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Ukrainische Familie hat ein neues Leben gefunden: „Wir sind sehr dankbar“

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Von: Nadine Eisele

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Tetiana und Volodymyr Neveruk mit ihren Kindern Diana (6, v.l.), Nazar (4) und Karina (3).
Tetiana und Volodymyr Neveruk mit ihren Kindern Diana (6, v.l.), Nazar (4) und Karina (3). © Baucke

Als der Krieg in der Ukraine vor einem Jahr ausbricht, führt Volodymyr Neveruk mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Riwne im Westen des Landes ein schönes Leben. Wenige Tage später setzen sie sich ins Auto und flüchten. In Rotenburg haben sie ein neues Zuhause gefunden.

Rotenburg – An diesem Freitag jährt sich der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. 365 Tage Krieg, circa 18 Millionen Geflüchtete und um die 42 000 getötete Menschen, so die Zahlen der Bundesregierung, davon viele Zivilisten und Kinder. Ein Jahr, auf das man nicht gerne zurückblickt, denn die Auswirkungen des immer noch anhaltenden Krieges sind groß.

Andererseits zeigt es aber auch, wie viel Hilfe und Unterstützung in kurzer Zeit mobilisiert werden kann. Familie Neveruk hätte es ohne diese Hilfe nicht geschafft, das betont die Familie.

Volodymyr Neveruk ist 33 Jahre alt und Bauingenieur. Der 1. März 2022 – für ihn, seiner Frau Tetiana und ihre drei Kindern Diana (heute 6) , Nazar (3) und Karina (4) ein Tag, an dem sich ihr Leben wohl für immer verändert hat. Mit dem Auto vom Vater, ein wenig Kleidung, Essen und Schlafsachen flohen sie aus ihrer Heimat, der Stadt Riwne im Westen der Ukraine, fünf Tage, nachdem der Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen hatte. Die Reise dauerte insgesamt drei Tage. Es ging über Polen direkt nach Rotenburg. Mehr als 2 000 Geflüchtete aus der Ukraine haben seitdem den Landkreis Rotenburg erreicht. Familie Neveruk lebt in Rotenburg und versucht, so viel Normalität wie möglich für ihre Kinder zu schaffen.

Die wichtigste Frage vorab Herr Neveruk: Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie?

Meiner Familie geht es gut, denn wir können hier in Frieden leben!

Wenn Sie zurückdenken an den Tag Ihrer Flucht. Wann war der entscheidende Moment zu sagen: „Wir gehen jetzt und lassen alles zurück?“

Wir hätten nie gedacht, dass Russland wirklich angreift. Als wir davon gehört haben, waren wir schockiert. Bereits am ersten Tag fiel eine Bombe auf den Flughafen im Nebenort und die Erschütterung war bis zu unserem Haus zu spüren. Wir hatten Angst. Dann habe ich in den Nachrichten gesehen, dass noch mehr Soldaten kommen sollen, und da war für uns klar: Wir müssen unsere Kinder in Sicherheit bringen.

Und wie lief das dann genau ab?

Am 1. März gab mein Vater uns sein Auto. Wir packten das Nötigste zusammen und fuhren zur polnischen Grenze. Es war nicht leicht, gerade mit unseren drei Kindern. Denn wir standen 17 Stunden an der Grenze in der Schlange, weil natürlich alle weg wollten. Eine Nacht haben wir dann in Polen verbracht, und am 3. März sind wir in Rotenburg angekommen.

Wie haben Sie das Ihren Kindern erklärt?

Wir sagten unseren Kindern, dass es Krieg gibt und der ist gefährlich und dass wir nicht mehr zurück können.

Was mussten Sie zurücklassen?

Vor dem Krieg hatten wir ein glückliches Leben in Riwne. Wir hatten zwei Doppelhaushälften. In der einen lebten wir, in der anderen meine Eltern. Ich hatte einen festen Arbeitsplatz, seit elf Jahren als Projektmanager und meine Frau als Näherin. Auch unsere Kinder waren glücklich, gingen in den Kindergarten und hatten Freunde.

Hilfsaktionen für ukrainische Kriegsgebiete

In Rotenburg gibt es viele Hilfsaktionen für die Menschen im ukrainischen Kriegsgebiet oder diejenigen, die in der Region Zuflucht suchen. Sehr aktiv sind dabei die Lions, die mit dem Diakonissen-Mutterhaus nicht nur den „Rotenburger Ukraine-Hilfs-Fonds“ ins Leben gerufen haben, sondern auch jeden Freitag am Königskamp, Soltauer Straße 118, von 14 bis 17 Uhr Spenden sammeln für Hilfskonvois. „Es wird immer schwieriger, Spenden zu bekommen. Meistens hilft ein kleiner Reminder“, sagt Sprecher Carsten Wedekind. Also erinnert er daran: Gebraucht werden aktuell immer noch Spenden wie Stromgeneratoren, Küchengeräte, Lebensmittel, Powerbanks und Verbandskästen. „Die Einzelspenden haben etwas nachgelassen, es hat sich eher das Spendenverhalten verändert. Wir haben mittlerweile viele Firmenspenden.“

Stehen Ihre Häuser denn noch?

Ja, zum Glück! Wir lassen dort gerade Flüchtlinge aus dem Osten der Ukraine umsonst leben.

Rückblickend betrachtet, wie war das vergangene Jahr in Rotenburg?

Das Jahr ging so schnell vorbei. Meine Frau und ich lernen seit sieben Monaten Deutsch. Ich helfe meiner Frau im Haushalt und mit den Kindern. Wir wurden sehr gut in der Kreuzkirche in Rotenburg aufgenommen. Die Kinder besuchen den Kindergarten und haben da viel Spaß. Diesen Sommer wird unsere Tochter Diana eingeschult. Das Jahr war gut für uns! Danke, wir sind sehr dankbar.

Und zum Abschluss Herr Neveruk, was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich lebe mit der Hoffnung, dass der Krieg beendet wird. Gott gibt mir die Kraft dafür. Wir wollen eine bessere Zukunft für unsere Kinder – dafür beten wir jeden Tag.

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