die Juristin ist die Suche nach den Krebs-Ursachen „alles andere als eine ergebnisoffene oder gar faire Debatte“.

Paul-Matthias Bantz
Paul-Matthias Bantz © Silke Heyer

Anschließend verweist die Pressesprecherin auf Untersuchungen des Landesgesundheitsamts, die Exxon-eigene Studien unterstützten, dass es bislang keine nachweisbaren Zusammenhänge der erhöhten Krebszahlen mit der Erdgasförderung vor Ort gebe. Bantz spricht in seiner Kritik im Namen seiner Kollegen und betont: „Wir Ärzte haben uns bei unserer Kritik des Konzerns auf internationale wissenschaftliche Arbeiten beziehen können, die übereinstimmend einen Zusammenhang zwischen Fracking und gesundheitlichen Schäden der benachbarten Bevölkerung nachweisen. Dieses Wissen müsste auch Exxon bekannt sein.“

Die leitenden Manager seien bei dem US-Unternehmen ja nicht dumm – deswegen sei erwähnt, dass der neue US-Außenminister und vorherige Exxon-Chef Rex Tillerson gute Gründe gehabt haben wird, Fracking in der Nähe seines Wohnortes zu unterbinden. Bantz: „Die Informationen, mit denen Exxon die Öffentlichkeit versorgt, sind eine Mischung aus Verharmlosung, Propaganda und Falschinformationen.“ Dass Exxon vor Ort als Sponsor auftrete und Trikots an Sportvereine oder Sicherheitsrucksäcken an Fahrschulen verteile, helfe nicht, die Probleme zu mildern.

„Einzigartige Falschinformationen“

Konkret äußert sich Bantz zu den Stichworten der Exxon-Sprecherin Westendorf-Lahouse im „Erdgas Journal“:

Exxon soll US-Regierung um Mithilfe in Deutschland gebeten haben

Der Umweltmediziner sieht hinter dem „Erdgas Journal“ und der offensiven Öffentlichkeitsarbeit der Erdöl- und Erdgasbranche auch politische Strategien. Bantz: „Uns liegen Kopien des E-Mail-Verkehrs der Berliner US-Botschaft mit Washington vor, in denen auf Wunsch von Exxon gefordert wird, Washington möge im Sinne der Interessen des Konzerns auf unsere Regierung einwirken.“

Politiker und Entscheidungsträger in Kommunen und Verwaltung sollten sich deswegen „des vorhandenen Wissens bedienen und ihre Entscheidungen zum Thema Fracking stärker im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung treffen.“ Die schon im Grundgesetz formulierte Vorsorgepflicht des Staates wird bisher nur unzureichend berücksichtigt, kritisiert Bantz.

Überblick: Das „Erdgas Journal“

Das „Erdgas Journal Rotenburg Heidekreis“ des Unternehmens „ExxonMobil“ erscheint seit 2015 drei bis vier Mal pro Jahr in einer Auflage von 9400 Exemplaren und lag in der vergangenen Woche auch der Rotenburger Kreiszeitung bei.

„Immer wieder wird der Wunsch nach mehr Information und Transparenz an uns herangetragen. Das Erdgas Journal ist ein Baustein von vielen, mit dem wir die Anwohner vor Ort über unsere Aktivitäten informieren und Hintergründe erläutern“, heißt es aus der Exxon-Pressestelle. Dass man selbst etwas publiziere, resultiere aus dem Eindruck, „dass wir im redaktionellen Teil der Lokalpresse weniger Gehör finden als andere“.

Demokratie lebe vom öffentlichen Diskurs, und dieser setze voraus, dass alle Beteiligten zu Wort kommen. Mit dem „Erdgas Journal“ ermögliche es Exxon den Interessierten vor Ort, auch dessen Position zu verschiedenen Themen zu erfahren.

Auch interessant

Kommentare